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Gefährlicher Wahlkampf für afghanische Kandidatinnen

Karen Fischer16. September 2005

Rund zehn Prozent der Kandidaten der ersten Parlaments- und Regionalwahl in Afghanistan sind Frauen. Eine Quote sorgt dafür, dass aus einigen von ihnen auch Abgeordnete werden. Dennoch haben sie es schwer im Wahlkampf.

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Frauen bei einer Wahlschulung in KabulBild: AP

Insgesamt kandidieren rund 580 Frauen für Sitze im afghanischen Parlament und den Provinzräten. Männliche Kandidaten gibt es gut 5200. Ein kleiner Spaziergang durch eine beliebige afghanische Stadt demonstriert das: Jedes freie Stückchen Wand ist mit Wahlplakaten beklebt. Vor allem ältere Männer mit ernster Miene. Nur hier und da mal ein Plakat einer Kandidatin. Natürlich immer mit Kopftuch.

Shokria Barekzei tritt für die Provinz Kabul an. Die Frauenrechtlerin möchte - falls sie ins Parlament gewählt wird - für mehr Gleichberechtigung kämpfen: "Ich habe gelernt, dass Frauen ein aktiver Teil der Gesellschaft sind, und zwar egal in welchem Land. Mein Ziel ist es, dass die afghanischen Männer lernen, dies als Tatsache zu akzeptieren. Aber auch unsere Frauen müssen endlich verstehen, dass sie gleichberechtigt und ein wichtiger Teil der Gesellschaft sind."

Hohe Wahlbeteiligung von Frauen

Dazu gehört auch, dass die Frauen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Die Statistik ist vielversprechend: Schon bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2004 lag der Anteil der Frauen unter den registrierten Wählern bei rund 40 Prozent. Daran hat sich nichts geändert. Nur - wie viele Frauen tatsächlich ihre Stimme abgeben, das weiß niemand.

Wahlen in Afghanistan Straßenszene Plakat
Wahlplakate für eine KandidatinBild: AP

Um der Gleichberechtigung etwas nachzuhelfen, gibt es sowohl für das Parlament als auch für die Provinzräte eine Frauenquote. Für das Parlament bedeutet das konkret, dass mindestens 68 Plätze für Frauen reserviert sind. Einen dieser Plätze möchte Schachnaz Hemati gewinnen. Die Kandidatin aus Herat glaubt zu wissen, warum so wenig afghanische Frauen eine Rolle im öffentlichen Leben anstreben: "Das hat zwei Gründe. Erstens wurde in der afghanischen Geschichte, und besonders in den letzten Jahren, überhaupt gar nichts für die Frauen getan. Deswegen haben sie kein Selbstbewusstein und trauen sich nichts zu. Zweitens ist die aktuelle Sicherheitslage so labil, dass die Frauen sich aus Sicherheitsbedenken nicht trauen, im politischen und kulturellen öffentlichen Leben Engagement zu zeigen."

Eingeschränkte Bewegungsfreiheit

Fakt ist jedoch, dass Kandidatinnen es schwerer haben. Die konservative afghanische Gesellschaft sieht nicht vor, dass Frauen selbständig ihren Weg gehen. Das beginnt schon mit der eingeschränkten Bewegungsfreiheit. Am besten sollten Frauen nie alleine unterwegs sein, sondern immer in männlicher Begleitung. Für einen aktiven Wahlkampf eine große Behinderung.

Wahlen in Afghanistan Straßenszene in Kabul Mann mit Fahrrad
Wahlkampf per Auto in KabulBild: AP

In den letzten Wochen hat es zudem immer wieder Berichte über Einschüchterung und Bedrohung von Kandidatinnen gegeben. Für die Frauenrechtlerin Shokria Barekzei jedoch kein Grund, vor der Kandidatur zurückzuschrecken. Im Gegenteil, sie sieht sich als Vorkämpferin für andere Frauen. "Ich bin nicht anders als die übrigen afghanischen Frauen und muss wie sie ständig mit Problemen kämpfen", betont sie. "Aber es gibt zwei unterschiedliche Gruppen. Die Frauen, die die Gründe für diese Probleme nicht kennen, und diejenigen, die verstehen, wo die Wurzeln unserer Schwierigkeiten liegen. Und wir müssen für die anderen Verantwortung übernehmen und ihnen den Weg ebnen."

Abgetrennte Wahllokale

Frauen dürfen wählen, Frauen werden im Parlament vertreten sein. Doch wenn am kommenden Sonntag (18.9.2005) die Wahllokale öffnen, wird sich wieder zeigen, dass Männer und Frauen in Afghanistan immer noch in getrennten Welten leben. Denn selbst die Wahllokale sind unterteilt in einen Männer- und einen Frauenbereich.