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Gefährdet die Armenienresolution den AWACS-Einsatz?

Naomi Conrad
11. Juli 2016

Der Bundestag hat den Völkermord an Armeniern verurteilt - im Gegenzug verbot Ankara deutschen Abgeordneten den Besuch von Bundeswehr-Soldaten in der Türkei. Nun drohen deutsche Politiker das AWACS-Mandat zu blockieren.

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AWACS Flugzeug hebt ab (Foto: Oliver Berg/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/O.Berg

Die NATO hat entschieden: AWACS-Aufklärungsflugzeuge sollen künftig "direkte Unterstützung" für die internationale Koalition, die gegen den selbsternannten "Islamischen Staat" Luftangriffe fliegt, leisten. Das erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Wochenende in Warschau.

Wann genau der Einsatz beginnt, ist allerdings noch unklar. Man gehe davon aus, so ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Montag in Berlin, dass die NATO ihre Planungen bis Ende des Jahres abschließen werde. Wann aber die AWACS-Flugzeuge dann tatsächlich ihre Mission beginnen, konnte der Sprecher nicht sagen.

Keine Einigung zwischen Merkel und Erdogan

Klar ist aber: Sobald der Einsatz beginnt, werden wohl auch deutsche Soldaten beteiligt sein. Denn die Bundeswehr stellt derzeit nach eigenen Angaben etwa ein Drittel der Besatzungsmitglieder für die aus 16 Flugzeugen bestehende AWACS-Flotte der NATO.

Merkel und Erdogan in Warschau (Foto: Guido Bergmann/Bundesregierung)
Merkel und Erdogan beim NATO-Gipfel in WarschauBild: Getty Images/Bundesregierung/G. Bergmann

Allerdings könnten die aktuellen Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland ein Mandat für den Einsatz im Bundestag erschweren: Normalerweise muss dieser zustimmen, wenn deutsche Soldaten in einen Auslandseinsatz geschickt werden. Ob dies der Fall bei dem AWACS-Mandat der NATO sein wird, ist noch offen. Noch müssen die Details zu dem Einsatz in Brüssel von der NATO ausgearbeitet werden. Erst dann wird die Bundesregierung entscheiden, ob der Bundestag gefragt wird - oder der Einsatz als Teil des bereits bestehenden Einsatzes der Bundeswehr auf dem NATO-Stüztpunkt Incirlik in der Türkei gesehen wird. Angesichts der politischen Brisanz wird eine Bundestags-Abstimmung immer wahrscheinlicher.

Sollte es dazu kommen, haben mehrere Verteidigungspolitiker bereits damit gedroht, das Mandat zu blockieren. Grünen-Chef Özdemir hat sogar einen Abzug der Bundeswehr aus der Türkei ins Spiel gebracht. Der Grund: Die türkische Regierung hat einer Delegation deutscher Abgeordneten kürzlich den Besuch der 240 Bundeswehr-Soldaten in Incirlik verweigert - wohl als Reaktion auf die Anfang Juni verabschiedete Armenien-Resolution des Bundestages. Diese verurteilt die Gräueltaten des Osmanischen Reiches gegen die Armenier im Ersten Weltkrieg als Völkermord.

Die türkische Seite erwartet, dass sich die Bundesregierung von der Resolution distanziert - was höchst unwahrscheinlich ist.

Bislang ist eine Einigung nicht in Sicht: Erst versuchte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei einem Türkeibesuch vergeblich eine Aufhebung des Einreiseverbotes zu erzielen, jetzt ist auch Bundeskanzlerin Angela Merkel vorerst gescheitert: Sie habe, so ihr Sprecher am Montag, am Wochenende Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Recep Erdogan geführt. Aber: "der Dissens ist noch nicht ausgeräumt." Man arbeite weiter an einer Lösung.

Die Aufklärungsflugzeuge, die seit 30 Jahren vom Militärbündnis zur Luftraumüberwachung genutzt werden, sollen von der Türkei und dem Mittelmeer aus den Luftraum über Syrien und dem Irak überwachen. Schon jetzt kontrollieren die Flugzeuge der NATO den Luftraum über der Türkei, um sie vor Angriffen aus Syrien zu schützen.

AWACS steht für die englische Bezeichnung Airborne Warning and Control System (etwa: luftgestütztes Warn- und Überwachungssystem). Die unbewaffneten Flugzeuge, die einen Umkreis von über 500 Kilometern überwachen können, übertragen in Echtzeit digitale Bilder und können theoretisch auch als fliegende Kommandozentrale Kampfflugzeuge im Einsatz dirigieren.

Bei ihrem Einsatz über Syrien und dem Irak sollen sie allerdings nicht direkt Luftangriffe steuern, sondern lediglich Informationen über die Lage im Konfliktgebiet sammeln - und damit auch helfen, gefährliche Zwischenfälle im Luftraum zu vermeiden. Denn dieser wird immer enger, seitdem sowohl die Anti-IS-Koalition als auch russische Kampfjets Luftangriffe gegen die radikalen Islamisten fliegen.