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Gedenken an Prager Aufstand von 1945

7. Mai 2002

- Premier Zeman warnt vor Feindseligkeit gegenüber den Nachbarn

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Prag, 6.5.2002, RADIO PRAG, deutsch, Marketa Maurova

Mit einer Gedenkfeier vor dem Gebäude des Tschechischen Rundfunks in Prag wurde am Sonntag (5.4.) an den Prager Maiaufstand erinnert, der nur wenige Tage vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs ausgebrochen war. Der tschechische Premier Milos Zeman hat bei diesem Anlass vor einer Feindseligkeit gegenüber den Nachbarn gewarnt.

Einige Dutzend Leute haben sich am Sonntag vor dem Rundfunkgebäude versammelt, um des Prager Aufstands von 1945 zu gedenken. Am Pietätakt nahm neben weiteren Persönlichkeiten auch Premier Zeman statt. Er hielt aus diesem Anlass eine Rede, in der er vor der Entstehung einer ähnlichen Atmosphäre des Hasses warnte, wie jene es war, die zu den Schrecken des Zweiten Weltkriegs geführt hatte. Eine solche Emotionswelle erhebe sich in der letzten Zeit in einigen benachbarten Ländern, meinte Zeman und erwähnte vor allem Bayern, Österreich und Ungarn. Premier Zeman verwies darauf, dass in diesen Staaten 57 Jahre nach dem Krieg Bemühungen hervortreten, bei deren versucht werde, die Nachkriegsereignisse in Zweifel zu stellen. Dies sollte man auf jeden Fall verhindern, betonte Zeman und erwähnte, es freue ihn, dass das tschechische Abgeordnetenhaus mit seiner Erklärung zu den sog. Benes-Dekreten dazu einen einstimmigen Standpunkt bezogen habe. "Ich möchte glauben, dass dieser Beschluss aufrichtig und ohne jedes Wahlkalkül angenommen wurde, und ich möchte glauben, dass diejenigen nicht erhört werden, die glauben, dass die neue Regierung der Tschechischen Republik gegenüber einigen bekannten Forderungen nachgiebiger als diese Regierung sein wird."

Zeman zufolge gewännen in einigen Ländern solche Leute immer mehr Macht, die direkt oder undirekt an den Faschismus und Nazismus anknüpften. Als Beispiel nannte er Jörg Haider in Österreich oder den überraschenden Erfolg des Nationalisten Jean-Maria Le Pen in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich. Der Regierungsvorsitzende wandte sich in seiner Rede an die tschechischen Bürger mit einem Appell, sich nicht zum Hass und zur Feindseligkeit gegenüber ihren Nachbarn hinreißen zu lassen. Er forderte sie auf, die Kontinuität ihrer Geschichte zu wahren, zu der auch die Kontinuität der Tapferkeit gehöre. "Verhalten wir uns nicht wie Diener, damit wir nicht wieder Diener werden," schloss er seine Rede ab.

Mit dem Prager Aufstand gipfelte eine Serie ähnlicher Aktionen, die Ende April und Anfang Mai 1945 in vielen Orten des damaligen Protektorats Böhmen und Mähren spontan ausgebrochen waren. Am 5. Mai ist Prag zum Zentrum des Aufstands geworden. Die schwersten Auseinandersetzungen zwischen den Aufständischen und den Okkupanten spielten sich vor dem Rundfunkgebäude ab. Den Kämpfen in Prag schlossen sich damals etwa 30 000 Leute an. (fp)