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Geburtstagsfestival für Hans Werner Henze

1. Juli 2011

Er gilt als Wohltöner unter den Avantgardisten, Querdenker und Nonkonformist: Hans Werner Henze gehört zweifellos zu den großen Komponisten der Moderne. Sein 85. Geburtstag am 1. Juli wird in Münster groß gefeiert.

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Hans Werner Henze bei den Proben zu seiner Konzertoper 'Phaedra' (Foto: dpa)
Henze bei der ProbeBild: picture alliance/dpa

Hans Werner Henze war zeitlebens ein unbequemer Komponist und Widerstandskämpfer in allen möglichen Bereichen. Die musikalische Avantgarde beäugte ihn misstrauisch, weil er sich nicht um die neuesten kompositorischen Trends scherte. Das bürgerliche Publikum der 60er und 70er Jahre reagierte wütend und schockiert auf seine sozialkritischen Bühnenwerke, die Theaterskandale provozierten. Dennoch zählt Henze seit langem schon zu den bedeutendsten Vertretern der musikalischen Moderne nach 1945 und hat den Status eines "Klassikers der Avantgarde" inne.

Westfälische Ehren

Konzertoper 'Phaedra' mit den Darstellern Maria Riccarda Wesseling als Phaedra (r) und Marlis Petersen (Foto: dpa)
Henze-Oper PhaedraBild: picture-alliance/dpa

Bereits im vergangenen Jahr stand Henze im Blickpunkt der Kulturhauptstadt Essen; das Ruhrgebiet ehrte ihn quasi vorab mit einem musikalischen Schwerpunkt, dessen Höhepunkt die Uraufführung seines Musiktheaterstücks "Gisela oder die merk- und denkwürdigen Wege des Glücks" bildete.

"Ich bin begeistert und freue mich über die Zusammengehörigkeit fast aller hier tätigen künstlerischen Organisationen und Künstler, die sich mit mir beschäftigen, sich unter mir was vorstellen können, denen meine Musik etwas sagt oder denen meine Musik brauchbar erscheint für pädagogische oder sonstige Zwecke", sagte der sichtlich gerührte Komponist 2010 darüber. Jetzt hat er ähnlichen Grund zur Freude, denn die Stadt Münster ehrt Henze zu seinem 85. Geburtstag mit einem zweiwöchigen Festival.

Hinter den Kulissen

Blick vom Prinzipalmarkt auf die Lamberti-Kirche in Münster (Foto: dpa)
Idyllisches MünsterBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Zwar hat Münster in punkto Neue Musik bisher deutschlandweit noch nicht viel von sich reden gemacht, und auf den ersten Blick wirkt die idyllische Altstadt mit ihren historischen Giebelhäusern, den Laubengängen, den vielen historischen Kirchen und dem barocken Schloss eher gemütlich konservativ und gediegen.

Allerdings gibt es dort eine rührige Gesellschaft für Neue Musik, die zusammen mit dem Gitarristen und Dozenten Reinbert Ewers bereits mehrere erfolgreiche zeitgenössische Musikfestivals ins Leben gerufen hat. Auch der städtische Generalmusikdirektor Fabrizio Ventura findet Neue Musik spannend. Mit ihm hat Reinbert Ewers die Idee zum Henze-Festival entwickelt und umgesetzt: "Das war eigentlich immer mein Traum, hier so ein Festival durchzuführen, das Henze wirklich mal repräsentativ darstellt."

Vielfältiges Programm

Zwei Wochen lang gibt es in Münster Henze vom Feinsten: Die Konzertpalette reicht von Kammermusik über sinfonische Musik bis hin zu Opern und Henzes berühmtem musikalischen Märchen für Kinder "Pollicino". Eröffnet wurde das Festival mit seiner Oper "Die englische Katze", einer bitterbösen Tierparabel über die Abgründe und Machenschaften der bürgerlichen Gesellschaft.

Szenenbild der Oper 'Die englische Katze' (Foto: Michael Hörnschemeyer)
Highlight in Münster: Henzes sozialkritische Oper "Die englische Katze"Bild: Michael Hörnschemeyer

Die Oper sei beim Publikum auf große Resonanz gestoßen, sagt Ewers, und damit hofft er auch auf eine große Resonanz für das ganze Festival: "Wir sind guter Hoffnung, dass wir etwas Spannendes zeigen können und dass wir auf Interesse stoßen", sagt der Festivalleiter. "Wir wollen natürlich möglichst viele Zuhörer haben, die kommen und sich das Ganze anhören, aber uns ist auch wichtig, überhaupt mal zu zeigen, was für ein Komponist Henze ist."

Nach wie vor aktuell

Geboren wurde Hans Werner Henze am 1. Juli 1926 in Gütersloh in Westfalen; gleichwohl, meint Reinbert Ewers, sei er kein westfälischer Komponist. Vielmehr sah Henze sich sehr schnell als musikalischer Kosmopolit, den es ebenso rasch aus der Enge der Adenauer-Republik nach Italien zog. Ab den 1960er Jahren vertrat der Komponist selbstbewusst linke politische Positionen und wandte sich vielen sozialkritischen Themen zu.

Hans Werner Henze mit seiner Librettistin, Muse und Freundin Ingeborg Bachmann 1965 (Foto: Archiv Schott Music / Ilse Buhs)
Henze mit seiner Muse Ingeborg BachmannBild: Archiv Schott Music / Ilse Buhs

Etliche seiner Stücke haben nichts von ihrer Aktualität verloren: "Wenn man beispielsweise die Oper "El Cimarron" sieht, die Ende der 60er Jahre geschrieben wurde und eine eminente politische Aussage hat, kann man feststellen, dass diese Aussage immer noch relevant ist", meint Reinbert Ewers. "Unabhängig davon, dass die Oper in Kuba spielt. Das Thema Ausbeutung des Menschen durch den Menschen hat einfach nichts an Aktualität verloren. Man kann das jeden Tag in den Nachrichten verfolgen. Und Henzes Musik ist genauso aktuell."

Autor: Klaus Gehrke
Redaktion: Suzanne Cords