Gaza-Rückzug: Der Countdown läuft
12. August 2005Die Regierung schätzt, dass etwa die Hälfte der 9000 Siedler ihre Häuser vor dem Ultimatum räumen wird. Radikale Siedler haben Widerstand angekündigt.
In der Siedlung Ganei Tal im Gazastreifen werden die Waffen der Siedler eingesammelt. Am 17.8. soll der Abzug aus dem Siedlungsblock Gush Katif beginnen. Renitente Rückzugsgegner und Sicherheitskräfte sollen dann möglichst unbewaffnet aufeinander treffen.
Waffen in Orange
Die meisten Siedler haben ihre Waffen orange - der Farbe der Abzugsgegner - angemalt und Protestbriefe an Verteidigungsminister Shaul Mofaz daran befestigt.
"Zusammen mit den Waffen geben wir die Fahne des Staates zurück", erklärt ein Bürger trotzig. "Die Armee beschützt uns nicht, sondern kämpft gegen uns. Daher geben wir ihnen unsere Waffen zurück. Wir geben aber nicht auf: Wir glauben, dass wir noch sehr lange hier bleiben. Aber wir wollen hiermit gegen das protestieren, was Juden in diesem Staat passiert."
In der Siedlung Katif weigern sich die Menschen, die Briefe mit dem Räumungsbefehl in Empfang zu nehmen. "Das einzige Ziel der Armee ist es, uns zu demütigen und unsere Würde mit Füßen zu treten," sagt die Sprecherin Naama Zarbiv.
"Die Armee behandelt uns wie Feinde. Auf diesem Brief steht noch nicht mal mein Name. Ich werde ihn zerreißen und in den Müll werfen. Wir werden für immer hier bleiben und in der nächsten Woche werden wir hier große Siegesfeiern veranstalten," ist Naama Zarbiv überzeugt.
Augen zu und durch?
Viele der national-religiösen Siedler im Gazastreifen wollen sich noch immer nicht in ihr Schicksal fügen. Sie nehmen die Beschlüsse der israelischen Regierung und der Knesset einfach nicht zur Kenntnis.
Auch Chana Pikar, die Sprecherin der Siedlung Shirat Hayam will nichts von der Evakuierung hören. "Wer sagt denn, dass die Siedlungen geräumt werden? Es kann sich noch alles ändern. Am Vorabend des Sechs-Tage-Krieges im Jahr 1967 dachten alle, dass Israel vor dem Abgrund steht. Alles sprach dafür, dass Israel von der Landkarte verschwinden würde. Aber was geschah statt dessen? So ist das hier. Hier ist alles anders, als es scheint."
Die Siedler müssten sich auf ihren Glauben verlassen, meint Chana Pikar. "Ich weiß nicht, was passieren wird. Es kann schon sein, dass man mich am Ende von hier vertreiben wird. Aber es kann auch sein, dass alles ganz anders sein wird. Alles ist möglich."
Unterstützung von außen
Shirat Hayam ist eine winzige ärmliche Siedlung direkt am Meer, an der spektakulären Küste des Gazastreifens. Ein paar heruntergekommene Wohnwagen stehen hier in den Dünen, der Wind wirbelt den Sand auf und es ist drückend heiß.
Am Rande der Siedlung stehen Zelte, in denen die Neuankömmlinge wohnen, die sich in den letzten Wochen zu den knapp 20 Familien der Siedlung hinzugesellt haben. Sie wollen mit ihrer Anwesenheit dazu beitragen, die Räumung der Siedlungen zu verhindern.
Nach Einschätzung der Sicherheitskräfte haben in den letzten Wochen Hunderte Sympathisanten der Siedler den Weg in den abgesperrten Gazastreifen gefunden. In mindestens vier Siedlungen wurden bereits Zeltstädte für die Unterstützer errichtet. Ab Montag (15.8.) darf niemand mehr den Gazastreifen betreten.