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Politik

Was zur guten Migrationspolitik gehört

Helene Bubrowski Kommentarbild App PROVISORISCH
Helene Bubrowski
4. März 2017

Abgelehnte Asylbewerber sollen schneller in ihre Heimat abgeschoben werden, fordert die EU-Kommission. Das ist kein Verstoß gegen europäische Werte, meint Helene Bubrowski von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Deutschland Abschiebung von Ausländern am Flughafen Berlin-Schönefeld
Bild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Zu einer guten Migrationspolitik gehört die Gewährung von Asyl genauso wie die Abschiebung. Politiker, Verwaltung und Justiz müssen den Mut aufbringen zu entscheiden, wer bleiben darf und wer das Land wieder verlassen muss - und nach dieser Entscheidung auch handeln. Daran hat die EU-Kommission die europäischen Staaten nun wieder einmal erinnert.

Abgelehnte abschieben, ist ein Signal

Der Innenkommissar Avramopoulos hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, abgelehnte Asylbewerber schneller in ihrer Heimatländer abzuschieben. Damit solle auch das Signal ausgesendet werden, dass sich die gefährliche Reise für nicht hilfsbedürftige Menschen nicht lohne, fügte er hinzu. Zufriedenstellend ist die Abschiebepolitik nach Auffassung der Kommission in keinem einzigen EU-Mitgliedstaat.

Helene Bubrowski - Portraitaufnahme für das Blaue Buch "Die Redaktion stellt sich vor" der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Helene Bubrowski ist Politikredakteurin der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: F.A.Z./Wolfgang Eilmes

Das liegt freilich weniger an fehlenden Gesetzen als daran, dass die bestehenden Gesetze nicht vollzogen werden: Gerade einmal 36 Prozent der Abschiebebescheide wurden im vergangenen Jahr in Europa durchgesetzt. Das liegt nicht nur an der mangelnden Bereitschaft der Herkunftsländer, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen, an fehlenden Reisedokumenten und ärztlichen Attesten. Sondern es liegt nicht zuletzt auch daran, dass Migranten untertauchen, um der bevorstehenden Abschiebung zu entgehen.

Um das zu verhindern, erlaubt das europäische Recht, Migranten für bis zu sechs Monate in Haft zu nehmen. Von ihnen muss keine Gefahr für die Mitmenschen ausgehen - es genügen Hinweise darauf, dass der Migrant fliehen oder sich dem Abschiebeverfahren auf andere Weise entziehen will. In Ausnahmefällen kann die Inhaftierung sogar auf 18 Monate verlängert werden. Kein Mitgliedstaaten nutze diese Möglichkeit voll aus, bemängelt die EU-Kommission.

Theorie und Praxis klaffen auseinander

Deutschland hat die europäische Richtlinie zwar ziemlich buchstabengetreu umgesetzt: Deutsche Behörden dürfen einen Menschen ohne Bleiberecht auch sechs Monate einsperren, wenn sie befürchten, dass er ansonsten untertaucht. Soweit die Theorie. In der Praxis geschieht das selten - und wenn es geschieht, dann begleitet von einem Aufschrei von Menschenrechtsschützern.

So verfestigt sich in der Öffentlichkeit inzwischen der Eindruck, die Rückführung von Migranten ohne Bleiberecht sei ein Verstoß gegen europäische Werte. Dabei ist das Gegenteil richtig: Nur mit einer schnellen und konsequenten Abschiebepraxis kann den Menschen, die tatsächlich verfolgt werden oder denen in ihrem Herkunftsland die Todesstrafe, Folter oder willkürliche Gewalt drohen, auch wirksam geholfen werden. Das schließt nicht aus, in Härtefällen ausnahmsweise von den strikten Vorgaben abzuweichen. Nur darf die Ausnahme eben nicht die Regel sein. Denn wer alle schützen will, schützt am Ende niemanden.

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