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Nichts ist umsonst - lasst uns in unsere Böden investieren!

UNCCD Monique Barbut Exekutivsekretärin
Monique Barbut
17. Juni 2015

Wir beuten fruchtbares Land schneller aus, als es sich erholen kann. Höchste Zeit umzudenken und in Land und Boden zu investieren, meint Monique Barbut, die Exekutiv-Sekretärin der UNCCD, in ihrem Gastkommentar.

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Dürre in Kalifornien
Dürre in KalifornienBild: DW/S. Czimmek

Wir alle wissen: Wer mehr ausgibt als er verdient, erreicht irgendwann einen Punkt, an dem alles zusammenbricht. Man nennt es Pleite. Das gilt auch für natürliche Ressourcen wie Böden. Stellen wir uns vor, wir haben ein Guthaben auf einem Landkonto statt auf einem Geldkonto. Wenn wir immer weiter abheben ohne einzuzahlen, sind wir irgendwann im Minus. Der aktuelle Stand unseres Landkontos heute ist ungesund.

Wir beuten fruchtbares Land schneller aus, als es sich erholen kann. Manchmal lassen wir die ausgelaugten Böden einfach zurück. Wir investieren nicht genug um sicher zu stellen, dass es auch in Zukunft genug fruchtbares Land gibt. Die Degradierung oder Verödung von Böden geht schnell, so schnell wie das Überziehen eines Kontos. Wir steuern immer schneller auf einen Punkt zu, an dem es keine Rückkehr gibt. Wir müssen unseren Kurs ändern.

Immer mehr Land wird unfruchtbar

Global gesehen haben wir rund 15 Milliarden Hektar Land - doch nur die Hälfte davon lässt sich landwirtschaftlich nutzen. Das ist unser landwirtschaftliches Guthaben. Davon haben wir fast ein Viertel ausgelaugt.

UNCCD Monique Barbut Exekutivsekretärin
Monique Barbut ist Chefin der UNCCD, der UN-Konvention gegen DesertifikationBild: DW/H. Jeppesen

Jedes Jahr degradieren wir durchschnittlich zwölf Millionen Hektar Land. Das meiste könnten wir zwar zurückgewinnen doch 500 Millionen Hektar Agrarland haben wir inzwischen degradiert zurückgelassen. Hinzu kommt dass mehr als die Hälfte unserer Agrarflächen moderat bis schwer beschädigt sind. Das ist nicht nachhaltig.

Um nachhaltig zu leben, benötigt jeder von uns 0,07 Hektar (700 Quadratmeter) Agrarfläche. Das ist Minimum. 1961 hatte jeder Mensch 0,45 Hektar - oder 4.500 Quadratmeter - zur Verfügung. 2011, 50 Jahre später, waren es rechnerisch nur noch 0,2 Hektar oder 2000 Quadratmeter. Wir können uns einfach nicht mehr leisten, noch einmal 2.500 Quadratmeter zu verlieren.

Nachfrage nach Boden steigt

Wir sind heute beim Dreifachen des Minimalbedarfs. Und die Nachfrage steigt: nach Land für Biokraftstoff und nach Wäldern, die CO2 speichern können. Darüber hinaus greift das Phänomen des Landraubs um sich, weil die Süßwasserressourcen weltweit zurückgehen.

Auch die Urbanisierung nimmt zu und wird noch mehr Land in Anspruch nehmen. Als Folge des Klimawandels werden anhaltende Dürreperioden einerseits und Überflutungen andererseits weiteren fruchtbaren Boden zerstören. Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung. Alle diese Faktoren werden fruchtbares Land in Anspruch nehmen, Land das wir eigentlich für den Anbau von Nahrungsmitteln brauchen.

Bodenverschmutzung in China
Wir müssen gleichwertige Ökosysteme als Ausgleich herstellen, fordert UNCCD-Exekutivsekretärin Monique BarbutBild: Getty Images

Wenn wir keinen neuen Weg einschlagen, werden wir jedes Jahr mindestens vier Millionen Hektar Neuland schaffen müssen, allein um den Nahrungsmittelbedarf bis 2015 decken zu können. Die wachsende Nachfrage nach Land kann zu Krisen führen, muss sie aber nicht - vorausgesetzt wir fangen an, unser Landkonto mit Guthaben zu füllen.

Zunächst müssen wir vermeiden, weiteres Land und Ökosysteme zu degradieren. Zweitens müssen wir, wenn wir neues Land beanspruchen, gleichzeitig zuvor degradierte Flächen zurückgewinnen und in gleichwertige Ökosysteme reintegrieren. Das wird unser Landkonto aufbessern.

In Nachhaltigkeit investieren

Diese Vision kann in September zu einer neuen, globalen Norm werden, wenn sich die internationale Gemeinschaft auf die sogenannten Sustainable Development Goals (SDGs), die nachhaltigen Entwicklungsziele, einigt.

Aber wir können noch mehr tun: Wir können unserem Landkonto zu einem Plus verhelfen, wenn wir Geld investieren und so viel wie möglich von den zwei Milliarden Hektar degradiertem Land wieder zurückgewinnen.

Verwüstung bedroht vor allem die Armen

Wir haben keine Zeit zu verlieren. Bodenverlust bedroht die ohnehin Schwächsten der Gesellschaft - von Darfur bis Syrien. Massenflucht ist die Folge, wenn Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren. Bis 2045 müssen möglicherweise mehr als 135 Millionen Menschen allein wegen Verwüstung von Böden ihre Heimat verlassen.

Der US-Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman hat folgende Redewendung populär gemacht: “There is no such thing as a free lunch“. Frei übersetzt: Nichts ist umsonst! Er bezog sich dabei auf die freie Marktwirtschaft. Der Spruch trifft auf die Bodennutzung genauso zu. Fruchtbares Land ist begrenzt. Unser Überleben hängt davon ab. Wenn wir weiterhin nehmen, ohne zu reinvestieren, hat das Konsequenzen. Eine kostenlose Mahlzeit gibt es nicht. Nicht einmal für die Erde, aus der sie ursprünglich kommt.

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