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Befreundete Diktatoren - Gaddafi und Lukaschenko

4. März 2011

Presseberichte über Fluchtpläne Gaddafis nach Weißrussland hat das dortige Außenministerium dementiert. Was aber ist dran an den besonderen Beziehungen zwischen Minsk und Tripolis?

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Montage Lukaschenko und Gaddafi (Foto: dw / picture-alliance, dpa)
Sympathie zwischen Lukaschenko und GaddafiBild: dw/picture-alliance/dpa

Die weißrussischen staatlichen Medien schenken den Ereignissen in Libyen keine besonders große Aufmerksamkeit, im Gegensatz zu den jüngsten Ereignissen in Tunesien und Ägypten, die ausführlich kommentiert wurden. Der Grund dafür ist, so glauben Beobachter, ein besonderes Verhältnis zwischen Weißrussland und Libyen, das auf gegenseitiger Sympathie zwischen den beiden Staatschefs Muammar al-Gaddafi und Aleksandr Lukaschenko basiert.

Diplomatische Beziehungen bestehen zwischen beiden Ländern seit 15 Jahren. Beobachter glauben, dass sich in den letzten Jahren vor allem die politische Komponente in den bilateralen Beziehungen weiterentwickelt habe, denn von nennenswerten Wirtschaftsbeziehungen könne keine Rede sein.

Besuche in Tripolis und Minsk

Die wichtigsten Meilensteine bei der politischen Annäherung zwischen den beiden Ländern waren die Besuche des weißrussischen Präsidenten Aleksander Lukaschenko im Jahr 2000 in Tripolis und der des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi 2008 in Minsk.

Weißrusslands Präsident Lukaschenko empfängt Libyens Staatschef Gaddafi (Foto: AP Photo/Belta, Andrei Stasevich)
Gern gesehener Gast? Gaddafi besucht Lukaschenko in MinskBild: AP

Während seines Besuchs in Libyen erhielt Lukaschenko von Gaddafi den "Orden der Revolution" verliehen. Gaddafi bezeichnete damals die Aussichten der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen als "atemberaubend". Während Gaddafis Gegenbesuch in Minsk berichtete das weißrussische staatliche Fernsehen, die beiden Staatschefs plauderten schon wie alte Freunde. Dabei wurde unterstrichen, dass die weißrussische Seite bereit sei, mit der libyschen Führung einen Dialog in allen Fragen zu führen.

Pläne, aber keine Umsetzung

Trotzdem erreichte das bilaterale Handelsvolumen im Jahr des Gaddafi-Besuchs, 2008, lediglich rund 19 Millionen Dollar. Schon im darauffolgenden Jahr schrumpfte der bilaterale Handel um fast die Hälfte.

Die weißrussischen Exporte nach Libyen bestanden vor allem aus Produkten des Minsker Automobilwerks, aus Milchpulver und Halbzeugen (vorgefertigte Rohmaterialformen) aus Kohlenstoffstahl. Parallel dazu wurde über eine mögliche Montage weißrussischer Automobile und Traktoren verhandelt, aber auch über die Produktion von Medikamenten, den Bau von Straßen und Krankenhäusern. Libysche Exporte nach Weißrussland gibt es so gut wie keine.

Brothers in arms?

Dennoch gab es in den letzten Jahren wechselseitige Besuche von Delegationen beider Länder, die offenbar nicht nur - wie immer offiziell mitgeteilt - die Entwicklung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zum Ziel hatten. Zum Beispiel fand im Dezember 2009 ein Besuch einer Delegation unter Leitung des weißrussischen Verteidigungsministers Jurij Schadobinyj in Libyen statt.

weißrussische Soldaten bei einer militärischen Übung(Foto: bymedia)
Weißrussische Soldaten bei einer MilitärübungBild: Bymedia

Wie der weißrussische Politologe Andrej Fjodorow sagt, könnten solche Kontakte auf eine Zusammenarbeit im militärisch-technischen Bereich hindeuten. Der sehr geringe Handelsumsatz zwischen den Ländern, so Fjodorow, sei kein Indiz dafür, dass es keine Waffengeschäfte zwischen Minsk und Tripolis gebe. Weißrussland gebe die aus Waffenverkäufen erzielten Einnahmen im Staatsetat und in offiziellen Berichten nicht an.

Fjodorow zufolge ist der Militärbereich eine der drei Komponenten der Freundschaft, die in jedem Fall bis vor kurzem zwischen Weißrussland und Libyen bestanden. Die zweite Komponente sei Erdöl, auf das Weißrussland einige Zeit gehofft habe, bevor Minsk engere Beziehungen zu Venezuela aufgenommen habe. Und die dritte Komponente, so Fjodorow, sei die ideologische Affinität zwischen den beiden Staatsführern. Diese beinhalte die Vorliebe für eine sogenannte multipolare Weltordnung sowie die generelle Abneigung gegenüber den USA.

Autor: Andrej Timarow
Redaktion: Hans Sproß / Carolin Hebig