1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gaddafi erklärt UN-Flugverbot für "ungültig"

19. März 2011

Der libysche Diktator Gaddafi akzeptiert den UN-Beschluss über die Einrichtung einer Flugverbotszone nicht. Während es wohl weiter Kämpfe um Bengasi gibt, beraten die UN-Staaten über einen Militärschlag.

https://p.dw.com/p/10cbN
Drei Kampfjets in der Luft (Foto: AP)
Gaddafi stellt sich gegen den UN-Beschluss, UN-Angriffe drohenBild: AP

Post von Gaddafi. In Briefen an führende Weltpolitiker hat der libysche Diktator Muammar al-Gaddafi den Beschluss des UN-Sicherheitsrats über eine Flugverbotszone am Samstag (19.03.2011) für "ungültig" erklärt. "Die Resolution steht im Widerspruch zur UN-Charta, die jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Mitgliedslandes verbietet", hieß es in dem Schreiben, das der libysche Regierungssprecher Ibrahim Mussa am Samstag vor Pressevertretern in der Hauptstadt Tripolis verlas.

Unterdessen greifen Regierungstruppen die Rebellenhochburg Bengasi an – trotz einer am Freitag vom Regime verkündeten Waffenruhe. Die internationale Staatengemeinschaft berät in Paris und Brüssel über einen Militärschlag. Bei einer schnellen Einigung, könnten die ersten Militäraktionen schon in wenigen Stunden beginnen.

Sündenbock El Kaida

Jeweils ein Brief ging an den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, den britischen Premierminister David Cameron, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und an den US-Präsidenten Barack Obama. In den Schreiben versteift sich Gaddafi wieder einmal auf seine Behauptung, das Terrornetzwerk El Kaida sei an allem Schuld - Terroristen, nicht Demonstranten, seien seine wahren Gegner.

Gaddafi-Karrikatur auf Kleinbus (Foto: AP)
Nimmt ihn überhaupt noch jemand ernst?: Gaddafi-KarrikaturBild: AP

"Libyen gehört nicht euch. Libyen gehört uns", schreibt Gaddafi. "Wir können keinen einzigen Schuss auf unser eigenes Volk abfeuern, es ist die Organisation El Kaida", die von seinen Truppen bekämpft werde. Zudem drohte Gaddafi den Staaten, sie würden eine Militärintervention gegen Libyen "bedauern" und "unkalkulierbare Risiken für das Mittelmeer und Europa in Kauf nehmen". Den US-Präsidenten Barack Obama nannte Gaddafi seinen "Sohn". Er schrieb: "Selbst wenn Libyen und die USA - Gott verbiete es - in den Krieg miteinander treten, wirst Du für immer mein Sohn bleiben".

Trotz Waffenruhe Angriffe auf Bengasi

Libyscher Rebell nahe Bengasi, Ostlibyen (Foto: AP)
Hoffen auf den Sieg: Aufständischer nahe BengasiBild: AP

Indes greifen Gaddafi-Truppen Wohngebiete im ostlibyschen Bengasi an. Dabei setzten sie Panzer und Artillerie ein, sagte der Vorsitzende der provisorischen Übergangsregierung in Bengasi, Mustafa Abdul Dschalil, dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. Es gebe viele Opfer und großen Andrang in den Krankenhäusern. Arabische Medien berichteten, dass Truppen in die südlichen Vorstädte von Bengasi eindrangen. Insgesamt gilt die Lage als unübersichtlich. Zudem ist laut Agenturberichten ein Kampflugzeug über Bengasi abgeschossen worden. Der Jet sei getroffen worden, in Flammen aufgegangen und dann am Boden aufgeschlagen. Später erklärten die Rebellen, das Flugzeug gehöre zum eigenen Bestand. "Wir haben wenige Flugzeuge und sie sind alt." Es habe sich um einen Mirage-Jet aus französischer Produktion gehandelt. Der Pilot sei getötet worden.

Gaddafi streitet ab, die Stadt angegriffen zu haben. Die Truppen hätten "in Selbstverteidigung" gehandelt, heißt in einer Erklärung der staatlichen Nachrichtenagentur Jana. Regierungstruppen waren bereits am Freitag, nur wenige Stunden nachdem Gaddafi eine Waffenruhe verkündet hatte, auf Bengasi vorgerückt.

Beratungen in Paris

Derweil trifft die internationale Gemeinschaft offensichtlich die letzten Vorbereitungen für den Militäreinsatz gegen Libyen. In Paris beraten am Samstag Regierungsvertreter von EU, USA, Arabischer Liga und aus Afrika über die Umsetzung der UN-Resolution zum Schutz der libyschen Bevölkerung. Dabei muss vor allem die Befehlsstruktur des geplanten Militäreinsatzes geklärt werden. Großbritannien will eine Führungsrolle der NATO, Frankreich hingegen befürwortet ein multinationales, NATO-unabhängiges Kommando. Wie der Pariser "Figaro" berichtet, hält Frankreich die NATO nicht für geeignet, eine neue Front in der arabischen Welt zu eröffnen.

Libyer mit Plakat zum UN-Beschluss (Foto: dapd)
Endlich!: Libyer erwarten viel von der UN-FlugverbotszoneBild: dapd

Zudem soll bei dem Treffen festgelegt werden, welche Staaten sich auf welche Art an den Militär-Aktionen beteiligen. Deutschland hat einen Einsatz von Truppen an Kampfeinsätzen ausgeschlossen. Um die NATO für Libyen zu entlasten, will die Bundeswehr aber Aufklärungsflüge mit AWACS-Maschinen in Afghanistan übernehmen. Der französische UN-Botschafter Gerard Araud sagte der BBC kurz zuvor, er erwarte den Beginn militärischer Aktionen gegen Gaddafi innerhalb weniger Stunden nach dem Gipfel.

NATO-Rat berät in Brüssel

Ebenfalls bei einer Sondersitzung in Brüssel berät der NATO-Rat am Samstag über die Durchsetzung des Flugverbots über Libyen. Beobachter gehen davon aus, dass das Gremium noch am Wochenende den Befehl zum Start der Militäraktion geben wird. Aus NATO-Kreisen wurde bekannt, das Verteidigungsbündnis sei bereits dabei, die Stationierung von dutzenden Kampfbombern, Tankern, Hubschraubern und Überwachungsflugzeugen im südlichen Mittelmeerraum vorzubereiten. Laut Medienberichten hat Großbritannien mit der Verlegung von Kampfflugzeugen in den Mittelmeerraum begonnen. Der Weltsicherheitsrat hatte am Donnerstag die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen beschlossen. Damit ist die internationale Gemeinschaft ermächtigt, militärisch gegen Gaddafi vorzugehen.

Autorin: Julia Hahn (mit dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Marion Linnenbrink