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"G7 über Lösungsweg im Südchinesischen Meer nicht einig"

Hans Spross12. April 2016

China protestiert gegen eine Erklärung der G7-Außenminister zu den Territorialkonflikten im Süd- und Ostchinesischen Meer. Wie ist der Eklat zu bewerten? Darüber sprach die DW mit Felix Heiduk von SWP.

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G7 Aussenministertreffen in Japan Kerry Ayrault Kishida (Foto: picture-alliance/AP Photo)
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Ernst

Deutsche Welle: Stellt sich China mit seiner verärgerten Reaktion auf die G7-Außenministererklärung zu den Territorialkonflikten mit seinen Seenachbarn nicht ins Abseits? Schließlich wird es nicht namentlich genannt. Peking hätte ja auch sagen können: Genau, wir sind auch gegen provozierende Maßnahmen und wir können über alles reden. Indem es sich als eigentlichen Adressaten zu erkennen gibt, gibt es sich doch eine Blöße, oder nicht?

Felix Heiduk: Das Vorgehen China ist bereits zuvor von nahezu allen Außenministerien der G7-Mitgliedsstaaten direkt kritisiert worden. Deshalb war aus Sicht Pekings der Adressat relativ klar und einfach zu identifizieren.

Richtig ist aber auch, dass Inselaufschüttungen und die Militarisierung von Eilanden, Riffen und Felsen auch von anderen Anrainerstaaten betrieben werden. Allerdings in viel geringerem Umfang und wesentlich langsamer als von Peking.

Die Reaktion Chinas als "Abseits" zu bewerten, führt aber in die Irre. Eine solche Darstellung übersieht, dass Beziehungen Chinas zu den G7-Staaten, wie auch den Staaten in der Region selbst, extrem vielschichtig sind. Neben dem erwähnten Konflikten sind die Beziehungen in vielen anderen Politikfeldern von Kooperation geprägt. Bislang haben weder die G7-Staaten noch China ein Interesse daran gezeigt, dass Konfliktbereiche wie das Südchinesische Meer die allgemeinen außenpolitischen und außenwirtschaftlichen Beziehungen nachhaltig überlagern.

Felix Heiduk Asien-Experte der SWP (Foto: SWP)
Heiduk: "Schroffere Reaktion Pekings im Vergleich zum Vorjahr"Bild: Stiftung Wissenschaft und Politik

Hat Peking recht mit der Kritik, dass sich die G7 um wichtigere Dinge als um einen Territorialkonflikt kümmern sollte, der von den echten derzeitigen Krisenherden weit entfernt ist und auch mit der Weltwirtschaft nicht viel zu tun hat?

Allenfalls zum Teil. Sicherlich fällt es nicht in den Geltungsbereich der G7, sich zu den seit Dekaden bestehenden Territorialkonflikten im Ost- oder Südchinesischen Meer zu positionieren. Aber dies ist auch nicht erfolgt. Weder wurde für eine oder mehrere Konfliktparteien positiv Stellung bezogen noch wurden in der Erklärung etwaige andere Akteure direkt negativ beschrieben. Da aber 90 Prozent des Welthandels über den Seeweg verlaufen und ein Großteil des europäischen Handels mit Asien dabei durch das Südchinesische Meer verläuft, hat die G7 bereits in der Lübecker Erklärung von 2015 die Nutzung von Schifffahrtswegen und Meeren im Einklang mit internationalem Recht angemahnt.

Hat Japan die übrigen G7-Länder mit dieser Erklärung für seine Interessen eingespannt?

Die 2015 veröffentliche Erklärung der G7-Außenminister von Lübeck ist in vielen Teilen nahezu wortgleich mit der aktuellen Erklärung. Gemäß Ihrer Frage hätte Japan somit bereits den unter deutscher Schirmherrschaft durchgeführten letztjährigen G7-Gipfel für seinen eigenen nationalen Interessen eingespannt. Davon ist nicht auszugehen.

Der wesentliche Unterschied zwischen 2015 und 2016 besteht demnach in der schrofferen Reaktion Pekings im Kontext einer sich im letzten Jahr weiter verschärfenden Haltung der USA und Chinas. Wenn überhaupt, dann kann man die Erklärung der G7 somit dahingehend deuten, dass der ordnungspolitische Konflikt zwischen Peking und Washington über den Fortbestand der US-dominierten Pax Americana in Asien, oder deren Ablösung durch eine von China dominierte regionale Ordnung, nun auch Einzug auf die G7-Agenda gehalten hat.

Offenbar haben die G7-Länder die Verärgerung Chinas in Kauf genommen, um ihren Standpunkt bezüglich der Spannungen in jener Seeregion klar zu machen. Wie bewerten Sie diese Haltung?

Letztlich dürfte es schwerlich möglich sein, erfolgreiches Konfliktmanagement ohne eine direkte Einbindung Pekings zu betreiben. Eine regionale Sicherheitsordnung unter Ausschluss Pekings erscheint mir aus europäischer Perspektive als wenig nachhaltig, und wird auch in der Region selbst als wenig sinnvoll angesehen.

Darüberhinaus erscheint es mir verfrüht, von einem gemeinsamen Standpunkt der G7, oder auch Europas, in Bezug auf die erwähnten Konfliktherde zu sprechen. Einig ist man sich in der Betonung des internationalen Rechts und der friedlichen Konfliktbeilegung in Bezug auf die maritimen Konflikte in Ost- und Südostasien. Aber wie man diese Ziele am besten durchsetzen vermag, darüber herrscht weder innerhalb Europas noch der G7 bislang Einigkeit.

Felix Heiduk ist Experte für Südostasien und Sicherheits- und Verteidigungspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin