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Team-Chefin Angela Merkel

3. Oktober 2008

Kabinetts-Sitzung hier, Staats-Besuch dort - zur Ruhe kommt Angela Merkel selten. Und wenn sich die Bundeskanzlerin mal ein Päuschen gönnen könnte, macht sie auch noch Werbung. In diesem Fall allerdings sehr gerne...

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Bild: DW

Das war doch mal so ein richtig schöner Termin im Kalender der Bundeskanzlerin, am letzten Arbeitstag im Monat September. Angela Merkel hatte ihren Dienstsitz für das Vorspiel eines Ereignisses zur Verfügung gestellt, das in drei Jahren weltweit für Furore sorgen soll: die Fußball-Weltmeisterschaft – der Frauen. Im Kanzleramt wurden nun die neun Spielorte bekannt gegeben. Und dergleichen tut man heutzutage nicht per Presse-Erklärung, sondern im Rahmen eines Events, wie das neudeutsch heißt.

13 Frauen, fünf Männer

Zum Glück gibt es am Arbeitsplatz Angela Merkels sonst selten benötigte Freiflächen, die den Hunderten geladenen Gästen eine gute Sicht auf die Bühne ermöglichten. Dort stand Monika Lierhaus, eine Sport-Moderatorin des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, das live von dem Spektakel aus dem Regierungsviertel berichtete. Gut 50 Minuten dauerte die Show, in der 13 Frauen und fünf Männer auftraten.

Team-Chefin

Am bekanntesten war natürlich die Kanzlerin, die keck als Team-Chefin vorgestellt wurde und sich in dieser Rolle sichtbar wohl fühlte. Neben Angela Merkel war Wolfgang Schäuble der einzige Politiker. Als Innenminister ist er auch für den Sport zuständig. Im Gegensatz zu seiner Chefin kam Schäuble kaum zu Wort. Was weniger an ihm, als an der Inszenierung lag. Moderatorin Monika Lierhaus war zwar charmant, aber auch gezwungen, ihre Gäste zeitlich in Schach zu halten. Denn es ging ja darum, im Eilzug-Tempo die neun Spiel-Orte für die Frauen-WM 2011 zu küren. Den Gästen war dabei lediglich die Komparsen-Rolle zugedacht.

"Ich mag das Wir-Gefühl"

Das sah dann so aus, dass jeder Stadt eine prominente WM-Botschafterin zugeteilt wurde. Überwiegend junge Damen aus den Bereichen Sport, Kultur und Medien, die in durchschnittlich 22 Sekunden eine Gefälligkeits-Frage beantworten durften. So nach dem Motto: "Wie ist Ihre Beziehung zum Frauen-Fußball?“ Antwort der Schauspielerin Renan Demirkan: "Ich mag das Wir-Gefühl“. Zwischendurch wurden ein paar nette Filmchen gezeigt, unter anderem über die Geschichte des Frauen-Fußballs. Dabei konnte man dann erfahren, dass die Herren der Schöpfung den Damen das Spiel mit dem runden Leder noch Mitte der 50er Jahre unter Strafandrohung verbieten wollten.

"Der Ball ist rund"

Auch ein gewisser Sepp Herberger, Trainer jener Männer-Mannschaft, die 1954 mit dem Gewinn der Weltmeisterschaft das 'Wunder von Bern‘ vollbrachte, stand kickenden Frauen ablehnend gegenüber: "Nach meiner Meinung ist der Fußball-Sport keine Sportart, die für Damen geeignet ist.“ Wie gut, dass der Schöpfer legendärer Fußball-Weisheiten ("Der Ball ist rund.“) in diesem Fall ausnahmsweise widerlegt wurde. Sonst hätten die deutschen Damen nicht reihenweise Titel und Medaillen sammeln können: sechsmal Europameister, zweimal Weltmeister, dreimal Bronze bei Olympischen Spielen.

"Die Zukunft des Fußballs ist weiblich"

"Die Zukunft des Fußballs ist weiblich“, prophezeite der Präsident des Weltfußball-Verbandes (FIFA), Sepp Blatter, schon 1995. Er sollte recht behalten. Zum Abschied gab Kanzlerin und 'Team-Chefin‘ Angela Merkel "allen Männern, die noch nicht so viel Ahnung haben“, einen gut gemeinten Rat: schnell die Namen der Frauen-Nationalmannschaft zu lernen...

Marcel Fürstenau

P.S. Jetzt wäre beinahe der Anlass für die Show im Kanzleramt in Vergessenheit geraten – die Bekanntgabe der Spielorte für die Frauen-WM 2011: Augsburg, Berlin, Bochum, Dresden, Frankfurt am Main, Leverkusen, Mönchengladbach, Sinsheim und Wolfsburg.