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Fußball-Korruption in China

Hao Gui 28. Dezember 2004

China ist ein korruptes Land. Im vergangenen Jahr wurden mehr als 42.000 Beamte vom Dienst suspendiert. Aber bei all dem hat man die Korruption auf dem grünen Rasen offenbar vergessen.

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Scheuklappen für den chinesischen Fußball?Bild: dpa

Rund um den Fußball wird nach allen Regeln der Kunst gemauschelt und betrogen. Davon weiß auch der deutsche Ex-Nationalspieler Jörg Albertz ein Lied zu singen, der nach zwei Jahren China-Abenteuer wieder in Deutschland ist. Der 33-Jährige will bei der SpVgg Greuther Fürth noch ein paar Jahre in der zweiten Liga spielen - trotz der negativen Erfahrungen in China. Nach dem Start der Saison 2004 wurde Chinas bestem Fußballer des Jahres 2003 allmählich klar, dass es in der ersten Liga nicht mit rechten Dingen zugehen konnte: Die ganze Mannschaft von "Shanghai Shenhua" konnte auf einmal nicht mehr das Potenzial aus der vergangenen Saison abrufen.

Marionetten des Geldes

Fußball Jörg Albertz für Schanghai Shenua in Aktion
Jörg Albertz in Aktion für Schanghai Shenua (2.7.2003)Bild: dpa

Was Albertz in China vielleicht nicht verstehen konnte, ist das System. Fußball in China ist keine Sportart mehr, es ist ein Spiel um das Geld. Unternehmen wollen den Fußball als Werbemittel einsetzen, Fans wollen in der Sportwette gewinnen, Schiedsrichter und Trainer wollen in diesem Sport reich werden, und die Spieler fungieren nur noch als Marionette dieses kommerziellen Sports und des Geldes.

Zehn Jahre nach der Einführung der Profiliga vermehren sich die Gerüchte um Korruptionsfälle auf allen Ebenen. Bisheriger Höhepunkt des Skandals: 2003 wurde ein Schiedsrichter, mit offizieller FIFA-Lizenz ausgestattet, rechtskräftig zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, weil er zugegeben hatte, mehr als 370.000 Yuan (37.000 Euro) Schmiergeld kassiert zu haben. Von wem das Geld kam, blieb unbekannt.

Lange Haare wichtiger als Korruption?

"Ich bin davon überzeugt", sagt Jörg Albertz, "dass einige Spiele verkauft oder gekauft werden." Allerdings: Alle reden zwar offen darüber, alle wissen darüber Bescheid, nur keiner hat den Beweis, dass es auch tatsächlich so ist."

Unter dem System leiden alle. Obwohl die Sportfunktionäre des chinesischen Fußballverbands alle geheimen Deals kennen, haben sie nicht den Mut, sie ans Tageslicht zu bringen. Denn jeder Skandal würde auch den eigenen Interessen schaden. Lieber entscheiden die Funktionäre über Nebensächlichkeiten, zum Beispiel, dass die Spieler im Monat nicht mehr als ein Million Yuan verdienen dürfen, oder dass sie weder lange noch gefärbte Haare tragen dürfen.

Fan-Protest: "Schande"

Chinesische Fußball-Trauer
Viele chinesische Fußball-Fans finden alles nur noch zum WeinenBild: dpa

Auf der jüngst abgehaltenen Vollsammlung des chinesischen Fußballverbandes wurde jedem Verein eine Art Trostbonus von drei Millionen Yuan angeboten. Damit sollte der Ärger über korrupte Praktiken vor allem bei den zu kurz Gekommenen besänftigt werden. Kein Wunder, dass die Spieler sich nur nach dem Profit richten und möglichst rasch reich werden wollen - ganz gemäß der offiziellen kommunistische Leitlinie.

Der China-Abenteurer Albertz glaubt nicht an ein schnelles Ende des Teufelskreises der Korruption in China. "Da müssen die Leute vom chinesischen Fußballverband dran arbeiten." Natürlich wissen auch die chinesischen Fans, was da eigentlich gespielt wird. Das zeigt eine ungewöhnliche Protestaktion zum Schluss der diesjährigen Saison, da lief ein Fan mit nacktem Oberkörper während eines Spiels aufs Feld, mit dem Wort "Schande" auf die Haut gepinselt …