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Schulausbildung für Fußball-Profis

6. Januar 2010

Wenn ein junger Spieler die Chance bekommt, Fußball-Profi zu werden - dann ist oft Schluss mit Schule. Der 1. FC Köln will das ändern. Der Verein bietet seinen Top-Talenten Ausbildung an - nicht nur auf dem Platz.

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U17-Spieler Timo Horn lernt beim 1. FC Köln (Foto: Olivia Fritz, DW)
Erst Training, dann fürs Abi pauken: FC-Talent HornBild: Olivia Fritz / DW

Konzentriert liest Timo Horn in dem blauen Mathe-Heft, das vor ihm auf dem Tisch liegt. Der 16-Jährige Torwart muss einiges nachholen, denn er kommt gerade von einem Einsatz bei der U17-Nationalmannschaft: EM-Qualifikation. "Beim DFB schafft man nicht so viel, das muss ich jetzt abends nachholen", sagt er. "Aber das geht schon, ich liege im Zeitplan."

Lern-Hefte der Fernschule ILS (Foto: Olivia Fritz, DW)
Der Lernstoff für einen MonatBild: Olivia Fritz / DW

Schule und Training, Länderspiele und Trainingslager lassen sich oft zeitlich nicht vereinbaren. Deshalb hat Timos Verein, der 1. FC Köln, ein Konzept entwickelt, mit dem Top-Talente ganz individuell und außerhalb der Schule gefördert werden – in Zusammenarbeit mit Deutschlands größter Fernschule, der ILS. Timo ist der erste Schüler in Deutschland, der wegen seines außerordentlichen fußballerischen Talents vom Schul-Unterricht befreit worden ist. Aber Timo will sein Abitur trotzdem machen. "So ehrgeizig, wie ich im Fußball bin, so versuche ich das auch in der Schule", verrät er. "Im Fußball kann es noch so gut laufen, aber dann kommt eine Verletzung – und dann steht man da ohne Abitur. Das will ich nicht."

Über die Bildung Charakter schulen

Christoph Henkel, Geschäftsführer Nachwuchsabteilung 1. FC Köln und Beate Weisbarth, Schulleiterin Elsa-Brandström-Realschule Köln (Foto: Olivia Fritz, DW)
Sie sorgen für die optimale Ausbildung von TalentenBild: Olivia Fritz / DW

Seit September nehmen zwölf Top-Talente des 1. FC Köln an dem Projekt teil. 15-20 Stunden werden gepaukt, das wird jeweils individuell dem Trainings- und Spielplan angepasst. Für FC-Jugend-Geschäftsführer Christoph Henkel eine optimale Kombination. "Wir sehen die Nachwuchsförderung ganzheitlich. Über die Bildung können wir die Spieler auch in der Charakterschulung erreichen." Neben Timo sind auch ältere Spieler aus den Nachwuchs-Leistungskadern mit dabei. Für Beate Weisbarth, die für die Konzeptentwicklung und die pädagogische Betreuung in der GeißbockAkademie zuständig ist, spielt die Selbstdisziplin der Spieler eine große Rolle. "Wir sind heute in der Lage zu sagen, dass wir für den jungen Profi die passende Schule gefunden haben."

Englisch lernen, um die Teamkollegen zu verstehen

Nicht nur die Toptalente, auch gestandene Profis profitieren von dem innovativen Konzept: Denn mit dem Abi ist nicht Schluss. Die Spieler können über die europäische Fernhochschule studieren oder andere Zertifikate erwerben. Der 19-Jährige Taner Yalcin, der seit kurzem in den Profikader aufgenommen wurde, macht jetzt zum Beispiel ein Englisch-Zertifikat. "In unserer Mannschaft haben wir viele Spieler, die nur Englisch sprechen", lautet sein sehr plausibler Grund.

Und wenn doch mal eine Frage zu klären ist, helfen Studenten, die der 1. FC Köln eingestellt hat. Sie stehen den Lernenden hilfreich zur Seite. Das klappt gut, sagt Timo, der sicher ist, sein Abi auf diesem ungewöhnlichen Weg bald in der Tasche zu haben. Und damit hat der talentierte Torwart, der beim 1. FC Köln bereits in der U19 eingesetzt wird, bald nicht nur sportlich der Konkurrenz einiges voraus. "Aus den anderen Vereinen kommen die Spieler auch schon auf mich zu", berichtet er. "Die fragen, wie das so ist und wollen das jetzt auch vielleicht anfangen."

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Wolfgang van Kann