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Fußball ist der eigentliche Gewinner dieser WM

Wolfgang van Kann1. Juli 2002

Mit einer 0:2-Niederlage der deutschen Nationalmannschaft gegen Brasilien endete die 17. Fußball-Weltmeisterschaft in Korea und Japan. Ein Abschlusskommentar von Wolfgang van Kann.

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So kann es einem also gehen. Da hat der Autor dieser Zeilen doch vor vier Wochen zum WM-Beginn behauptet, ein zweites deutsches Fußball-Wunder nach 1954 sei ziemlich unwahrscheinlich. Und auch sonst war kaum jemand bereit, auf die deutsche Elf zu setzen. Und dann erreicht die deutsche Fußball-Nationalmannschaft tatsächlich
das Finale der Weltmeisterschaft.

Nein, ein Wunder ist der deutsche Erfolg sicherlich nicht - denn ein Erfolg ist dieser Final-Einzug zweifellos. Es ist das Resultat harter Arbeit, unermüdlichen Kampfes und eines Glücksgriffs. Die deutsche WM-Elf hat sich in den vier Wochen von Korea und Japan bedingungslos eingesetzt und bis zum letzten gekämpft, um so die zweifellos vorhandenen spielerischen Schwächen auszugleichen oder gar vergessen zu machen.

So ist der Vize-Weltmeistertitel zu einem Triumph der Mannschaft geworden - und dennoch kann man den Erfolg auf zwei Namen konzentrieren. Vordergründig war es auf dem Feld Torhüter Oliver Kahn, der mit seinen Fähigkeiten, vor allem aber wohl mit seinem unbedingten Erfolgswillen, seinen Kasten so lange sauber hielt und so die gegnerischen Stürmer zur Verzweiflung trieb - nur leider im Finale nicht mehr ganz.

Noch wichtiger aber für den deutschen Siegeszug bis zum Finale war der oben erwähnte Glücksgriff - Teamchef Rudi Völler. Als der deutsche Fußball nach dem Vorrunden-Aus bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren am Boden lag und ein neuer Teamchef gesucht wurde, musste der Deutsche Fußball-Bund praktisch auf Knien bei Bayer Leverkusen um Rudi Völler flehen - die Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt. Denn nur Rudi Völler ist es zu verdanken, dass aus einem desolaten Haufen eine Gemeinschaft geworden ist, die sich ihrer Defizite durchaus bewusst war, die aber bereit war, gemeinsam für das Ziel Weltmeistertitel alles zu geben.

Dieses Gemeinschaftsgefühl ist wohl auch das, was insgesamt von dieser Fußball-Weltmeisterschaft haften bleibt. Milliarden Menschen auf dem gesamten Globus verfolgten gemeinsam die 64 WM-Spiele. Zu Tausenden verfolgten sie - zumeist friedlich in den Großstädten vor Großbildleinwänden oder zu Hunderten in den abgelegenen Gebieten dieser Erde - vor dem einzigen Fernsehapparat im weiten Umkreis die
Spiele.

Türken und Deutsche bejubelten hierzulande gemeinsam die Erfolge ihrer Teams, ganze Nationen wie der Senegal waren schier außer sich nach den Siegen ihrer Kicker. Sogar in Nordkorea waren Bilder von den Erfolgen Südkoreas zu sehen. Es zeigte sich ein positiver Nationalismus, der es fast immer zuließ, sich auch mit dem Gegner zu freuen oder mit ihm zu trauern und selbst den vermeintlichen Feind zumindest zu respektieren.

Nein, verbessert hat die Fußball-WM diese Welt nicht, nicht einmal verändert ist sie nach diesen vier Wochen - das zeigten die Grenzstreitigkeiten zwischen Nord- und Südkorea am Tag des Spiels um Platz drei quasi vor Ort überdeutlich. Aber für eine kurze Zeit ist es dem Fußball gelungen, dass die Menschen Sorgen, Grenzen und Hautfarben vergessen und Gemeinsamkeiten gefunden haben. Allein dafür schon hat sich dieses Turnier gelohnt. Und damit ist dieses einfache Spiel "Fußball" neben dem tatsächlichen Weltmeister Brasilien der eigentliche Gewinner dieser 17. Weltmeisterschaft.