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Friedenspreis für Magris

8. Oktober 2009

Was ist von den Mythen und Epen des Abendlandes, was von der Hoffnung geblieben, fragt Claudio Magris immer wieder. Nun bekommt der Gelehrte und Berlusconi-Kritiker den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

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Magris lacht in die Kamera (Foto: dpa)
Claudio Magris darf sich über den Friedenspreis freuenBild: picture alliance / dpa

Am liebsten schreibt der Italiener in den Kaffeehäusern von Triest. Es seien die einzigen Orte, an denen er schreiben kann, auch wenn er oft von Touristen als Attraktion bestaunt wird. Was von den Mythen und Epen übrig blieb, damit beschäftigt er sich in seinen Essays und Reiseberichten und in seinem einzigen Roman "Blindlings". Letzterer handelt von der Trauer über den Verlust der Utopie. Das wohl bekannteste Werk des 70-Jährigen ist "Donau. Biographie eines Flusses" - eine literaische Reise zu den vielen Völkern und Kulturen von der Quelle bis zur Mündung.

Mit Eco gegen Berlusconi

Magris ist Philosoph, Schriftsteller, Wissenschaftler, Politiker und Kolumnist der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera". Der brillante Germanist greift in politische Debatten und das Tagesgeschehen ein. Für eine Legislaturperiode saß er als Abgeordneter im italienischen Senat.

Schrecklich sei, dass die Hoffnung auf die Besserung der Welt in einer Krise sei. Das könne er nicht akzeptieren, sagt er. Aus Enttäuschung über die Regierung unter Silvio Berlusconi gründete Magris unter anderem mit Umberto Eco 2002 die Vereinigung "Freiheit und Gerechtigkeit".

Das Meer und die Menschen

Magris liebt das Meer seiner Heimat Dalmatien. Seine Familiengeschichte, so Magris, sei typisch für das Völkergemisch der Region: Der Großvater ist Ende des 19. Jahrhunderts aus einem nahe gelegenen Dorf nach Triest gekommen. Die Familie seiner Mutter dagegen ist griechisch-venezianischer Herkunft.

Der frühe Außenminister Joschka Fischer ( r) gratuliert Magris bei der Verleihung des Walter-Hallstein-Preises 2008 (Foto: dpa)
Der frühe Außenminister Joschka Fischer ( r) gratuliert Magris bei der Verleihung des Walter-Hallstein-Preises 2008Bild: picture-alliance/ dpa

Magris hatte eine Professur für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Triest. Daneben betreute er Übersetzungen vieler deutscher Autoren ins Italienische, unter ihnen Georg Büchner und Arthur Schnitzler.

Zahlreiche Preise hat er bereits bekommen. Darunter den Leipziger Buchpreis und den Prinz von Asturien Preis. Schon öfter war Magris für den Literaturnobelpreis im Gespräch.

Für Europa, für Vielfalt

Magris bekommt nun den Friedenspreis, weil er sich wie kaum ein anderer mit den Problemen des Zusammenlebens verschiedener Kulturen beschäftigt habe. Der Schriftsteller trete für ein Europa ein, das seine geschichtliche und kulturelle Tradition und Vielfalt bewahrt, urteilte die Jury.

Der Friedenspreis des deutschen Buchhandels wird Magris während der Frankfurter Buchmesse am 18. Oktober verliehen. Die Laudatio wird der Historiker und Russland-Experte Karl Schlögel halten. Seit 1950 wird die Auszeichnungen vergeben, sie ist mit 25.000 Euro dotiert.

Autor: Petra Nicklis

Redaktion: Oliver Samson