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Schumann auf Taiwanesisch

7. Juni 2010

Musiker praktizieren den Brückenschlag zwischen Tradition und Moderne. Schumanns Werk hat sie alle inspiriert, von Portugal bis Estland, von Norwegen bis Südkorea, von Argentinien bis Taiwan. Zu hören in Düsseldorf.

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Beim Schumannfest in Düsseldorf trat das Taipei Chinese Orchestra auf. Ein Musiker am Hackbrett (Foto: DW, Cornelia Rabitz)
Bild: DW/Cornelia Rabitz

Es waren ungewöhnliche Geburtstagsgrüße, die zum Zweihundertsten des großen Komponisten in Düsseldorf eintrafen. Heidi Schüler, die Projektverantwortliche, ist fest davon überzeugt: "Wenn Robert Schumann das miterlebt hätte, wäre er sehr glücklich gewesen. Wir können Originalbeiträge hören, die weit ab vom normalen Konzertzirkus liegen und sich trotzdem so eng mit der Seele Schumann’scher Musik beschäftigen."

Exportschlager Schumann

Zusammen mit dem Goethe-Institut hatte man für das Schumannfest ein internationales Kompositionsprojekt ausgeschrieben und gefragt: Wie klingt Schumann in anderen Sprachen und Kulturen? Musiker aus sieben Ländern wurden schließlich nach Düsseldorf eingeladen. Sieben Uraufführungen finden hier statt. Sieben Mal hat das Publikum Gelegenheit, fremde Klänge, ungewohnte Harmonien, unbekannte Instrumente und Ensembles zu erleben. Heidi Schüler erklärt: "Wir haben eine kulturelle Zweibahnstraße aufgemacht, unseren Schumann in die Welt exportiert und dafür fremde Kulturen aus anderen Ländern hierher geholt."

Robert Schumann hat sie alle inspiriert: die Musiker aus Südkorea, die seinen Liedern koreanische Gesänge gegenüberstellen. Das Ensemble aus Portugal, das den Weltschmerz im Fado parallel zur romantischen Sehnsucht des deutschen Komponisten erkundet. Oder die norwegischen Musiker mit ihren elektronischen Kompositionen. "Es ist eine unglaublich sorgfältige und sehr demutsvolle Arbeit, die die Künstler hier geleistet haben und der Respekt, den sie Schumann entgegen gebracht haben, der ist erstaunlich" – bilanziert Heidi Schüler.

Sängerin und Lautespielerin beim Schumann-Fest in Düsseldorf (Foto: DW, Cornelia Rabitz)
Nanguan-Sängerin und LautespielerinBild: DW/Cornelia Rabitz

Chinesisches Flair

Das "Taipei Chinese Orchestra" kam mit seinem Leiter, dem Komponisten Yiu-kwong Chung, und brachte chinesisches Flair mit avantgardistischen Klängen nach Düsseldorf. Was ihn für seine Komposition "Dialog mit Robert Schumann" inspiriert hat, kann er genau benennen: Neben dem Klavierquintett war dies der Liedzyklus 'Frauenliebe und Leben'. "In meinem Stück versuche ich deshalb, die menschliche Stimme auf zeitgenössische Art und Weise mit den traditionellen chinesischen Instrumenten zu mischen. Diese Musik gehört zum 21. Jahrhundert und wir versuchen hier, Grenzen aufzuheben", erläutert Yiu-kwong Chung.

Grenzüberschreitung

Oft sind es nur einzelne Strukturen oder winzigste Motive, die sich in den Kompositionen widerspiegeln. Für ein Laienohr kaum erkennbar. Auch "Remembrances" von Yu-Chung Tseng ist so etwas wie ein Überschreiten musikalischer Grenzen – eine Mischung aus taiwanesischer Tradition und moderner Elektronik. Der Dirigent erklärt: "Mit diesem Konzert möchten wir einem westlichen Publikum gerne eine neue Art von Klängen näher bringen. Musik, die sie noch nie gehört haben. Es ist nicht Schumann, nicht Berio, nicht Strawinsky. Es ist völlig neu, etwas, das von traditionellen chinesischen Instrumenten hervorgebracht wird, aber der ganzen Welt gehören soll."

Fasziniert, auch ratlos

"Schumann auf taiwanesisch": Der Komponist Yiu-Kwong Chung leitet auch das "Taipei Chinese Orchestra"
Komponist Yiu-kwong ChungBild: DW/Cornelia Rabitz

Das kommt gut an in Düsseldorf - auch wenn einige Zuhörer ihre Probleme mit diesem musikalischen Geschenk haben: "Wo haben die denn den Schumann versteckt?" fragt sich ein Konzertbesucher etwas ratlos. Andere zeigen sich beeindruckt und fasziniert von den Klängen, den Instrumenten, besonders der riesigen und so virtuos gespielten Mundorgel. Für viele gilt wohl beides: Verzauberung und Irritation: "Sehr interessant, ja, aber Schumann habe ich nicht erkannt."

Autorin: Cornelia Rabitz

Redaktion: Gudrun Stegen