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Freispruch erster Klasse für Ex-Premier Villepin

28. Januar 2010

Im Prozess um eine Rufmordkampagne gegen den französischen Präsidenten Sarkozy ist Ex-Premier Villepin freigesprochen worden. Zwei ehemalige EADS-Verantwortliche wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt.

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Villepin durchschreitet Tür im Gerichtsgebäude (Foto: dpa)
Keine klaren Beweise: Dominique de Villepin wurde freigesprochenBild: picture alliance / dpa

In einem der spektakulärsten Verfahren Frankreichs hat ein Pariser Gericht am Donnerstag(28.01.2010) den ehemaligen Premierminister Dominique de Villepin vom Vorwurf freigesprochen, 2007 eine Schmutzkampagne gegen den derzeitigen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy mit angezettelt zu haben. Es gebe keine klaren Beweise dafür, dass Villepin gefälschte und Sarkozy belastende Dokumente zur Schmiergeldaffäre "Clearstream" der Justiz zugespielt habe, erklärte der Richter. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft wollte Villepin damit die eigenen Chancen für das höchste Staatsamt erhöhen. Zwei Mitangeklagte Villepins - ein ehemaliger EADS-Manager und ein früherer EADS-Informatiker - wurden schuldig gesprochen und zu Haftstrafen verurteilt.

Freispruch erster Klasse für Villepin

Ex-Premier Villepin, umringt von Journalisten (Foto: AP)
Nach dem Urteil: Ein zufriedener VillepinBild: AP

Der Freispruch Villepins stellt einen schweren Schlag für Sarkozy dar, der nie einen Hehl aus seiner Abneigung gegen den Kontrahenten im konservativen Lager gemacht hat. Das Urteil ebnet zudem Villepin den Weg für eine mögliche Präsidentschaftskandidatur im Jahr 2012. Villepin bezeichnete die Vorwürfe als Rachefeldzug Sarkozys, der 2007 deutlich die Präsidentenwahl für sich entschieden hatte. Villepin war 2005 Regierungschef unter Präsident Jacques Chirac, nachdem er zuvor Außen- sowie Innenminister gewesen war.

Die Anklage hatte Villepin vorgeworfen, von der Verleumdungskampagne zumindest gewusst und diese "durch sein Schweigen gebilligt" zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte für ihn 18 Monate auf Bewährung und 45.000 Euro Geldstrafe gefordert.

Das Pariser Strafgericht sah dies aber anders: Es verhängte 15 Monate Haft gegen den ehemaligen Vize-Präsidenten des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS, Jean-Louis Gergorin. Weitere 21 Monate wurden zur Bewährung ausgesetzt. Der frühere EADS-Informatiker Imad Lahoud muss 18 Monate ins Gefängnis und erhielt weitere 18 Monate auf Bewährung.

Gefälschte Kontolisten

Der ehemalige Vize-Präsident des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS, Jean-Louis GergorinGergorin (Foto: dpa)
Haftstrafe für EADS-Ex-Manager GergorinBild: picture-alliance / dpa

In der "Clearstream"-Affäre waren Sarkozy, weitere Politiker und Industriemanager im Jahr 2004 durch gefälschte Kontolisten in den Verdacht geraten, Schmiergelder aus einem Waffengeschäft erhalten zu haben. Damals tauchten gefälschte Kontolisten des luxemburgischen Finanzinstituts Clearstream auf. Demnach kassierten zahlreiche französische Politiker Schmiergeld für Waffengeschäfte mit Taiwan, darunter auch Sarkozy.

EADS-Manager Gergorin hatte die Listen anonym an einen Untersuchungsrichter weitergegeben. Nach der Entscheidung des Gerichts hat er dabei von der Echtheit der Listen nicht "ernsthaft überzeugt sein können" und einen "Willen zur Manipulation" gehabt. Lahoud hatte gestanden, die Listen gefälscht zu haben, nach eigenen Worten auf Anweisung von Gergorin.

Sarkozy geht nicht in Berufung

Sarkozy weigerte sich am Donnerstag, zu dem Freispruch Stellung zu nehmen. "Warten wir vor einem Kommentar ab, bis wir die Einzelheiten kennen. Danke", sagte er. Kurz darauf verkündete der Elysée-Palast, der Staatschef werde nicht in Berufung gehen.

Er wolle "das Kapitel abschließen", sagte Villepin nach dem Freispruch. "Meine Unschuld wurde anerkannt." Gerechtigkeit und Recht hätten "über die Politik triumphiert". Er hege aber weder "Groll" noch trage er sich mit Rachegedanken. Sein Ziel sei es jetzt, "den Franzosen und Frankreich zu dienen ... und Frankreich wiederaufzurichten".

Wie er das tun will, verkündet er schon seit Monaten: Das Land brauche eine "Alternative" zur Politik Sarkozys, sagt er immer wieder. Seine Vertrauten sprachen nach dem Freispruch von einem "großen Sieg" und ließen erkennen, dass Villepin bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2012 Amtsinhaber Sarkozy auch in einer Kampfkandidatur gegenübertreten könnte. Seit Donnerstag hat der bisher praktisch uneingeschränkt herrschende Sarkozy nun im eigenen Lager wieder einen ernstzunehmenden politischen Gegner.

Autor: Herbert Peckmann (afp, ap, rtr, dpa)

Redaktion: Ursula Kissel