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Politik

"Freiheit existiert dann, wenn Menschen die Wahl haben"

24. März 2017

Zhanna Nemtsova moderiert für die DW "Nemtsova.Interview". Die Tochter des russischen Oppositionspolitikers Boris Nemtsov ist überzeugt, dass freie Informationen für eine freien Gesellschaft unverzichtbar sind.

https://p.dw.com/p/2ZjOI
Zhanna Nemtsova am Brandenburger Tor
Bild: DW/E. Dubnov

Was mich antreibt…

Ich denke, der Hauptantrieb der Menschen ist der Wettbewerb. Und ich liebe es, mit anderen zu wetteifern, weil es mich dazu bringt, mehr zu tun, besser zu werden und schlussendlich Fortschritte zu machen. Journalismus ist mein Traumberuf. Für „Nemtsova.Interview“ reise ich viel und treffe inspirierende Menschen. Das erweitert meinen Horizont und bereichert mich. Ganz idealistisch bin ich motiviert, dazu beizutragen, Russland zu einem besseren Ort zu machen. Aus diesem Grund – und um das Andenken meines Vaters zu ehren – habe ich die Boris Nemtsov Foundation für Freedom ins Leben gerufen. 

Mut bedeutet für mich…

Mut bedeutet, Entscheidungen zu treffen und Handlungen zu unternehmen, die unkalkulierbare Risiken beinhalten, aber von einem moralischen Standpunkt aus richtig sind. 

Freiheit bedeutet für mich…

Freiheit existiert dann, wenn die Menschen eine Wahl haben. Wenn sie ihre politischen Vertreter und Führungspersonen in fairen und transparenten Wahlen bestimmen können. Wenn sie ihre Ansichten und Meinungen öffentlich äußern können, ohne Angst vor Verfolgung oder Bestrafung. Wenn sie das uneingeschränkte Recht zu friedlichem Protest gegen Regierungsinitiativen oder -anordnungen haben. Wenn sie ihre eigene Lebensart wählen können.

Der Dialog und Austausch mit den Nutzern…

Beziehungen mit einem Publikum herzustellen, ist für jeden eine Herausforderung, der in der Öffentlichkeit steht. Journalisten sind da keine Ausnahme. Um als Journalistin erfolgreich zu sein, ist es wichtig, das Vertrauen und die Loyalität des Publikums zu gewinnen. Ich glaube fest, dass es ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg dahin ist, in der Berichterstattung und in Interviews völlig unvoreingenommen zu sein, so schwer das auch sein mag.  

Meine besondere Perspektive…

Meine Biografie macht meine Perspektive einzigartig. Mein Vater war Boris Nemtsow, ein liberaler Oppositionspolitiker in Russland, der im Februar 2015 in der Nähe der Kremlinmauer ermordet wurde. Es war ein war ein politisch motiviertes Attentat, das bis heute nicht aufgeklärt ist. Für mich sind die autoritären Entwicklungen in Russland, die wir alle mit angesehen haben, eine persönliche und tragische Familiengeschichte. Mein Vater glaubte an ein freies und demokratisches Russland und ich nutze den Journalismus, um zu seinem Ziel beizutragen. 

Die Herausforderungen an Journalisten heute…

Das Oxford Dictionary hat „post truth“ zum Wort des Jahres 2016 gewählt. Und ich glaube, darin besteht die größte Herausforderung für den Journalismus – zu viele Fälschungen, zu viel Propaganda und zu wenig Wahrheit. 

Drei Dinge, die ich besonders an meiner Arbeit für die DW liebe…

Die DW ist ein globales Medienunternehmen, das Menschen die Möglichkeit gibt, ihre beruflichen Ambitionen umzusetzen. Ich liebe es, dass wir neue, moderne Formate umsetzen, dass ich die Gelegenheit habe, zu den Mächtigen der Welt zu reisen und sie zu befragen. Ich schätze es, dass die DW sich um ihre Angestellten kümmert, indem sie eine Reihe von professionellen Fortbildungen anbietet, einschließlich Deutschkursen. 

Wie mich meine Arbeit in Deutschland und Russland als Journalistin beeinflusst…

Der Fokus meiner Arbeit beim privaten Fernsehkanal RBC in Russland lag auf der Wirtschaft und den Finanzmärkten. Jahr für Jahr wurde es schwieriger, die Politik auszuklammern, wenn man über den Zustand der russischen Wirtschaft sprach. Nach der Annexion der Krim, die selbst in meinem Team zu einer Welles des Patriotismus führte, habe ich die langfristigen negativen Folgen für die Wirtschaft und Russland als Ganzes sehr klar gemacht. Das war nicht einfach, aber eine wichtige Erfahrung. Hier in Deutschland fühle ich mich deutlich freier und selbstbewusster. Und gegenwärtig habe ich mehr Gelegenheit, in Deutschland über sensible Themen zu berichten als in Russland. 

Wer mich inspiriert…

Ich kann keine einzelne Inspirationsquelle nennen. Ich liebe Menschen und es inspiriert mich, herausragende Persönlichkeiten zu treffen.

Mein Lieblingszitat…

Sag niemals nie.

Wenn ich nicht gerade arbeite... 

Ich liebe Sport. Ich bin ein großer Fan von Tennis und Radfahren.