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Freihandelsabkommen zwischen Ungarn und Jugoslawien in Kraft getreten

9. Juli 2002

– Interview mit dem Berater der Jugoslawischen Botschaft in Budapest, Djerdj Matkovič

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Budapest, 8.7.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch

Seit vergangenem Montag (1.7.) ist das Freihandelsabkommen zwischen Ungarn und Jugoslawien in Kraft. Djerdj Matkovič, Berater der Jugoslawischen Botschaft, erhofft sich einen deutlichen Anstieg des Handelsvolumens und eine Intensivierung der Beziehungen zwischen den beiden Nachbarstaaten. Mit ihm unterhielt sich BZ-Mitarbeiter Dénes Vajta.

Frage: Wann wird das Freihandelsabkommen wieder so blühende Wirtschaftsbeziehungen ermöglichen wie in den achtziger Jahren?

Antwort:

Darauf müssen wir noch etwas warten. Aber wir werden jetzt Riesenschritte vorwärts machen. Derzeit beträgt das Handelsvolumen zwischen Jugoslawien und Ungarn ungefähr 50 Millionen Dollar. Das ist mit dem Wert von einer Milliarde Dollar Ende der achtziger Jahre natürlich nicht zu vergleichen. Jetzt liegt aber die traurige Epoche der neunziger Jahre schon hinter uns. Gleich nach der Wende vom Oktober 2000 haben sich die wirtschaftlichen Beziehungen mit Ungarn deutlich verbessert.

Frage:

Welche Produkte trugen in den achtziger Jahren hauptsächlich zum Erfolg bei?

Antwort:

Chemische und Maschinenprodukte auf beiden Seiten. In Jugoslawien sind jedoch diese Fabriken infolge des Kriegs zugrunde gegangen oder veraltet. Jetzt müssen wir vieles von Grund auf neu aufbauen und leiden furchtbar an Kapitalmangel. Das Parlament hat kürzlich Gesetze verabschiedet, die ausländische Investoren ins Land locken können. Wir haben mit der Privatisierung begonnen, alle großen Zementfabriken sind bereits in privaten Händen. Wir möchten aber auch die Fehler mancher osteuropäischer Länder vermeiden, die einen großen Teil ihrer Wirtschaft an multinationale Unternehmen verschleudert haben.

Frage:

Was bedeutet das Freihandelsabkommen im Detail?

Antwort:

Die Verhandlungen fingen bereits im Dezember 2000 anlässlich des Besuchs von Außenminister János Martonyi in Belgrad an. Es wurde am 8. März dieses Jahres unterschrieben und am 1. Juli trat es in Kraft. Das Wichtigste ist wohl, dass wir für 85 Prozent der industriellen Produkte den Zoll, der bis jetzt 15 bis 20 Prozent betrug, völlig abschaffen und bei den restlichen 15 Prozent dies bis 2006 stufenweise durchführen. 30 Prozent der landwirtschaftlichen Produkte sind jetzt zollfrei. Bei den verbleibenden 70 Prozent wurde so verfahren, dass wir den jeweils niedrigeren Zollsatz der beiden Länder gewählt haben und davon weitere zehn Prozent abziehen. Im Falle gewisser für uns sensibler Produkte wurden asymmetrische Zollreduzierungen vorgenommen, wobei Ungarn sich sehr großzügig verhielt, da es 90 Prozent der von uns so klassifizierten Produkte akzeptiert hat. Sollte Ungarn vor 2006 der EU beitreten, werden die jeweils geltenden EU-Vorschriften maßgebend.

Frage:

Mit welchen Ländern hat Jugoslawien ähnliche Freihandelsabkommen?

Antwort:

Wir haben bereits mit Kroatien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina Freihandelsabkommen geschlossen. Erfahrungsgemäß bedeutet dies eine Vergrößerung des Handelsumsatzes um 30 bis 35 Prozent jährlich. Wir möchten auch der Europäischen Freihandelsunion CEFTA beitreten, aber vorerst sind für uns die Nachbarländer wichtiger. Langfristig ist auch unser Ziel der EU-Beitritt.

Frage:

Wurden die guten ungarisch-jugoslawischen Beziehungen nicht durch das Statusgesetz gestört?

Frage:

Nein. Wir verstehen durchaus die Bemühungen Ungarns, der ungarischen Minderheit in den Nachbarländern zu helfen, ihre Identität zu erhalten. Einzelne Punkte des Statusgesetzes fanden zwar auch wir problematisch, so zum Beispiel die Aufstellung von Büros zur Erteilung der Ungarnausweise. Das hat sich aber alles schnell geregelt, da Ungarn die Empfehlungen des Venedig-Ausschusses akzeptiert hat. Die Ansuchen werden jetzt durch die ungarischen Konsulate entgegengenommen und die Ungarnausweise in Ungarn ausgeteilt. Wir halten die gutnachbarschaftlichen Beziehungen für sehr wichtig. Da Jugoslawien keinen Grundvertrag mit Ungarn hat wie Rumänien oder die Slowakei, möchten wir in Kürze einen bilateralen Vertrag zum Schutz der Minderheiten abschließen. (fp)