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Frauenfußball ist anders

5. Juni 2011

Fußballerinnen spielen und trainieren nach den gleichen Vorgaben wie die Männer – mit unterschiedlichem Ergebnis. Liegt es am Geld oder den Muskeln oder der Psyche, dass Frauenfußball nicht mithalten kann?

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Inka Grings und Melanie Beringer bejubeln ein Tor Foto: Carmen Jaspersen dpa +++(c) dpa - Report+++
Torjubel ist bei allen gleichBild: DPA

Auf den ersten Blick sehen die Trainingspläne für die Damen- und Herrenmannschaften gleich aus. Aber jeder Zuschauer auf dem Trainingsgelände des 1. FC Köln, wo die Damenmannschaft trainiert, sieht es sofort: Das Spiel der Frauen ist langsamer, die Schüsse nicht so kraftvoll.

Abwehrspielerin Charline Hartmann meint dennoch, dass Frauen ihre Defizite beim Tempo durch bessere Taktik ausgleichen. "Frauen spielen grundsätzlich etwas langsamer", gibt sie zu, "aber der Ball ist bei uns länger im Spiel. Das Spiel der Männer wird einfach öfter unterbrochen wegen Foulspiels oder aggressiven Handelns, das ist bei uns weniger der Fall. Ich denke, wenn wir so schnell sein könnten, wie die Männer, wären wir technisch meistens überlegen, weil wir nicht so aggressiv spielen."

Das weniger aggressive Spiel der Frauen hat auch direkte Auswirkungen auf die Zusammenstellung des Kaders: Die Spielerinnen fallen wesentlich seltener und wenn, dann aber wesentlich kürzer wegen Verletzung aus als die Männer.

Nicht nur physiologische Unterschiede

Ein Großteil der Frauen hat in gemischten Jugendmannschaften mit Jungen zusammen gespielt. Sie konnten dort zunächst gut mithalten, aber dann kam der Zeitpunkt, meint auch die 21-jährige FC Stürmerin Yvonne Zielinski, wo sie als Mädchen einfach nicht mehr mithalten konnte. "Ich wollte immer schneller sein, und eine zeitlang hat das auch gut geklappt", erinnert sie sich, "aber dann kam bei den Jungs die Wachstumsphase und dann ging das irgendwann bei mir nicht mehr."

Porträt Hans-Jürgen Tritschoks Copyright: Constanze Lopez
Hans-Jürgen Tritschoks ist Forscher und TrainerBild: DW

Egal wie hart und wie oft Frauen trainieren, sagt Hans-Jürgen Tritschoks, Professor für Mannschaftssport und Sportmedizin an der Sporthochschule Köln, den biologischen Kraftunterschied können sie niemals ausgleichen. "Es ist eben einfach so, dass die Frau zehn bis fünfzehn Prozent weniger Herzvolumen, weniger Muskelmasse und geringeres Blutvolumen hat", erklärt er. "Man muss dann eben den Frauenbereich gesondert betrachten."

Tritschoks war selbst einer der erfolgreichsten Trainer im deutschen Frauenfußball. Mit dem FFC Frankfurt hat er 2008 sogar das Double der Meisterschaft und dem UEFA Women's Cup geholt. Er stellt fest, dass man sich als Trainer einer Frauenmannschaft nicht so um Drill und Disziplin kümmern muss: "Wenn Sie Frauen trainieren und Sie drehen mal einer Gruppe den Rücken zu, brauchen Sie als Trainer eigentlich nie Angst zu haben, dass die dann stehenbleiben", sagt Tritschoks. "Im Männerbereich muss man schon ein bisschen mehr antreiben."

Zuspruch und Bestätigung ist es hauptsächlich, was Yvonne Zielinski von einem Trainer erwartet. Nur so lasse sie sich zu Höchstleistung motivieren: "Ich mag Trainer, die nicht nur negativ reden", sagt sie "Der Trainer soll natürlich Vorschläge machen, was man besser machen kann, aber es ist besser, wenn er einem sagt, was man schon gut macht."

Mehr Sensibilität gefordert

Yvonne Zielinski
Yvonne Zielinski braucht braucht positives FeedbackBild: picture-alliance / Digitalfoto Matthias

Zielinskis Trainer beim FC Köln ist Markus Kühn. Er glaubt, Frauen seien zielgerichteter und aufnahmefähiger. "Frauen reagieren emotional auf Ansprachen anders als Männer; zum Teil unterschwelliger und länger anhaltend.Die machen sich etwas mehr Gedanken als die Männer."

Und auch unterschiedlichen Bedürfnissen im zwischenmenschlichen Umgang müsse man Rechnung tragen, meint FC-Trainer Marcus Kühn, zum Beispiel beim größeren Kommunikationsbedürfnis seiner Spielerinnen. Zu Beginn jeder Trainingseinheit, haben sie erst zehn bis fünfzehn Minuten Zeit, sich über den Alltag auszutauschen, "'Einquatschen' oder 'Einlabern' nennen wir das", erklärt Kühn, "und danach fangen wir zielgerichtet mit dem Training an."

Kühn selbst ist ein Fan des Frauenfußballs, den er nicht wie den Fußball der Männer als Kampfsport wahrnimmt, sondern als ein ästhetisches Spiel. Bislang ist das aber eine Minderheitenposition. Wenn man die Zuschauerzahlen in deutschen Stadien vergleicht, so scheint es doch, dass die Fans eher schnellen Angriffsfußball sehen wollen: In der ersten Bundesliga der Männer kamen in dieser Saison im Durchschnitt weit über als 40.000 Fans zu jedem Spiel. Bei der Frauen-Bundesliga ist man schon besonders stolz, wenn mal 4000 kommen.

Autor: Matt Zuvela
Redaktion: Rina Goldenberg