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EU-Spitzen sind männlich

19. November 2009

Zwei Spitzenämter sind zu besetzen, doch Frauen werden kaum als Kandidaten für die Posten des EU-Präsidenten und des EU-Außenministers genannt. Auf einem Sondergipfel an diesem Donnerstag soll die Entscheidung fallen.

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EU-Flagge spiegelt sich in Glasfassade in Brüssel (Foto: AP)
Bild: AP

"Ich würde es wirklich seltsam finden, wenn wir vier oder fünf Topjobs haben und alle gingen an Kerle." Das sagte nicht etwa eine weibliche EU-Politikerin, sondern kürzlich in Brüssel der finnische Außenminister Alexander Stubb. Da mit dem Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso und dem Parlamentspräsidenten Jerzy Buzek bereits zwei Kerle zum Zuge gekommen sind, müssten die Posten des EU-Ratspräsidenten und des EU-Außenministers eigentlich an weibliche Bewerber gehen.

Margot Wallström, schwedische EU-Kommissarin (Foto: picture-alliance/dpa)
Margot Wallström: Mehr Frauen an die MachtBild: picture-alliance/dpa

Das finden zumindest drei EU-Politikerinnnen, die sich in einem Offenen Brief an die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (25 Männer, zwei Frauen) gewandt haben. Die EU-Kommissarinnen Margot Wallström und Neelie Kroes sowie die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Diana Wallis, forderten, die Gleichberechtigung der Geschlechter müsse bei der Auswahl der Personen für die EU-Spitzen beachtet werden.

Weibliche Kandidaten haben kaum eine Chance

Vaira Vike-Freiberga (Foto: dpa)
Im Gespräch für einen Top-Job: Vaira Vike-Freiberga, lettische Ex-PräsidentinBild: dpa

An diesem Donnerstag (19.11.2009) soll ein Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs zum ersten Mal einen permanenten EU-Ratspräsidenten und einen EU-Außenminister bestimmen. Für diese Posten ist eine Liste mit fast 20 Namen im Umlauf - nur wenige sind Frauen. So kandidiert die ehemalige lettische Staatspräsidentin Vaira Vike-Freiberga für das Amt der Präsidentin. Sie ist die einzige Kandidatin, die sich öffentlich dazu bekennt und sogar eine Art Wahlkampf im Internet gestartet hat. Die britische EU-Handelskommissarin Catherine Ashton bewirbt sich um das Außenamt. Beide hätten eher geringe Chancen, heißt es in Brüssel. Überraschungen sind aber nicht ausgeschlossen.

Die weiblichen Abgeordneten im Europäischen Parlament kritisieren die Personalauswahl für die EU-Posten scharf: Vor allem unter den Kandidaten für die neue EU-Kommission, die politische Verwaltungsspitze der Union, seien zu viele Männer. Bislang sind für die 27 Posten von den Regierungen der Mitgliedsländer nur vier Frauen nominiert worden. Die deutsche Abgeordnete Rebecca Harms (Grüne) forderte EU-Kommissionspräsident José Barroso auf, sich von den EU-Mitgliedsstaaten neue Vorschläge machen zu lassen.

Zu wenige Frauen im Parlament

Die Spitzenkandidatin Rebecca Harms redet beim Europa Parteitag (Foto: AP)
Rebecca Harms streitet für ihre GeschlechtsgenossinnnenBild: AP

Derzeit sind in der Kommission immerhin acht Frauen vertreten. Rebecca Harms sagte in Interviews, das Europäische Parlament könne mit seinem Votum im Januar 2010 die Benennung der gesamten EU-Kommission ablehnen. Dazu müsste die Politikerin den geballten Widerstand der Frauen im Parlament mobilisieren, allerdings sind auch dort nur rund 30 Prozent der Abgeordneten weiblich. Ihrem Anteil an der Bevölkerung gemäß müssten Frauen eigentlich etwa die Hälfte aller europäischen Posten besetzen.

Diesem Ziel kommt nur das Parlament in Schweden nahe. Dort sind 42 Prozent der Volksvertreter Frauen. Schlusslicht ist in dieser Statistik Malta: Auf der Mittelmeerinsel ist nur jeder zehnte Abgeordnete weiblich. In ganz Europa gibt es momentan nur eine amtierende Regierungschefin: Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin. Die hat übrigens mit Günther Oettinger einen Mann für die EU-Kommission nominiert.

Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Julia Kuckelkorn