Franz Christian Gau – ein vergessener Pionier
Der deutsche Architekt Franz Christian Gau reiste im 19. Jahrhundert ins bislang unbekannte Nubien (heute Teile von Ägypten und Sudan). Als Erster erfasste er der die Tempellandschaft entlang des Nils.
Expedition in den Orient
Viele Deutsche sind fasziniert vom alten Ägypten. Diese Begeisterung begann bereits im 19. Jahrhundert, als der deutsche Architekt Franz Christian Gau auf eigene Faust das bis dahin unbekannte Nubien (heute Teile von Ägypten und Sudan) erkundete. Als Erster erforschte er die Tempellandschaft entlang des Nils. Dazu gehörte auch die Anlage von Dendur (Bild), die heute nicht mehr existiert.
Begeisterung für Frankreich
Der abenteuerlustige Architekt und Archäologe Franz Christian Gau (1790-1853) ist heute in Vergessenheit geraten. Deshalb widmet ihm das Stadtmuseum seines Geburtsortes Köln eine Ausstellung. Die Heimat verließ Gau schon während seines Studiums, es zog ihn nach Paris. Er war begeistert vom Geist der französischen Revolution: "Ich bin als freier Mensch geboren", schrieb er.
Karriereknick als Reisegrund
Der Grund für Gaus Orient-Expedition von 1818 bis 1820 war jedoch nicht seine Freiheitsliebe, sondern Napoleon (Bild). Der Architekt sollte ein Mausoleum für ihn bauen, doch nach dem gescheitertem Russlandfeldzug des Kaisers wurde nichts mehr daraus. Gau reiste nach Rom und fand einen Geldgeber, der sein Interesse für das Altertum teilte: den preußischen Baron von Sack.
Aufbruch ins Unbekannte
Doch Gau und sein Förderer zerstritten sich schon vor der Ankunft. So strandete er mittellos in Alexandria. Doch er machte aus der Not eine Tugend, lieh sich Geld und zog los, um die unbekannten Tempel zwischen dem ersten und dem zweiten Nilkatarakt zu erkunden. Bis zu dieser zweiten Stromschnelle, die in dem Kupferstich von Gau zu sehen ist, war noch kaum ein Europäer vorgedrungen.
In den Fluten versunken
Die meisten der von Gau erkundeten Tempel existieren heute nicht mehr. Sie sind in den Fluten des in den 1960er Jahren erbauten Assuan-Staudamms versunken. Andere wurden in tausende Einzelteile zerlegt und an anderer Stelle neu aufgebaut. Dazu zählt auch der Tempel von Kalabscha im Bild. Die Zeichnungen von Gau sind daher bis heute wichtige Dokumente über die jahrtausende alte Kultur Ägyptens.
Weltkulturerbe von Abu Simbel
Die bedeutendste Leistung von Franz Christian Gau ist die Erforschung der berühmten Tempelanlage von Abu Simbel, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Als erster vermaß und dokumentierte er den düsteren Innenraum der Kultstätte aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. Auf diesem Kupferstich von Gau ist der Tempel der Hathor bei Abu Simbel zu sehen.
Fast so genau wie Fotos
Seine Zeichnungen sind fast so genau wie Fotos: Das dokumentiert auch diese Aufnahme des Fotografen Maurice Du Camp von Abu Simbel aus dem Jahr 1850. Der Franzose reiste auf den Spuren Franz Christian Gaus. Auf seiner Entdeckungstour in Ägypten traf er 30 Jahre nach dem Architekten bereits Touristen aus Europa.
Prachtvolle Kupferstichedition
Mit prall gefüllten Skizzenbüchern kehrte Gau 1819 nach Alexandria zurück. Über Palästina und Rom reiste er wieder nach Paris. Dort begann die Arbeit an seinem Werk über Nubien, das in Deutschland und Frankreich erschien und große Beachtung fand. Aus seinen Zeichnungen entstanden für die Edition prächtige Kupferstiche.
Faszination für Ägypten
Was bleibt von Gaus Reise? Der Hype fürs alte Ägypten sorgte für einen Schub in der archäologischen Forschung und löste die Anfänge des Tourismus in die Region aus. Dazu trug auch Gau mit seinen Entdeckungen und Publikationen bei. Auch Künstler waren von seiner Reise fasziniert, wie dieses Aquarell des Malers Norbert Bittner, der Gaus Werk zum Vorbild nahm, zeigt.
Wanderer zwischen zwei Ländern
Für seine Entdeckungen in Ägypten wurde Franz Christian Gau in Frankreich geehrt. Er nahm die französische Staatsbürgerschaft an, blieb seiner Heimatstadt aber verbunden. Das zeigte sich zum Beispiel darin, dass er die Fertigstellung des Kölner Doms (Bild) unterstützte. Bis zu seinem Tod machte sich der Architekt um den kulturellen Austausch zwischen beiden Ländern verdient.