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Sarkozy trifft Brown

26. März 2008

Gemeinsame Atomtechnik und 1000 weitere französische Soldaten für Afghanistan: Frankreich und Großbritannien wollen auf ihrem Gipfel Pläne für eine engere Zusammenarbeit schmieden - auch auf Kosten Deutschlands.

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Nicolas Sarkozy und Gordon Brown auf dem EU-Gipfel (14.12.2007, QuelleA: AP)
Zwei, die sich gefunden haben - Nicolas Sarkozy und Gordon BrownBild: AP

Wenn Nicolas Sarkozy am Mittwoch (26.3.2008) nach London reist, dann offenbar mit einem Koffer voller Geschenke: Von neuen Atomkraftwerken bis zu mehr Engagement in Afghanistan – Sarkozy setzt auf mehr Zusammenarbeit mit den Briten. Einem Artikel der Zeitung "Guardian" zufolge planen die Länder gemeinsam Atomkraftwerke der neuen Generation zu bauen und weltweit zu exportieren. Frankreich habe zudem zugesagt, für den NATO-Einsatz in Afghanistan zusätzliche Soldaten zur Verfügung zu stellen, berichtete die Zeitung "The Times".

Banken sollen zu Offenheit verdonnert werden

Nicolas Sarkozy und Gordon Brown noch zu Ministerzeiten (18.9.2006, Quelle: AP)
Sarkozy reist mit einem Koffer voller Geschenke zum Gipfel mit Gordon Brown anBild: AP

Ganz oben auf der Agenda des Gipfels steht aber – wie Browns Büro mitteilte – die weltweite Finanzkrise. Auch hier sind sich die Länder nach Angaben der Downing Street einig und wollen zu mehr Transparenz auf dem Finanzmarkt aufrufen. Transparenz meint in diesem Fall: Die Banken sollen ihre aufgelaufenen Abschreibungen sofort und umfassend offenlegen. Eine entsprechende Erklärung wollten beide Politiker am Donnerstag veröffentlichen, teilte Browns Büro mit. Beide seien zunehmend besorgt darüber, dass das Vertrauen in die Finanzmärkte Schaden nehmen könnte, weil das Ausmaß an faulen Krediten in den Büchern der Banken weiter unklar sei.

Die neue britisch-französische Einigkeit zeigt: Die Bande zwischen London und Paris wird enger geknüpft - auch auf Kosten Deutschlands. Denn nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel Sarkozy bei seinen Plänen für eine Mittelmeerunion geschickt ausgebremst hat, steht der britische Premierminister Brown höher in der Gunst des Präsidenten. "Die Beziehungen zwischen Paris und Berlin sind so schlecht wie selten zuvor", zitiert die Zeitung "Daily Telegraph" Katinka Barysch vom "Centre for European Reform".

Eine neue Bruderschaft?

"Wir wollen eine neue franco-britische Bruderschaft des 21. Jahrhunderts", sagte ein französischer Diplomat der Zeitung "Sunday Times". "Natürlich gibt es Differenzen, aber der sogenannte französisch-deutsche Motor (in Europa) ist nicht genug." Britische Diplomaten äußerten sich ähnlich optimistisch: "Selten haben Großbritannien und Frankreich in so vielen Punkten übereingestimmt."

Atomkraftwerk in Bugey (12.8.2003, Quelle: AP)
Frankreich produziert 80 Prozent seines Stroms aus AtomkraftBild: AP

Im Bereich Atomkraft sind die Gemeinsamkeiten offensichtlich. Paris setzt seit Jahrzehnten bei der Energiegewinnung zum größten Teil auf Atomkraft und in Großbritannien kommt die Atomenergie wieder in Mode. Erst vor wenigen Wochen hat die Regierung den Bau neuer Kraftwerke ausgeschrieben. Jetzt wollen die Länder zusammen an neuer Technik arbeiten – um den Klimaschutz voranzubringen. In den kommenden 15 Jahren sollte die Technologie weltweit exportiert werden. Großbritannien hoffe auf die französische Erfahrung auf dem Gebiet, so die Zeitung. Schließlich erzeugt Frankreich fast 80 Prozent seines Stroms aus Atomkraft, Großbritannien 20 Prozent. Umweltverbände kritisierten die Pläne als gefährlichen Unsinn.

Mehr französische Soldaten für Afghanistan

Wie die "Times" unter Berufung auf hochrangige Vertreter des Verteidigungsministeriums in London berichtete, will Frankreich zusätzliche französische Soldaten im Osten oder Süden Afghanistans einsetzen. Damit wolle Sarkozy sein Engagement im Kampf gegen die radikal-islamischen Taliban unterstreichen. Eine Geste, die Brown, der wie die USA regelmäßig mehr Engagement anderer Länder am Hindukusch fordert, erfreuen dürfte.

Allerdings betonen französische Diplomaten, die Entscheidung, wo die Truppen zum Einsatz kommen, sei noch nicht gefallen. Eine öffentliche Ankündigung der Verstärkung soll es laut der Zeitung erst im April beim NATO-Gipfel in Bukarest geben. Frankreich hat derzeit rund 1900 Soldaten in Afghanistan, Großbritannien fast 7800. London hatte wie die USA wiederholt ein stärkeres Engagement anderer europäischer Länder im umkämpften Süden von Afghanistan gefordert. Auf dem Plan steht auch eine engere Zusammenarbeit bei der Einwanderung und Sicherheit.

Der Dauerkonflikt scheint beendet

Carla und Nicolas Sarkozy - noch vor der Hochzeit(30.12.2007, Quelle: DPA)
Auch Carla kommt mit - und wird von der Queen empfangenBild: dpa/picture-alliance

In weite Ferne gerückt scheinen die Zeiten, als Sarkozys Vorgänger Jacques Chirac noch über die Briten bemerkte, "man kann Leuten nicht trauen, die so schlecht kochen". Der Irakkrieg trieb endgültig einen Keil zwischen Chirac und Browns Vorgänger Tony Blair. Jetzt fiebern die Briten dem Besuch Sarkozys förmlich entgegen – auch weil dieser in Begleitung seiner Frau Carla bei Königin Elizabeth II. erscheinen wird. Seit Wochen wird debattiert, in welchem Zimmer in Schloss Windsor das Paar unterkommt, was es zu Essen gibt und was Carla zum Dinner mit der Queen tragen wird. Zeitungsleser erfahren, dass nicht nur Carla sondern auch Andrée, Sarkozys Mutter, Gast der Königin sein soll, sowie, dass Dudelsackmusiker zur Unterhaltung aufspielen.

Brown und Sarkozy versuchen mit dem Besuch auch, ihr Image aufzupolieren - was beide derzeit nötig haben. Sarkozy ist nach großen Sympathieverlusten und einer Wahlniederlage bei den Kommunalwahlen darauf bedacht, seriöser und staatsmännischer aufzutreten. Und der als eher trocken geltende Brown hofft seinerseits vermutlich, dass etwas vom Glanz des Sarkozy-Paares auf ihn abstrahlt. (mg)