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Frankreich stürzt Brasilien vom Thron

1. Juli 2006

Les bleus haben das Viertelfinale gegen den amtierenden Weltmeister Brasilien völlig verdient mit 1:0 gewonnen. Die als "Rentnerbande" verlachten Franzosen zeigten in dem spannenden Spiel ihre bisher stärkste Leistung.

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Frankreichs Kapitän Zidane gratuliert dem Torschützen HenryBild: AP

Es ist die Überraschung der WM: Der fünfmalige Weltmeister und Titelfavorit Brasilien ist am Samstagabend in Frankfurt nach einer 0:1-Niederlage gegen Frankreich sensationell aus dem Turnier ausgeschieden.

Fußball, WM 2006, Brasilien - Frankreich, 01.07.2006, Treffer Henry
Thierry Henry (rechts) schießt das Siegtor für FrankreichBild: AP

Frankreichs Alt-Stars konnten damit die Abschiedstournee des Regisseurs Zinedine Zidane noch einmal verlängern. Mit dem 1:0 (0:0)-Sieg in der Neuauflage des WM-Endspiels von 1998 bestrafte die "Equipe tricolore" am Samstagabend (1.7.) in Frankfurt unter Zidane, der als Denker und Lenker agierte, die Einfallslosigkeit des Titelverteidigers und zog zum vierten Mal bei einer Fußball-Weltmeisterschaft in die Runde der letzten Vier ein.

Im Halbfinale gegen Portugal

Unter den Augen von Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac machte Thierry Henry in der 57. Minute mit seinem dritten WM-Tor die bisher größte Sensation des Turniers perfekt und sorgte zugleich für die erste WM-Niederlage der Brasilianer nach elf Spielen. Während der fünffache Titelträger erstmals seit 1990 vor dem Halbfinale die Heimreise antreten muss, kämpft die "Grande Nation" im Halbfinale am kommenden Mittwoch in München gegen Portugal um den erneuten Einzug in ein WM-Finale.

"Verdient gewonnen"

Fußball, WM 2006, Brasilien - Frankreich, 01.07.2006
Jubel über Henrys TorBild: AP

"Ein enormes Spiel. Wir wollen jetzt noch weitermachen und versuchen, ins Finale zu kommen, da haben wir Lust drauf", sagte Zidane, der in seinem 106. Länderspiel bewies, dass er noch längst nicht zum alten Eisen gehört. Der 34-Jährige führte fast wie in seinen besten Zeiten Regie und lieferte mit einem Freistoß auch die Vorlage für Henrys Siegtreffer. "Es war kein gestohlener Sieg. Wir haben verdient gewonnen", stellte Torschütze Henry fest.

Unharmonische Superstars

Die Brasilianer, die vor dem Turnier als heißester Anwärter auf den WM-Titel gehandelt worden war, wurden ihrer Favoritenrolle zu keinem Zeitpunkt gerecht. Ronaldinho spielte ganz schwach, auch von WM-Rekordjäger Ronaldo war kaum etwas zu sehen. Trainer Carlos Alberto Parreira hatte mit der Hereinnahme von Juninho das bisher wenig inspirierte Offensivspiel eigentlich beleben wollen, doch auch beim fünften Turnier-Auftritt konnte von Harmonie unter den Superstars keine Rede sein. Der Titelverteidiger trat vielmehr auf, als habe er das Final-Trauma des 0:3 von 1998 noch
immer nicht überwunden.

Bis auf einen Kopfball von Ronaldo (11.) nach einer Freistoß-Flanke von Ronaldinho, der sein Ziel weit verfehlte, hatte das schon vor der Pause mit Pfiffen bedachte Starensemble aus Südamerika im Angriff wenig zu bieten. Auch als das Team im Rückstand lag, ließ die offenbar überschätzte Mannschaft jedes Aufbäumen vermissen. Nicht einmal die Einwechslungen der Top-Stürmer Adriano und Robinho bewirkten etwas.

Ribery zeigt die Hacken

Im Duell der beiden letzten Weltmeister stand vor allem die Abwehr der "selecao" im Brennpunkt. Denn nach anfänglichem Respekt übernahmen die Franzosen die Kontrolle über das Spiel und brachten die Bundesliga-Profis Lucio und Juan im Deckungszentrum gehörig ins Schwitzen. Franck Ribery fand gegen Roberto Carlos zunächst wenig
Gelegenheit, seine Spurtstärke auszuspielen, doch im zweiten Durchgang zeigte er seinem zehn Jahre älteren Widersacher immer häufiger die Hacken.

Zidane, wie Torhüter Fabien Barthez, Lilian Thuram und Patrick Vieira Mitglied der legendären 98er Elf, entzog sich in seinem 106. Länderspiel immer wieder der Bewachung durch Gilberto Silva, doch in vorderster Linie stand "Einzelkämpfer" Henry lange Zeit auf verlorenen Posten. Nach einem mustergültigen Pass von "Zizou" auf Vieira konnte Juan den Akteur von Juventus Turin nur mit einer Grätsche von hinten stoppen und hatte Glück, dass ihm der spanische Schiedsrichter Medina Cantalejo nur die Gelbe Karte zeigte.

Einfallsloses Spiel von Brasilien

Der Favorit agierte auch zu Beginn der zweiten Spielhälfte
einfallslos. Keinem der hoch gelobten Offensiv-Künstler gelang es, das Heft gegen die wesentlich aktiveren Franzosen in die Hand zu kommen. Nachdem ein Kopfball von Vieira das Tor von Dida knapp verfehlt hatte, gelang Henry mit seinem ersten Länderspiel-Tor auf Zuspiel von Zidane die längst verdiente Führung. Vier Minuten später hätte Juan beinahe einen Schuss von Ribery ins eigene Tor abgelenkt. Mit schnellem Herauslaufen gegen den immer stärker werdenden Ribery
verhinderte Dida (70.) das drohende 0:2. (chr)