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Frühjahrswahl beim IWF

Annika Schipke23. April 2004

Auf der Frühjahrstagung des IWF und der Weltbank werden Welthandel, Terrorismusbekämpfung und Ölpreise diskutiert. Pünktlich zum Treffen stellten die EU-Staaten ihren gemeinsamen Kandidaten für den IWF-Chefsessel vor.

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Rodrigo Rato ist Kandidat für die Köhler-Nachfolge beim IWFBild: AP

Nach dem Willen der 15 EU-Staaten soll der frühere spanische Wirtschaftsminister Rodrigo Rato die Nachfolge Horst Köhlers im Amt des IWF-Generaldirektors antreten. Das gab die irische EU-Ratspräsidentschaft in dieser Woche bekannt. Köhler war von seinem Posten im März 2004 zurückgetreten, da er für das Amt des deutschen Bundespräsidenten kandidiert. Daraufhin entwickelte sich ein wochenlanges Tauziehen der EU-Mitglieder um einen gemeinsamen Kandidaten für den Internationalen Währungsfonds.

Größter Konkurrent Ratos war Jean Lemierre, Direktor der Osteuropa-Bank, der von Deutschland und Frankreich vorgeschlagen wurde. Allerdings stieß dieser Vorschlag bei den USA auf wenig Anerkennung, da sie dem engen Bündnis zwischen Deutschland und Frankreich misstrauten. Nachdem Lemierre in seinem bisherigen Amt bestätigt wurde, sahen die beiden Länder schließlich von ihrem Wunschkandidaten ab und schlossen sich der offiziellen Nominierung Ratos an. Inzwischen haben auch die USA signalisiert, dass sie den Kandidaten Rato mitwählen werden.

Europa hat die Wahl

Die Ernennung Ratos durch den IWF-Exekutivrat ist nun lediglich eine Formsache. Denn traditionsgemäß bekleidet ein Europäer oder zumindest ein Nicht-Amerikaner das Amt an der Spitze des Internationalen Währungsfonds. Im Gegenzug steht ein Amerikaner an der Spitze der Schwester-Institution Weltbank. Bestrebungen innerhalb des Fonds, diese Regelung zu ändern, wurden bisher erfolgreich durch die europäischen Mitgliedsstaaten unterbunden: Die Größe ihrer finanziellen Einlagen verleiht der EU auch die entsprechenden Stimmrechte im IWF.

Dabei erfreut sich Rato nicht nur der Zustimmung der europäischen Länder, sondern wird auch von Lateinamerika unterstützt. Grund hierfür sind die traditionell guten Kontakte zu Spanien und die Hoffnung auf einen Rückhalt im IWF, da die lateinamerikanischen Länder von Finanzkrisen geschüttelt sind.

Verdienst als Finanzexperte

Für den neuen Job hat sich Rato durch seine konsequente Spar- und Stabilitätspolitik in Spanien empfohlen. Als "Superminister" für Wirtschaft und Finanzen und Vize-Ministerpräsident unter der Regierung Aznar führte er Spanien triumphal in die Euro-Zone ein. Denn bis zu Ratos Amtsantritt 1996 galt Spanien mit einem Haushaltsdefizit von über sechs Prozent und einer Arbeitslosenquote von 22 Prozent als "Sorgenkind" der Europäischen Union.

Innerhalb von acht Jahren gelang dem Finanzexperten aber nicht nur der Ausgleich des Haushalts, sondern er erwirtschaftete 2003 sogar einen kleinen Überschuss. Der Erfolg finanzierte sich zum großen Teil über die Privatisierung von Staatsbetrieben wie Telefónica, die drastische Kürzung des öffentlichen Dienstes und eine konsequente Verfolgung von Steuerhinterziehern.

Karriere in die Wiege gelegt

Die Regierung Aznar hat Rato ihre Wiederwahl im Jahr 2000 zu verdanken. Trotzdem ist Rato bei der spanischen Bevölkerung nicht sonderlich populär und gilt vor allen Dingen bei seinen politischen Gegnern als arrogant. Ein Grund dafür ist seine Herkunft aus einer wohlhabenden Unternehmer-Familie. Bevor er 1996 einen Platz in der Regierung einnahm, trat Rato aber seine Beteiligungen an rund 20 Firmen an Familienangehörige ab und widmete sich vollends der Politik.

Seine Ernennung zum IWF-Chef wäre allerdings eine Premiere in der Geschichte der Finanzinstitution. Erstmals würde ein Politiker an der Spitze des Fonds stehen. Kritiker befürchten, dass Rato deshalb lediglich repräsentative Aufgaben übernehmen und die Arbeit der IWF-Politik an seine Stellvertreter weiterreichen könnte. Dennoch wurde seine Kandidatur allgemein begrüßt, vor allem von dem einflussreichsten Geldgeber des IWF - den USA.

Hier findet auch die Frühjahrstagung der Schwesterinstitutionen IWF und Weltbank statt. Im Vorfeld sorgte neben den personellen Veränderungen eine neue Prognose zur Weltkonjunktur für Gesprächsstoff. Der IWF erwartet für 2004 ein weltweites Wirtschaftwachstum von 4,6 Prozent. Risikofaktoren bleiben weiterhin aber die derzeitige Ölpreisentwicklung, das Haushaltsdefizit der USA und neue politische Unruheherde.