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Der Treck reißt nicht ab

22. Oktober 2015

Keine Entspannung der Flüchtlingskrise: Slowenien hat einen neuen Rekord gemeldet – und bittet die EU um Hilfe. Deren Verantwortliche suchen derweil fieberhaft nach Wegen, die Situation zu bewältigen.

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Slowenien Flüchtlinge bei Dobova
Bild: Reuters/A. Bronic

Binnen 24 Stunden seien mehr als 12.600 Flüchtlinge über die Grenze gekommen, teilte die slowenische Polizei mit. Dies ist ein Rekord, der sogar die Zahl der nach Ungarn gekommenen Flüchtlinge zum Höhepunkt der dortigen Krise im September übertrifft. Allein in der Nacht kamen 6500 Menschen an; von Samstag bis Donnerstagfrüh waren es mehr als 34.000.

Das kleine EU-Land kann sich nach eigenen Angaben nur um 2500 Flüchtlinge am Tag kümmern. Slowenien hat im sogenannten Schengenraum für visafreien Reiseverkehr eine EU-Außengrenze zu Kroatien. Flüchtlinge, die aus dem Nachbarland kommen, müssen nicht nur registriert, sondern auch versorgt, untergebracht und dann zur österreichischen Grenze weitertransportiert werden.

In Slowien soll nun die Armee die Polizei an der Grenze unterstützen (Foto: Reuters)
In Slowien soll nun die Armee die Polizei an der Grenze unterstützenBild: Reuters/L. Foeger

Zur Bewältigung der Situation bittet das Land die Europäische Union um Unterstützung. Man habe in anderen EU-Staaten um Polizei-Einheiten nachgefragt, sagte Innenministerin Vesna Gyorkos Znidar. EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos kommt an diesem Donnerstag nach Slowenien, um mit der Regierung EU-Hilfen zu besprechen.

Auch an einem weiteren Dauerbrennpunkt, dem serbisch-kroatischen Grenzübergang Berkasovo/Bapska, warteten am Vormittag wieder 2000 Flüchtlinge vor der geschlossenen Grenze. Die Kroaten lassen nur kleinere Gruppen durch, weil ihr nahe gelegenes Erstaufnahmelager Opatovac mit 3500 Menschen bereits überfüllt ist. "Aufmachen, aufmachen!", riefen die Menschen an der Grenze immer wieder. Viele von ihnen hatten die kalte Nacht im Freien verbracht.

Auf dem Weg nach Deutschland und Schweden

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban rief die südlichen Nachbarländer Ungarns im Fernsehen auf, Flüchtlinge zurückzuweisen und nicht um die ungarischen Grenzen herum nach Österreich und Deutschland weiterreisen zu lassen.

Kroatien transportiert die aus der Türkei, Griechenland, Mazedonien und Serbien kommenden Flüchtlinge weiter nach Slowenien. Von dort reisen sie nach Österreich und vor allem nach Deutschland. Ein weiteres beliebtes Ziel ist Schweden: Nach Angaben der dortigen Einwanderungsbehörde könnten in diesem Jahr bis zu 190.000 Asylsuchende in das Land kommen. Für das kommende Jahr werde mit einem Rückgang des Flüchtlingsstroms gerechnet. Allerdings könnten auch dann noch bis zu 170.000 Asylbewerber Schweden erreichen.

Spitzentreffen am Sonntag

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker rief die Staats- und Regierungschefs der betroffenen Länder für Sonntag zu einem Spitzentreffen in Brüssel zsuammen. Bei der Zusammenkunft solle es um die Westbalkanroute gehen, teilte die EU-Behörde mit.

Flüchtlingslager an der türkisch-syrischen Grenze (Foto: Getty)
Flüchtlingslager an der türkisch-syrischen GrenzeBild: Getty Images/C. Court

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, der Jordanier Seid Raad Al Hussein, erhob derweil schwere Vorwürfe gegen Tschechien. Das Land verstoße in der Flüchtlingskrise systematisch gegen die Menschenrechte. Routinemäßig würden Migranten bis zu 90 Tage festgesetzt und nach Geld durchsucht, das einbehalten werde. Auch Kinder würden eingesperrt. Er sei zudem alarmiert über die fremden- und islamfeindlichen Äußerungen von Präsident Milos Zeman, sagt Seid in Genf. Die Politik der tschechischen Regierung ziele darauf ab, Migranten und Flüchtlinge davon abzuhalten, in das Land einzureisen und sich dort aufzuhalten.

Die europäischen Christdemokraten sprachen sich unterdessen für eine stärkere Sicherung der Außengrenzen der EU aus. Die Asylverfahren sollten beschleunigt und abgelehnte Asylbewerber umgehend abgeschoben werden, heißt es in einer Resolution, die die Europäische Volkspartei (EVP) am Mittwoch auf einem Kongress in Madrid verabschiedete. "Wir können nicht Millionen von Menschen aufnehmen", sagte der EVP-Vorsitzende Joseph Daul. Die EU solle ihre Grenzen nicht schließen, aber sie müsse genauere Kontrollen vornehmen, um den Zustrom bewältigen zu können. Zudem müsse unterschieden werden zwischen Flüchtlingen, die einen Anspruch auf Asyl hätten, und "illegalen Zuwanderern".

In der EVP sind 75 christdemokratische und konservative Parteien aus 40 europäischen Ländern zusammengeschlossen. Die EVP stellt die größte Fraktion im Europaparlament und ist nach eigenen Angaben die größte Partei in Europa.

Stu/se (afp, dpa, rtr)