1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ist Charlie Hebdo zu weit gegangen?

Ruben Kalus 14. Januar 2016

In den sozialen Netzwerken kursiert derzeit eine Karikatur des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" die heftig umstritten ist. Für viele Nutzer hat das Blatt damit die Grenzen des guten Geschmacks überschritten.

https://p.dw.com/p/1Hdj5
Charlie Hebdo Karikatur
Bild: twitter.com/DoraHahn

In seiner aktuellen Ausgabe veröffentlichte das Blatt eine Karikatur über den verstorbenen Flüchtlingsjungen Aylan Kurdi. Das Foto der am Strand angespülten Leiche des syrischen Jungen ging im letzen Jahr um die Welt und wurde zum Symbol für die problematische Flüchtlingssituation in Europa.

Der neue Cartoon zeigt Kurdi als erwachsenen Mann, wie er mit gierigem Blick und ausgestreckten Händen hinter einer Frau herläuft. Der Text zum Bild lautet sinngemäß übersetzt: "Was wäre aus dem kleinen Aylan geworden, wenn er überlebt hätte? Ein Pograpscher in Deutschland". Im Netz ergoss sich daraufhin ein Shitstorm über das Satiremagazin.

"Charlie Hebdo" greift mit der Karikatur die derzeit geführte Debatte auf, ob ein Zusammenhang zwischen den sexistischen Übergriffen auf Frauen am Silvesterabend in Köln und der Zuwanderung von Flüchtlingen besteht. In Köln wurden an Silvester mehrere Frauen im und vor dem Kölner Hauptbahnhof von einer großen Gruppe Männer sexuell belästigt und beklaut. Die Täter wurden von Augenzeugen dem Aussehen nach als Nordafrikaner bezeichnet, wodurch die Diskussion um den Flüchtlingszustrom in Deutschland nicht nur angeheizt wurde, sondern auch zu Übergriffen gegen Flüchtlinge führte.

Ist das noch Satire oder Rassismus?

Die umstrittene Karikatur im aktuellen "Charlie Hebdo"-Heft ist mit "Riss" unterzeichnet, dem Pseudonym des Zeichners Laurent Sourisseau. Er hatte den Terroranschlag auf das Büro des Magazins im letzten Jahr überlebt. Am 07. Januar 2015 jährte sich der Anschlag zum ersten Mal. Manche Nutzer werfen ihm und Charlie Hebdo nun Rassismus und Pietätlosigkeit vor.

Andere User sind der Meinung, dass Charlie Hebdo mit dieser krassen Form der Provokation ein größeres öffentliches Interesse und einen stärkeren Diskurs zu diesem Thema erzeuge.

Bewusste Provokation

Es ist nicht das erste Mal, dass Aylan Kurdi in dem Satiremagazin als Karikatur auftauchte. Bereits im September 2015 wurde mit den Worten "Migranten willkommen. So nah am Ziel" eine Zeichnung veröffentlicht, die den ertrunkenen Jungen neben einer McDonald's Werbetafel zeigt. Auf dieser steht: "Zwei Kindermenüs zum Preis von einem". Schon damals fanden viele Nutzer, die Zeitung habe mit dem zynischen Bild die Grenzen der Satire überschritten. Mit Meinungsfreiheit habe das nicht mehr zu tun, heißt es in diesem Tweet. Es sei einfach nur geschmacklos und abstoßend.

Auch dieses Mal dürfte Charlie Hebdo gewusst haben, welche Reaktionen eine derartige Karikatur nach sich zieht.