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Politik

Flüchtlingshelfer in Trumps Hinterhof

Michael Knigge
8. August 2017

US-Präsident Trump hat es auf Städte abgesehen, die Einwanderer ohne legalen Aufenthalt vor der Abschiebung bewahren. Dabei liegt eine solche Zufluchtsstadt gleich bei ihm um die Ecke. Michael Knigge berichtet.

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USA Takoma Park
Ein Schild vor einem Privathaus in Takoma Park: "Egal, woher Sie kommen, wir würden Sie gerne als Nachbarn haben."Bild: DW/M. Knigge

Als Donald Trump im Wahlkampf versprach, als Präsident werde er "mit den Zufluchtsstädten aufräumen", erklärten sich eine Reihe von Großstädten, darunter Trumps Heimatstadt New York, San Francisco und Miami, ebenfalls zu "sanctuary cities", also zu Städten, die illegale Einwanderer schützen wollten. Doch nicht nur Metropolen stellen sich gegen Trumps Politik, sondern auch kleinere Städte und Gemeinden. Darunter ist Takoma Park in Maryland.

"Wir haben seit der Präsidentschaftswahl mit dem Thema zu tun", sagt Kate Stewart, Bürgermeisterin der 17.000-Einwohner-Stadt vor den Toren Washingtons. 31 Prozent der Einwohner von Takoma Park wurden außerhalb der USA geboren, deutlich mehr als der amerikanische Durchschnitt von 13 Prozent, wie es in der offiziellen Statistik heißt. Viele von ihnen stammen aus Afrika und Lateinamerika. Daher ist Takoma Park stärker von Präsident Trumps Maßnahmen gegen Einwanderer ohne Aufenthaltsberechtigung betroffen als andere Städte vergleichbarer Größe.

"Wir haben keine Angst"

Die Trump-Regierung hat nicht nur gedroht, den Zufluchtsstädten, darunter Chicago, Bundesmittel zu entziehen, sondern versucht auch verstärkt, Einwanderer ohne Aufenthaltspapiere aufzuspüren und abzuschieben. In einem Interview lobte Thomas Homan, Chef der US-Einwanderungs- und Zollbehörde ICE, Trump vor Kurzem dafür, dass er "den Strafverfolgungsbehörden die Handschellen abgenommen hat", und sagte, er wolle mehr Beamte zur Durchsuchung von Zufluchtsstädten nach illegalen Einwanderern ansetzen. Das Konzept der Zufluchtsstädte nannte Homan lächerlich.

USA | Kate Stewart
Bürgermeisterin Kate StewartBild: City of Takoma Park

"Solche Erklärungen verbreiten in unserer Stadt Angst und Schrecken, und wir versuchen, dagegen anzukämpfen", sagt Kate Stewart und fügt hinzu: "Wir haben keine Angst." Trotz des Drucks aus Washington hält die Stadtverwaltung von Takoma Park, das wegen seiner linken Politik manchmal "Volksrepublik Takoma Park" genannt wird, am Status als Zufluchtsstadt fest.

"Seit 1985 sind wir Zufluchtsstadt. Wir stehen zu unseren Werten. Wir heißen Menschen willkommen und integrieren sie. Das bedeutet, dass sich alle unsere Einwohner zuhause fühlen können", sagt Stewart. "Unsere Polizei und Verwaltung arbeiten nicht mit der Bundeseinwanderungsbehörde zusammen, wenn es darum geht, Einwanderer ohne Aufenthaltsrecht aufzuspüren. Wir fragen nicht nach dem Aufanthaltsstatus, und dabei soll es bleiben."

Ursprung in den Bürgerkriegen Mittelamerikas

Der Ursprung von Takoma Park als Zufluchtsstadt geht auf die brutalen Bürgerkriege in El Salvador und Guatemala in den 80er Jahren zurück. Damals boten Kirchengemeinden in diesen Ländern Flüchtlingen Kirchenasyl an. Der Stadtrat von Takoma Park unterstützte die Idee damals mit Resolutionen und erklärte Takoma Park selbst zu einer Zufluchtsstadt.

Einige der Familien, die damals aus den Bürgerkriegsländern Mittelamerikas flohen, wohnen noch heute in Takoma Park. Deshalb, so Bürgermeisterin Stewart, sei den Einwohnern besonders bewusst, wie wichtig es sei, Flüchtlingen eine Zuflucht und einen Ort zu bieten, wo man Wurzeln schlagen könne.

USA Festnahmen bei US-Razzien gegen Einwanderer
Donald Trump will alle illegalen Einwanderer abschiebenBild: picture alliance/U.S. Immigration and Customs Enforcement/AP/dpa/C. Reed

Im Gegensatz zu größeren Städten bekommt Takoma Park kaum Bundesmittel. Und es hat bisher auch noch keinen Besuch von Vollzugsbeamten aus Washington bekommen, die illegale Einwanderer finden wollten. Doch der Feldzug des Weißen Hauses gegen die Zufluchtsstädte ist auch hier spürbar.

Die Stadt bleibt standhaft

"Vielleicht werden wir in Zukunft keine weiteren Gelder bekommen", sagt Suzanne Ludlow, die Chefin der Stadtverwaltung. "Das könnten normale Bürger zu spüren bekommen, die dann weniger Unterstützung aus verschiedenen Sozialprogrammen bekommen." Aber, so Ludlow, Trumps harte Haltung gegenüber Einwanderern ohne Aufenthaltsberechtigung trifft die Stadt nicht nur finanziell. "Das wirkt sich auch auf unser Personal aus, denn viele Mitarbeiter kommen aus dem Ausland."

USA Menschen zeigen Solidarität mit Migranten
Solidarität mit Migranten: Amerikaner bei einer Mahnwache in Los AngelesBild: Getty Images/M. Ralstone

Beschäftigte der Stadtverwaltung müssen einen legalen Aufenthaltsstatus haben, also US-Bürger sein oder eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung haben. Jedoch ist es möglich, dass ihren Familienangehörigen dieser Status fehlt. Um mit den damit verbundenen Ängsten fertig zu werden, bietet die Stadt den Betroffenen intern Unterstützung und psychologische Beratung an, sagt Ludlow.

Nach Trumps Wahlsieg hat der Stadtrat über den Status der Gemeinde als Zufluchtsstadt beraten und ihn bekräftigt.

"Ich bin voll dafür", sagt auch Stadtbewohner Kirk Spence. "Egal, was man in Washington macht - wir werden Zufluchtsstadt bleiben, der ganze Bezirk bleibt es. Und was die Sperrung von Bundesmitteln betrifft: Unser Bezirk war nie arm, wir werden damit fertig. Ich mache mir da keine Sorgen."

Stadtführung für Trump?

"Ich bin für Zufluchtsstädte, denn solche Städte schützen ihre Menschen, und schließlich leben die Städte doch erst durch ihre Bewohner", meint Sandra, die ihren wahren Namen nicht nennen will; sie stammt aus El Salvador, wurde aber als Kind von Amerikanern mit griechischen Wurzeln adoptiert.

USA Washington- Donald Trump hält besprechung zur Gesundheitsreform
Trump könnte eine Einladung für eine Stadtführung in Takoma Park bekommenBild: Reuters/K. Lamarque

Seth Grimes, früheres Stadtratsmitglied, schlägt sogar vor, dass Donald Trump sich mal auf den kurzen Weg vom Weißen Haus nach Takoma Park machen soll, um sich selbst ein Bild von der Zufluchtsstadt in seinem Hinterhof zu machen. "Ich bezweifle zwar, dass er je einen Fuß in unsere Stadt setzen wird. Aber sollte er es doch tun, dann wird er ganz schön was zu hören kriegen", prophezeit Grimes. "Wir werden ihm sagen, wie falsch seine Politik ist und dass unsere Politik, Einwanderern eine Zuflucht zu geben, selbst wenn sie keine Aufenthaltspapiere haben, eine lebendige Gemeinschaft und eine starke Wirtschaft schafft."

Gefragt, ob sie bereit sei, mit Präsident Trump einen Stadtrundgang zu machen, entgegnet Bürgermeisterin Stewart: "Wir machen Stadtführungen für jeden. Erstmal würde ich gern unseren Gouverneur Larry Hogan (Anm. d. Red.: ebenfalls ein Republikaner) herumführen. Ich glaube nicht, dass der schon in unserer Stadt war. Und dann würde ich mich zum Präsidenten hocharbeiten."