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Flugzeugabsturz über New York

13. November 2001

Ein Passagierflugzeug ist am Montag auf den New Yorker Stadtteil Queens gestürzt. Mindestens 265 Menschen wurden getötet. Nach den Worten von US-Außenminister Colin Powell handelt es sich "offenbar um einen Unfall".

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Ein Bericht aus New York von Bettina Marx

Es war 9.15 Uhr Ortszeit, als American Airlines Flug 587
nach Santo Domingo vom John F.Kennedy-Flughafen in New York abhob. Doch die Reise endete für die 260 Menschen an Bord nur wenige Minuten später in einem Flammenmeer. Denn nur fünf Meilen weiter südlich stürzte das Flugzeug in ein Wohngebiet des New Yorker Stadtteils Queens.

Zwei Wohnhäuser gingen sofort in Flammen auf, in
Windeseile griff das Feuer auf mehrere Nachbarhäuser über. Über die Zahl der Todesopfer unter den Bewohnern der betroffenen Straßen gibt es derzeit noch keine verläßlichen Zahlen.

Kurz nachdem die ersten Nachrichten über den Absturz über die Agenturen liefen und die New Yorker Fernsehsender ihre Sendungen unterbrachen, um die ersten Bilder der Absturzstelle zu senden, trat nur wenige Kilometer entfernt im Glaspalast der Vereinten Nationen in Manhattan Bundesaußenminister Joschka Fischer an das Rednerpult
der UN-Vollversammlung. Sichtbar betroffen von den Nachrichten aus Queens sprach er den Angehörigen der Opfer und dem amerikanischen Volk sein Beileid aus. Er sei, so Fischer, entsetzt und schockiert.

"Zur Stunde kennen wir noch nicht die Ursache für diese Katastrophe, aber wir sind schockiert und entsetzt, und ich möchte den Angehörigen, den Familien und dem amerikanischen Volk unser tiefes Mitgefühl und Beileid ausdrücken."

Am eigenen Leib hat Fischer an diesem Tag gespürt, welche Stimmung in New York seit den Anschlägen vom 11. September herrscht. Der Absturz des Flugzeugs, dessen Ursachen zunächst nicht klar waren, setzte sofort striktes Sicherheitsmaßnahmen in Kraft. Die Vereinten Nationen wurden abgeriegelt, der Verkehr in der Metropole brach
zusammen, nachdem Brücken und Tunnel geschlossen wurden. Auch die Flughäfen wurden vorübergehend geschlossen und der Luftraum über New York gesperrt.

Für die meisten New Yorker ist der Absturz der American Airlines Maschine ein Déja-Vue-Erlebnis. Denn vor fast auf den Tag genau zwei Monaten waren in Manhattan zwei von Terroristen gekaperte Flugzeuge in das World-Trade-Center geflogen und hatten damit den größten Selbstmordanschlag der Geschichte verübt. In Rockaway, dem Wohngebiet, dass nun vom Absturz betroffen wurde, betrauern die Bewohner noch immer neunzig Nachbarn, die unter den Trümmern des
World-Trade-Center begraben liegen.

Im Weißen Haus in Washington wurde ein Krisenzentrum eingerichtet. Präsident George Bush sagte dem Bürgermeister und dem Gouverneur von New York die Hilfe der Regierung zu. In einem ersten Pressebriefing
zeigte sich White-House-Sprecher Ari Fleischer vorsichtig: "Bezüglich der Frage, ob es sich um Terrorimus handelt,
wiederhole ich, was ich bereits sagte. Erste Angaben sind immer späteren Korrekturen unterworfen. Wir schließen nichts ein und wir schließen nichts aus." Es sei die Politik des Weißen Hauses, Informationen erst nach genauer
Prüfung weiterzugeben. Darum wolle er die Äußerungen anderer Regierungsstellen zu diesem Zeitpunkt noch nicht kommentieren.

Eine nicht identifizierte offizielle Quelle soll erklärt haben, es habe an Bord des Flugzeugs kurz vor dem Absturz eine Explosion gegeben. Fleischer erklärte, eine solche offizielle Stellungnahme gäbe es nicht. Augenzeugen hatten berichtet, eine der beiden Turbinen des Airbus seien kurz vor dem Absturz abgebrochen. Ein Spezialist für Flugzeugbau erklärte in einem amerikanischen Fernsehsender, einen solchen Unfall habe es in den achtziger Jahren schon einmal gegeben.

Doch während die Spezialisten an der Absturzstelle weiter nach der Blackbox suchen, um die Ursachen für den Absturz aufzuklären, bleibt die Spannung in New York spürbar. Das schon vorher extrem dichte Aufgebot an Polizei und Sicherheitskräften wurde noch einmal verstärkt. Zahlreiche Straßen sind mit großen mit Sand gefüllten Lastwagen abgesperrt, auf den großen Avenues in Manhattan wurde eine
eigene Spur für Rettungsfahrzeuge eingerichtet.

Bundespräsident Johannes Rau, der sich derzeit ebenfalls in New York aufhält, mußte seine Termine an diesem Montag auch absagen. Er wollte eigentlich Bürgermeister Rudolf Guiliani treffen und "Ground Zero" besuchen, die Stelle, wo sich vor zwei Monaten das World Trade Center in einen
Haufen Schutt verwandelt hat.