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Flaute im Hafen

Markus Rimmele27. März 2009

Chinas Exporte brechen ein - auf breiter Front. Fabriken haben geschlossen, Millionen Wanderarbeiter ihre Jobs verloren. Der Hafen in Hongkong verzeichnet den stärksten Rückgang des Containerumschlags seit Jahrzehnten.

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Hafen-Terminal von Hongkong (Foto:Paul Hilton)
Container stapeln sich im Hafen von HongkongBild: picture-alliance / maxppp
Chinesische Werft (Foto:ap)
Chinesische Hafenarbeiter haben derzeit wenig zu tunBild: AP

Der Abend ist hereingebrochen, Containerberge türmen sich in den dunklen Himmel. Nur an den Verladestationen ist noch Leben. Flutlicht taucht die stählernen Hebekräne in ein düsteres Gelb. Auf Schienen rollt einer von ihnen hin und her, greift sich einen Container, fährt vor, setzt den Container um, fährt zurück, holt den nächsten. Er scheint ein wenig aufzuräumen im Hafen. "Es gibt nicht viel zu tun gerade", sagt der Kranfahrer Ken Wong. "Das sind schlechte Zeiten. Ich verdiene nicht einmal die Hälfte im Vergleich zum letzten Jahr." Wong wird vom Terminal-Betreiber flexibel nach Einsatztagen bezahlt. Zur Zeit arbeitet er nur zwölf bis 13 Tage im Monat. Das ergibt nicht einmal 700 Euro.

Der stärkste Einbruch seit 30 Jahren

Hafen von Schanghai (Foto:dpa)
Shanghai besitzt den größten Containerhafen der WeltBild: dpa

Die weltweite Krise hat Hongkongs Lebensnerv getroffen, den Containerhafen. Er ist ein Gigant unter den Häfen der Welt, eine der Logistik-Zentralen im globalen Handel. Fast 40.000 Schiffe kommen hier pro Jahr an. Gemessen an der Zahl umgeschlagener Container ist der Hongkonger Hafen nach Shanghai und Singapur der drittgrößte der Welt. Doch die rosigen Zeiten sind fürs erste vorbei. In Hongkong ist messbar, was der globale Konsumeinbruch wirklich bedeutet.

Sunny Ho kennt die Zahlen genau. Er ist der Vorsitzende im Rat der Hongkonger Frachtunternehmer. Für die ersten drei Monate dieses Jahres erwartet er einen Rückgang des Containerumschlags um 25 Prozent. "Das ist der stärkste Einbruch seit 30 Jahren. Und diese Zahlen sind sogar noch geschönt, weil hier auch die vielen leeren Container mit eingerechnet sind, die wegen der Krise in die Depots verfrachtet werden."

Gleich hinter der Hongkonger Stadtgrenze beginnt eines der größten Industriegebiete der Welt, das Perlflussdelta. Die Region erzeugt ein Drittel des gesamten chinesischen Exports. Ein Großteil dieser Waren verlässt das Land über den Hafen in Hongkong. Der Nachfrage-Einbruch in den USA und in Europa schlägt direkt auf die Stadt durch. Die Arbeitslosigkeit könnte in diesem Jahr auf über sieben Prozent ansteigen. Das ist sehr viel für Hongkong.

Zeichen der Krise: Container-Depots platzen aus allen Nähten

Auch im Stadtbild macht sich die Krise des Frachtgeschäfts bemerkbar. In Tin Shui Wai, kurz vor der Grenze mit Festland-China, liegt das größte Container-Depot Hongkongs. Hier stapeln sich die leeren Metallboxen in Massen, immer acht Stück übereinander. Die Krise hat sie überflüssig gemacht. "Wir haben jetzt schon doppelt so viele Container wie im letzten Jahr", sagt der Depot-Betreiber Mark Chan. "In diesem Jahr erwarten wir einen Zuwachs um noch einmal 100 Prozent."

In absoluten Zahlen heißt das: 200.000 Container sind bereits in Hongkongs Depots, die gleiche Menge kommt noch einmal hinzu. Die Container-Lawine rollt. Hongkong sucht händeringend nach neuen Lagerplätzen. Mark Chan macht gerade ein kleines Vermögen mit seinem Container-Depot. So gut lief sein Geschäft noch nie. Für China und Hongkong ist das ein düsteres Omen.

Containerschiff
Ein Bild aus besseren Tagen: Voll beladene Containerschiffe nehmen kaum noch Kurs auf HongkongBild: AP