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Fischer fürchtet außenpolitischen Schaden

26. April 2005

"Ich bin der letzte, der frei von Fehlern ist." Das räumte Bundesaußenminister Joschka Fischer in seiner Vernehmung vor dem Visa-Untersuchungsausschuss ein. Zurücktreten wolle er jedoch nicht.

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Medienrummel um Fischers Befragung durch den AusschussBild: AP

Fischer sagte, für den umstrittenen Volmer-Erlass vom März 2000 ("Im Zweifel für die Reisefreiheit") trüge er die Verantwortung: "Ich schlage darum vor, künftig vom Fischer-Erlass zu sprechen." Sein Fehler sei es gewesen, bei den Missständen an der deutschen Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt Kiew "nicht früh genug und nicht schnell genug eingegriffen" zu haben. Er habe von den Missständen vor seinem Kiew-Besuch im Sommer 2000 erfahren, sie aber vor allem als "Ressourcen- und Personalproblem" eingestuft.

Beim Arzt?

Joschka Fischer vor dem Visa-Untersuchungsausschuss
Bundesaussenminister Joschka Fischer passiert den Eingang waehrend einer Mittagspause im Gebaeude, wo der Untersuchungsausschuss des Bundestages den sogenannten Visa-Skandal untersuchteBild: AP

Fischer zeigte sich bei seiner bis zum späten Montagabend (26.04.2005) dauernden und im Fernsehen übertragenen Befragung angriffslustig. Er warf der Union vor, die Visaprobleme zu skandalisieren und damit außenpolitischen Schaden anzurichten. Man wolle ihn diffamieren, "dies ist niederträchtig", sagte er. Als der Ausschussvorsitzende Hans-Peter Uhl (CSU) ihn drängte, nochmals zu einer früher angesprochene Frage antworten, sagte er: "Bin ich hier beim Arzt, der meine Erinnerungsfähigkeit testen soll?" Wenn die Opposition seine Ablösung wolle, solle sie diese im Bundestag beantragen. "Wenn Sie dann die Mehrheit haben, sind Sie mich los."

FDP-Obmann Hellmut Königshaus wertete die Aussage des Ministers als "politisches Geständnis". Auch für CDU/CSU-Obmann Eckart von Klaeden hatte sie "Geständnischarakter". Die Ausführungen belegten zudem, dass der Minister sein Haus nicht im Griff habe. Der Unionsfraktions-Vize Wolfgang Schäuble forderte im Fernsehsender "Phoenix" erneut den Rücktritt des Ministers.

Rücktrittsforderungen

Fischer bekräftigte am späten Montagabend, die Union müsse von sich aus im Bundestag einen Antrag auf seine Entlassung stellen, wenn sie wirklich seine Ablösung betreiben wolle. Er habe während seiner Vernehmung nichts zu verbergen gehabt und versucht, "nach bestem Wissen und Gewissen die Wahrheit zu sagen".

Die Opposition wies erneut auf die Erinnerungslücken des Ministers hin. Von Klaeden nannte es unglaubwürdig, dass Fischer über Jahre hinweg nichts von der Visa-Praxis in Kiew gewusst haben will. Fischer hatte etwa auf die Frage, ob er zwischen 2000 und 2003 von Botschaftern auf Missstände angesprochen worden sei, geantwortet: "Mir liegt da keine Erinnerung vor."

Weitere Vernehmungen

Sowohl die Vertreter der Koalition als auch die der Opposition im Ausschuss zeigten sich zufrieden mit dem Verlauf der Vernehmung. Die Opposition hatte sich offen gehalten, Fischer erneut vor den Ausschuss zu laden. Nach den Worten des Ministers bringt dies mehr Transparenz und "wird dem Parlament gut tun".

Nach Ansicht von SPD-Obmann Olaf Scholz ist der Ausschuss nach der Vernehmung Fischers nun "weniger spannend geworden". Die Union habe mit ihren Fragen eine "schlechte Performance" gegeben. Das liege zum Teil auch daran, dass sich aus den Akten nichts ergeben habe. "Es hat Fehlentwicklungen gegeben, aber keinen Skandal", bekräftigte Scholz. Nach derzeitigem Stand stehen noch acht Sitzungen im Ausschuss an. Am vorläufig letzten Termin, dem 8. Juli, wird Innenminister Otto Schily (SPD) vor dem Gremium erwartet. (mas)