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Zum Tod von Kurt Maetzig

Jörg Taszman10. August 2012

Er war einer der großen Regisseure des deutschen Kinos: Kurt Maetzig. Jetzt starb die Regielegende im Alter von 101 Jahren. Maetzig schuf wichtige Filme für die Defa, die er auch mitbegründete.

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Kurt Maetzig posiert 2010 im Kino Babylon in Berlin für den Fotografen (Foto: dpa)
Filmpionier Kurt MaetzigBild: dapd

Geboren am 25.01.1911 in einer bürgerlichen Wohngegend am Berliner Lietzensee im Westteil der Stadt machte Kurt Maetzig in der DDR als Filmregisseur Karriere. Der Sohn einer jüdischen Mutter, die sich aus Angst vor der Deportation das Leben nahm, flirtete schon früh mit sozialistischen Ideen und war schon immer ein Tüftler.

Begründer der DEFA und Vater des "Augenzeugen"

Noch 1944 trat Kurt Maetzig, der von Freunden in Werder bei Potsdam versteckt wurde, der illegalen KPD bei. Damals freundete er sich auch mit sowjetischen Kriegsgefangenen an. Die Befreiung durch die Rote Armee erlebt Kurt Maetzig nach eigenem Bekunden als eine echte Befreiung vom Faschismus. Er wird zu einem der Gründungsmitglieder der ostdeutschen DEFA, der einzigen Produktionsgesellschaft für Filme in der späteren DDR. Den Beginn der Filmkarriere markiert die DEFA-Wochenschau "Der Augenzeuge", als deren Erfinder er gilt. Damit wollte sich der engagierte Kommunist ganz deutlich von der Propaganda der Nazis absetzen. Als auch "Der Augenzeuge" immer propagandistischer wird, dreht Kurt Maetzig 1947 seinen ersten Spielfilm.

Ein Bambi für "Ehe im Schatten"

In seiner ersten Regiearbeit "Ehe im Schatten" verarbeitet Kurt Maetzig auch den Tod der Mutter. Frei nach der Novelle von Hans Schweikart "Es wird schon nicht so schlimm" verfilmt Maetzig das Schicksal des beliebten Schauspielers Joachim Gottschalk, der sich wie Maetzigs Vater auch "pro Forma" von seiner jüdischen Frau scheiden ließ. Später ging Gottschalk dann mit seiner Frau in den Freitod. Es ist der erste deutsche Spielfilm, der die Judenverfolgung im Nationalsozialismus thematisiert. In allen vier Berliner Sektoren startet der Film im Oktober 1947 und erreicht in ganz Deutschland ein Millionenpublikum. Kurt Maetzig erhält ein Jahr später sogar einen Bambi für den "Besten Nachkriegsfilm".

Szene mit mehreren Personen aus dem Film Das Kaninchen bin ich (Foto: Filmmuseum Babelsberg)
Verboten: "Das Kaninchen bin ich"Bild: Filmmuseum Babelsberg

Cannes und Ideologie

Mit seinem zweiten Spielfilm "Die Buntkarrierten" nimmt die DDR erstmals am Filmfestival in Cannes teil. Schon sein dritter Film "Der Rat der Götter" über die Verstrickung von Ärzten beim Massenmord durch Zyklon B, findet in der Bundesrepublik Deutschland keinen Verleih mehr. Der "Kalte Krieg" bestimmt das Geschehen und auch die DEFA dreht Propagandafilme. Kurt Maetzig erhält dann von der Partei den Auftrag, dem ehemaligen KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann ein filmisches Denkmal zu setzen. Der in Farbe gedrehte monumentale Zweiteiler "Ernst Thälmann" (1954/55) lässt dann auch sämtliche politische Nuancen vermissen. Kurios allerdings, dass der Film 1960 zensiert wird. Alle Szenen mit dem damals noch "weisen" Josef Stalin werden entfernt. Jahre später distanziert sich Kurt Maetzig von dem Film.

Tauwetter und Zensur

Nach dem Mauerbau 1961 findet in der DDR auf kulturellem Gebiet eine kurze Tauwetterperiode statt. Bisher ungeliebte Autoren dürfen Bücher veröffentlichen und bei der DEFA entstehen Filme über den Alltag in der DDR, die durchaus kritische Fragen stellen. Auch Kurt Maetzig dreht 1965 mit "Das Kaninchen bin ich" ein bemerkenswertes Werk, das kritisch die Rolle eines DDR-Richters hinterfragt, der einen jungen Mann wegen "staatsfeindlicher Hetze" zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Ausgerechnet die 19-jährige Schwester des Inhaftierten verliebt sich in den Karrieristen und entlarvt den Mann dann aber als Opportunisten. Wie fast die gesamte Jahresproduktion 1965 wird auch "Das Kaninchen bin ich" zusammen mit Filmen wie "Spur der Steine" auf direkte Weisung der SED verboten. Das Parteimitglied Kurt Maetzig übt in einem Brief öffentliche Selbstkritik, um weitere Filme drehen zu können.

Die Regisseure Kurt Maetzig und Günter Reisch 2009 (Foto: dpa)
Dekoriert, aber auch verboten: Kurt Maetzig, hier mit Regiekollegen Günter ReischBild: picture alliance/dpa

Der pensionierte Tüftler

Erst nach der politischen Wende im November 1989 darf "Das Kaninchen bin ich" wieder aufgeführt werden. Zu dieser Zeit ist Kurt Maetzig aber schon Rentner. Immer wieder hat er sich für neue Filmtechniken und Genres begeistert, drehte unter anderem 1959/60 auch den ersten Science Fiction-Film der DEFA "Der schweigende Stern". Im hohen Alter besorgt sich Kurt Maetzig noch zu DDR-Zeiten einen Computer und beginnt sich fürs Internet zu interessieren. Bereits 1935 hatte der Filmtüftler seine erste theoretische Abhandlung geschrieben: "Das Rechnungswesen einer Film-Kopieranstalt". Zu seinem 90. Geburtstag schenkte die DEFA-Stiftung dem bedeutenden Filmpionier und Filmemacher dann eine Homepage: www.kurt-maetzig.de