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Filmfestspiele laufen auf Hochtouren

Silke Bartlick/Suse Merten/(fro)13. Februar 2002

Morgens nach den Karten anstehen, abends ein Flimmern vor den Augen haben und dazwischen Kino, Kino, Kino. So vergehen die Tage auf der Berlinale. Die erste Woche ist fast vorbei – Zeit für eine Zwischenbilanz.

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Acht fantastische Frauen aus FrankreichBild: AP

Der bisherige Wettbewerbsrenner der diesjährigen Berliner Filmfestspiele kommt aus Frankreich, "8 femmes" ("Acht Frauen") von Francois Ozon. Bei diesem Film nahm der Beifall der Zuschauer kein Ende. Die Geschichte ist schnell erzählt.

In einer Winternacht irgendwann in den 50er Jahren wird Marcel, wohlhabender Industrieller, in seinem Schloss erstochen. Als Täter kommen nur Frauen in Frage: Seine Ehefrau, zwei Töchter, Schwiegermutter, Schwägerin, Köchin oder Schwester. Das Besondere an diesem Film sind nicht die Auflösung des Falls oder die Musicaleinlagen - obgleich die Stücke wunderbar witzig und gleichsam melancholisch sind - sondern die Besetzung der Rollen. Acht französische Weltstars aus jeder Altersgruppe - angefangen bei Catherine Deneuve über Emmanuelle Beart bis hin zu Isabelle Huppert - agieren hier gemeinsam vor der Kamera. Mit herrlich spitzer Zunge verdächtigen sie sich gegenseitig und lüften die Geheimnisse der anderen. Ozon ist es gelungen, dass sich die Stars nicht an die Wand spielen, sondern gemeinsam eine herrlich witzige Geschichte erzählen.

"Monster’s Ball"

Szene aus dem Film "Monster's Ball" Berlinale Wettbewerb

Im amerikanischen Wettbewerbsbeitrag "Monster's Ball" ist Hank ein Henker in einem Gefängnis in Georgia. Genauso wie schon sein Vater begleitet er die zum Tode Verurteilten auf ihrem letzten Gang zum elektrischen Stuhl. Und auch sein Sohn Sonny soll nun zum ersten Mal allein verantwortlich sein für die Hinrichtung eines schwarzen Verbrechers. Doch Sonny ist dieser Situation nicht gewachsen. Hank ist von ihm mehr als enttäuscht. Den Hass seines Vaters nicht ertragend bringt sich Sonny um.

Was bis dahin eine beeindruckende Studie über das Leben im Süden der USA war - angefangen vom Rassenhass, der klebrigen Hitze bis zu seinen wortkargen Bewohnern - wird jetzt zur Erleuchtungsgeschichte von Hank. Er kündigt seinen Job und verliebt sich in Leticia, die Frau des Hingerichteten. Die erste Hälfte von "Monster's Ball" überzeugt auf ganzer Linie, nicht zuletzt auf Grund der schauspielerischen Leistungen von Billy Bob Thornton und seiner Partnerin Halle Berry. Doch die komplette Verwandlung vom Saulus zum Paulus, vom Schwarzen hassenden Henker zum liebenden Tankstellenbesitzer, wirkt sehr unglaubwürdig.

"Ludmillas Stimme"

Auch dieser Dokumentarfilm fand bei seiner Vorführung große Beachtung. In "Ludmillas Stimme" von Gunnar Bergdahl erzählt eine junge Frau ihre Geschichte. Sie hat ihren Mann verloren und wegen der Tschernobyl-Katastrophe auch ihr Neugeborenes. Heute lebt sie in einer Kiewer Neubausiedlung inmitten anderer Evakuierter. Der Film verzichtet auf Katastrophenbilder und konzentriert sich auf das, was da ist: das eigentlich Furchtbare, das Leben mit einem allgegenwärtigen Tod, der es vorzieht, unsichtbar zu bleiben.

Die Jury und die Bären

Preise werden im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele zuhauf verliehen, die begehrtesten sind dabei natürlich die Bären im Wettbewerb. Auf Ehrenbären können sich bereits zwei Filmidole freuen. Die italienische Filmschauspielerin Claudia Cardinale und der amerikanische Regisseur Robert Altman erhalten die Auszeichnung für ihr Lebenswerk. Altman, der 77-jährige Hollywood-Veteran, ist auch in diesem Jahr im Wettbewerb vertreten. Sein neuester Film "Gosford Park" läuft dort außer Konkurrenz.

Oskar Röhler beim Deutschen Filmpreis 2001
Bild: Askania Media

In der Berlinale-Jury sitzt in diesem Jahr der deutsche Regisseur Oskar Roehler. Für ihn ist das ein Genuss: "Ich gehe seit 26 Jahren auf die Berlinale und ich bin immer ein fanatischer Besucher gewesen. Selbst als ich nach Berlin kam und überhaupt kein Geld hatte und keine Tickets bin ich überall reingeschlichen. Ich bin im Pulk ins Delphi reingelaufen mit 100 Mann und bin auch dann weitergerannt, wenn man versucht hat mich aufzuhalten."

Heute muss er sich nicht mehr ins Kino schmuggeln. Im Gegenteil: Zusammen mit neun Schauspielern, Produzenten und Kritikern entscheidet Roehler - unter dem Vorsitz der indischen Jury-Präsidentin Mira Nair - darüber, wer zum Schluss den Goldenen und Silbernen Bären in den Händen halten wird. Eine ehrenvolle Aufgabe.