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Film

Festival-Ehrenpreis für Märchen-Regisseur Vorlicek

Peter Kremski
7. Juli 2017

Seine Filme wie "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" sind nicht nur Klassiker, sondern längst Kult. Dafür wird der Altmeister des tschechischen Märchenfilms nun geehrt. Aber auch der Wettbewerb hat Spannendes zu bieten.

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Festival Karlovy Vary | Václav Vorlicek
Bild: Film Servis Festival Karlovy Vary

Lange Zeit wurden auf dem traditionsreichen Filmfestival im tschechischen Kurort Karlovy Vary (Karlsbad) ganz allgemein Persönlichkeiten des internationalen Films mit dem Ehrenpreis des Festivalpräsidenten ausgezeichnet - für ihre Beiträge zum Weltkino. Seit ein paar Jahren ist das anders. Inzwischen werden mit diesem Preis an erster Stelle heimische Schauspieler und Regisseure und deren künstlerische Leistungen für das tschechische Kino gewürdigt.

2017 geht der Ehrenpreis für das Lebenswerk an den Autor und Regisseur Václav Vorlicek. Sein Name wird vielen in Deutschland vielleicht kaum bekannt sein, doch seine Filme kennen die meisten, vor allem durch die Wiederholungen im Fernsehen. So genießt beispielsweise sein berühmter Märchenfilm-Klassiker "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" hierzulande Kultstatus als Weihnachtsfilm, ohne den Weihnachten so wenig denkbar ist wie Silvester ohne "Dinner for One". Auch im tschechischen Heimatland ist er längst fester Bestandteil der Weihnachtskultur.

Filmstil "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" von Vaclav Vorlicek (Foto: Filmové studio Barrandov)
Weihnachts-Kultfilm: "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel"Bild: Filmové studio Barrandov

Mit diesem von weltweiten Fans zum "Märchenfilm des Jahrhunderts" ausgerufenen Glanzstück aus dem Jahre 1973 hat Václav Vorlicek zu dem Genre gefunden, mit dem sein Name immer verbunden sein wird. Dass er sich vor wenigen Jahren geweigert haben soll, den Stoff neu und diesmal mit rein deutscher Besetzung zu verfilmen, zeigt, dass er sich des unübertrefflichen Charmes des Originals sehr bewusst ist.

Phantastische Komödien

Er selbst hat sich immer als Komödien-Regisseur verstanden. Seine Filme besitzen einen skurrilen Humor, der schon in seinen frühen Filmen der 1960er Jahre voll zur Geltung kommt. In "Wer will Jessie umbringen?" aus dem Jahre 1966 werkelt ein Wissenschaftler-Ehepaar in einem dilettantischen Selbstversuch an einem Projekt zur Traumkontrolle, um friedlichere Träume zu kreieren. Das geht allerdings kräftig schief: Die Traumfiguren, in Gestalt von Comic-Charakteren, fallen stattdessen in die reale Welt ein.

Filmstil "Das Mädchen auf dem Besenstiel" (Foto: Filmové studio Barrandov)
Harry Potter voraus: "Das Mädchen auf dem Besenstiel"Bild: Filmové studio Barrandov

In der Fantasy-Komödie "Das Mädchen auf dem Besenstiel" von 1972, auch bekannt als "Saxana, die Hexe", sind es dann Figuren aus dem Hexenreich, die den Weg in die Menschenwelt finden und dort für aberwitzige Verwicklungen sorgen.

Der exzessive Austausch zwischen Fantasy-Welt und realer Welt erreicht seinen absoluten Höhepunkt 1979 in der Fernsehserie "Die Märchenbraut" mit phantastischen Figuren wie dem Zauberer Rumburak und der Märchenprinzessin Arabela auf der einen Seite und den Helden des Kleinbürgertums auf der anderen, vollendet verkörpert von der Familie Majer. Unvergesslich wie Vater Majer zeitweise in einen Dackel verwandelt wird, nachdem er zuvor aus Versehen den bösen Wolf der Märchenwelt erschossen hat.

Zu Ehren von Václav Vorlicek werden in Karlovy Vary die Kinofilme "Wer will Jessie umbringen?" und "Das Mädchen auf dem Besenstiel" gezeigt. Vor sechs Jahren erst hat Vorlicek mit "Saxana und die Reise ins Märchenland" eine Fortsetzung vom "Mädchen auf dem Besenstiel" gedreht, vermutlich wegen des weltweiten Erfolgs der "Harry Potter"-Filme. Das soll nicht sein letztes Werk gewesen sein: Zurzeit arbeitet der 87-Jährige an einem neuen Märchenfilm-Projekt.

Filmstil "Die Märchenbraut" (Foto: WDR)
Tschechische Fantasy-Kultserie: "Die Märchenbraut", mitproduziert vom deutschem Fernsehsender WDRBild: WDR

"Ich glaube, diese Tollheiten der damaligen Zeit wären ohne deutsche Produktionsbeteiligung niemals entstanden", sagte Václav Vorlicek in einem Interview mit dem tschechischen Fernsehen. Bei "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" habe damals das ostdeutsche Filmunternehmen DEFA stark hinzu finanziert, bei "Die Märchenbraut" der westdeutsche öffentlich-rechtliche Fernsehsender WDR.

Vier Wettbewerbsfilme mit deutscher Beteiligung

Dass dieses Finanzierungsmodell auch heute noch gilt, lässt sich auch an einigen Filmen des Internationalen Wettbewerbs ablesen. Vier von zwölf Filmen der qualitativ beeindruckenden Hauptsektion des Festivals sind mit deutscher Beteiligung entstanden. Die Filmemacher stammen aus Russland, Bosnien, Georgien und Israel. Die Handlungen ihrer Filme sind auch in diesen Ländern verortet, nur der israelische Film spielt streckenweise auch in Deutschland. Die Hauptfigur in "The Cakemaker" ist nämlich ein junger deutscher Zuckerbäcker, den es der Liebe wegen nach Jerusalem verschlägt. Es ist der einzige der vier Filme, der von der Handlung her auch als Co-Produktion erkennbar ist.

Filmstil "The Cakemaker", internationaler Wettbewerb Karlovy Vary (Foto: Film Servis Festival Karlovy Vary)
Subtiler Film über die Liebe: "The Cakemaker", israelisch-deutsche Koproduktion im WettbewerbBild: Film Servis Festival Karlovy Vary

"The Cakemaker" von Ofir Raul Graizer ist einer der wenigen Wettbewerbsfilme, die von der Liebe handeln, wobei sich der Regisseur dem Thema mit großer Zärtlichkeit widmet. Den "Kuchenmacher" Thomas verbindet in Berlin eine homosexuelle Liebesgeschichte mit einem israelischen Geschäftsmann, der aber immer wieder nach Jerusalem zu Frau und Kind zurückkehrt. Als dieser in Jerusalem einem tödlichen Unfall zum Opfer fällt, reist Thomas in die ihm fremde Stadt, um Näheres zu erfahren. Dort wird er zum Partner der Witwe, die ebenfalls ein Café besitzt, das aber unter strengen koscheren Vorgaben zu führen ist. Auch mit ihr verbindet ihn schließlich eine Liebesgeschichte.

Die ebenfalls mit Geld aus Deutschland finanzierten Filme "Men Don't Cry" (Bosnien) und "Khibula" (Georgien), widmen sich dagegen Themen mit Kriegshintergrund. Und "Arrhythmia" (Russland), der vierte Film mit deutscher Beteiligung, handelt von der aufreibenden Arbeit russischer Notfallsanitäter im Kampf gegen widerwillige Patienten, restriktive Arbeitsbedingungen, korrupte Vorgesetzte, genervte Ehefrauen und den Absturz in den Alkohol.

Das Internationale FilmfestivalKarlovy Vary gehört zu den weltweit führenden Filmfestivals und ist das wohl bedeutendste Osteuropas. Die 52. Ausgabe fand vom 30. Juni bis zum 8. Juli 2017 statt.