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"Der junge Karl Marx" bei der Berlinale

Jochen Kürten
12. Februar 2017

Die Oktoberrevolution lässt grüßen. Pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum tauchen Karl Marx und Friedrich Engels in einem Film auf der Berlinale auf. Regisseur ist der in Haiti geborene Raoul Peck.

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Filmstill Berlinale Special - Der junge Karl Marx
Männer mit revolutionären Gedanken unterm Zylinder: Marx (August Diehl, r.) und Engels (Stefan Konarske)Bild: Kris Dewitte

Der Bart muss ab, zumindest symbolisch. So fordert es jedenfalls Raoul Peck. Gemeint ist der Rauschebart von Karl Marx. "Der alte Bart verdeckt nicht nur das Gesicht von Marx", meint Peck: "Im Jahr 2017 verdunkelt er die Möglichkeit einer bedachten Reflexion und Auseinandersetzung."

Raoul Peck, 1953 in Port-au-Prince geboren, inszeniert seit vielen Jahren Filme. Aufgewachsen ist er im damaligen Zaire (heute Demokratische Republik Kongo), in den USA und in Frankreich, in Berlin hat er Wirtschaftsingenieurwesen und Film studiert. Vor zwei Jahrzehnten war er auch Kulturminister in Haiti.

Drei junge Leute schreiben ein Manifest

Seinen neuen Film "Der junge Karl Marx" hat er jetzt auf der 67. Berlinale vorgestellt. Peck zeigt die kurze, intensive Zeit vor der Veröffentlichung des "Kommunistischen Manifests" im Jahre 1848. Marx, damals Mitte Zwanzig, lernt in Paris Friedrich Engels kennen. Der Sohn eines Fabrikbesitzers aus Wuppertal, bringt reichlich praktische Erfahrung aus England mit. In Manchester betreibt sein Vater eine Textil-Fabrik. Marx und Engels freunden sich an. Gemeinsam mit Jenny, der Frau von Marx, entwickeln die jungen Leute das Kommunistische Manifest. Der Text soll all das bündeln, was den Dreien auf den Nägeln brennt in einer Zeit tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen.

Le jeune Karl Marx | The Young Karl Marx | Der junge Karl Marx
Raoul PeckBild: L. Sipa

"Der Film begleitet Marx und Engels in ihrer Jugend, er zeichnet ihre unerschütterliche Freundschaft nach und zeigt, wie ein einzigartiges Trio durch die Entbehrungen entsteht, die sie in ihrer turbulenten Jugend erlebt haben", beschreibt Peck sein Werk. Er habe "die Atmosphäre der fiebrigen Zeit der Industrialisierung als Realität" entstehen und den Betrachter teilhaben lassen wollen am Europa der 1840er Jahre: "Fabriken der Schwerindustrie in England, das extreme Elend und der Schmutz der Straßen von Manchester und im Kontrast die goldene Wärme der Pariser Paläste, die Energie einer Jugend, die die Welt verändern will und dabei die törichten Schwellen der Ungleichheiten wiederherstellen wird."

Paris und Manchester als Kulisse

Peck hat einen historischen Film gedreht. August Diehl mimt Karl Marx, Stefan Konarske ist Friedrich Engels und Vicky Krieps spielt Jenny Marx. Das Paris des 19. Jahrhunderts sowie die Baumwollfabriken in England dienen als Kulissen, das Ganze ist im Stil eines etwas biederen, allzu sauberen Fernsehspiels inszeniert.

Berlinale 2017 – Der junge Karl Marx
Streit unter Linken, kaum Einigkeit: Sozialdemokraten, Sozialisten, Kommunisten in "Der junge Karl Marx"Bild: Kris Dewitte

Doch wichtiger als ästhetische Experimente und Filmkunst ist vielleicht sowieso das Thema des Films. Im 100. Jahr der Erinnerung an die Oktoberrevolution und im Zeitalter einer Welt zwischen Globalisierung und neuem nationalen Denken kommt die Beschäftigung mit dem Marxismus gerade recht. Und sei es in Form eines populären Films, der einem großen Publikum zeigt, wie es zu dem berühmten Manifest gekommen ist.

Ein höchst aktuelles Thema: Die soziale Ungleichheit in der Welt

Im Schatten des großen Bartes von Karl Marx habe man vergessen, was der eigentliche Kern der Botschaft gewesen sei, meint Peck: "Er verhindert den tatsächlichen Beitrag dieses wissenschaftlichen und politischen Denkers zu entdecken, seine außergewöhnliche Kraft der Analyse, seine humanistischen Bestrebungen, seine berechtigten Sorgen über, zum Beispiel die Verteilung des Wohlstands, die Kinderarbeit, die Gleichstellung der Geschlechter, die Ausdehnung der Märkte, die Globalisierung, usw. - Themen von höchster Aktualität, in Europa und anderswo."

Le jeune Karl Marx | The Young Karl Marx | Der junge Karl Marx
Linkes Duo mit Frau: Jenny Marx (Vicky Krieps) schreibt mit am ManifestBild: F. Batier

Im März auch bundesweit in den Kinos

Nach den Premieren-Aufführungen bei der 67. Berlinale in der Reihe "Berlinale Special" kommt Raoul Pecks Film "Der junge Karl Marx" am 2. März in die deutschen Kinos. Im November steigen dann die Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag der Revolution in Russland. Es wird also noch genügend Gelegenheiten geben über Pecks Film und seine Botschaft zu diskutieren. Einen Starttermin für den Film in Russland gibt es im Übrigen noch nicht.