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Terrorismus

Großfahndung nach Dschabr al-Bakr

9. Oktober 2016

Er konnte entkommen, obwohl die Polizei in Chemnitz einen Warnschuss abgab. Nun ist der Terrorverdächtige auf der Flucht. Der Generalbundesanwalt hat den Fall übernommen. Die Polizei gab weitere Details bekannt.

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Polizeieinsatz in Chemnitz
Bild: picture alliance / dpa

Nach dem brisanten Sprengstoff-Fund in Chemnitz hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Ermittlungen in dem Terrorfall an sich gezogen. Die bisherigen Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass der gesuchte 22-jährige Syrer namens Dschaber al-Bakr einen "islamistisch motivierten Anschlag" durchführen wollte, sagte eine Sprecherin der Behörde. Wegen der besonderen Bedeutung ermittle nun die Bundesanwaltschaft. Es gehe um den Verdacht einer schweren, staatsgefährdenden Gewalttat. Der Fall werde von den Sicherheitsbehörden als außerordentlich ernst eingestuft.

Am Sonntag war bekannt geworden, dass der Hauptverdächtige bei der Anti-Terror-Razzia in Chemnitz der Polizei knapp entwischen konnte. Die Beamten gaben am Samstag in dem Plattenbau-Viertel einen Warnschuss ab und sahen al-Bakr auch, konnten ihn aber nicht fassen. Das Landeskriminalamt (LKA) wies Vorwürfe zurück, dies sei eine Panne gewesen. In dem noch nicht geräumten Haus habe man zu Recht Sprengstoff vermutet, sagte ein LKA-Sprecher. "In so einer Situation können wir nicht ins Risiko gehen", so der Sprecher.

Neuer Fahndungsaufruf

Bei der anschließenden Erstürmung einer Wohnung, in der sich der flüchtige Syrer aufgehalten hatte, waren mehrere Hundert Gramm eines hochexplosiven Sprengstoffs gefunden worden. Nun wird bundesweit nach dem Mann gefahndet, der Kontakte zur Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) haben soll.

Fahndung nach Syrer Dschaber Al-Bakr nach Sprengstoff-Fund in Chemnitz
Die ersten Fahndungsbilder von Dschaber al-BakrBild: picture-alliance/dpa/Polizei Sachsen

Die Polizei veröffentlichte am Abend einen neuen Fahndungsaufruf und weitere Details über den Verdächtigen. Beschrieben wird Dschaber al-Bakr von der Polizei wie folgt: 170 bis 175 Zentimeter groß und schlank. Sein Gang sei ohne Körperspannung, er "schlurfe" und halte oft den Kopf schräg. Besonderes Merkmal sei ein Muttermal auf der linken Wange in Höhe des Mundwinkels. Laut ersten Polizeiangaben soll er mit einem schwarzen Kapuzenpulli bekleidet sein - vorne mit einem weiß-orangefarbenen Muster mit der Aufschrift "Project". Zudem soll er hellbraune Kunstlederschuhe mit Schnürsenkeln tragen und einen schwarz-weißen Rucksack der Marke "Nike" bei sich tragen.

Zwischenzeitlich wurden in Chemnitz mehrere weitere Personen in Gewahrsam genommen und befragt. Sie sollen Kontakt zu dem gesuchten Syrer gehabt haben. Der festgenommene Mieter der erstürmten Wohnung wird weiterhin der Mittäterschaft verdächtigt. Er wurde am Sonntag weiter befragt.

DW-Terrorexperte Dan Hirschfeld zum Stand der Chemnitzer Fahndung

Unklar ist, ob der flüchtige Hauptverdächtige eine Waffe oder weiteren Sprengstoff bei sich trägt. Dschaber al-Bakr kam vor einigen Monaten nach Deutschland und wurde als Flüchtling anerkannt. Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR fanden sich in der Chemnitzer Wohnung etwa 500 Gramm bereits gemischter Sprengstoff und etwa ein weiteres Kilo Chemikalien, die zum Bombenbau geeignet sind. Außerdem stellte die Polizei Zünder sicher und Teile, die nach erster Bewertung zur Herstellung von Rohrbomben gedient haben könnten.

Der Hinweis auf den Mann war vom Bundesamt für Verfassungsschutz gekommen. Äußern wollte sich der Verfassungsschutz am Sonntag allerdings nicht, man verwies in Köln auf das zuständige Landeskriminalamt. Die für Flughäfen und Bahnhöfe zuständige Bundespolizei erhöhte nach den Vorfällen in Chemnitz die Sicherheitsvorkehrungen. Am Berliner Flughafen Schönefeld soll der verstärkte Polizei-Einsatz bis mindestens Montagmorgen andauern.

TATP - ein hochexplosiver Stoff

Spezialisten hatten den gefundenen Sprengstoff am Samstagabend kontrolliert detonieren lassen. Es handelt sich Medienberichten zufolge um das hochexplosive TATP (Azetonperoxid), das auch bei Anschlägen in Brüssel und Paris verwendet wurde. Das Gemisch sei weit gefährlicher als TNT, hieß es.

ml/wa (rtr, dpa)