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Feuerpause beendet

Thomas Burmeister13. Dezember 2001

Der 11. September hatte vielen die Lust an Gewalt und Katastrophen auf der Leinwand verdorben. Drei Monate danach: Business as usual.

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Dreharbeiten für den KriegBild: AP

Lauter als in diesem Jahr war es in amerikanischen Kinos zur Vorweihnachtszeit selten. Einschläge von Raketen, Explosionen von Autobomben und das Rattern von Maschinengewehren lassen die Soundanlagen in den Filmpalästen vibrieren - und die Kassen klingeln. Von dem Schockzustand, in den auch Hollywood durch den Terroranschlag auf das World Trade Center gefallen war, ist nichts mehr zu spüren.

Bis zum 11. September hatte Amerikas Filmschmiede seit Anfang des Jahres knapp ein Dutzend Kriegsfilme produziert. Doch dann wurden die Premieren unter dem Eindruck der realen Bilder des Grauens verschoben. Jetzt kommen sie Schlag auf Schlag. Und Robert Redford behält Recht: "Es könnte sich zeigen, dass dies bloß ein vorbeiziehendes Unwetter ist", hatte der Star gesagt, als in den Studios diskutiert wurde, ob man jemals wieder explodierende Häuser im Kino zeigen könne.

Noch mindestens bis ins Frühjahr - auf dem deutschen Kinomarkt bis weit in den Sommer - wird das Hollywood-Feuer anhalten.

Im März kommt in den USA "We Were Soldiers" mit Mel Gibson als Offizier im Vietnameinsatz auf die Leinwände. Der Film ist der letzte des US-Kriegsfilmjahrgangs 2001. Angesichts des Interesses für die bereits angelaufenen oder angekündigten "War Movies" lässt sich ahnen, dass die Studios 2002 noch tiefer in die Munitionskisten greifen.

Gewalt bringt Zuschauer

Das US-Publikum findet großen Gefallen an den martialischen Streifen, obwohl die Helden oft gar nicht so heldenhaft erscheinen.

Begonnen hatte das Ende November mit Robert Redford und Brad Pitt, die in "Spy Game" als CIA-Agenten auch für den Verbrauch großer Mengen Sprengstoff in fernen Ländern sorgen. Unter anderem wird gezeigt, wie die CIA moslemische Selbstmordattentäter anheuert und ein mehrstöckiges Haus per Autobombe in die Luft jagen lässt. Bei der Explosion in Beirut kommen Bösewichter, aber auch Dutzende von Zivilisten um. "Wer hätte gedacht, dass so etwas so kurz nach der Vernichtung des World Trade Center gezeigt wird", fragt die Filmkritikerin des National Public Radio.

Auf Platz drei der US-Kinocharts und damit gleich hinter "Harry Potter" hält sich der jüngste Kriegsfilm aus der Traumfabrik. Auch "Behind Enemy Lines" zeigt US-Militärs als verwundbare Menschen. Owen Wilson spielt einen Piloten, der auf dem Balkan von den Serben abgeschossen wurde und hinter den feindlichen Linien voller Angst um sein Leben rennt. "Der Film wäre bestimmt anders ausgefallen, wenn er nicht schon im Frühsommer abgedreht gewesen wäre", schrieb die "Entertainment Weekly".

Mit Spannung wird nun "Black Hawk Down" erwartet, in dem Regisseur Ridley Scott das Desaster einer US-Elitetruppe 1993 in Somalia behandelt. Damals töteten Clanmilizen 18 Marinesoldaten. Ihre Leichen wurden durch die Straßen von Mogadischu gezogen. Der Film war ins nächste Jahr verbannt worden. Doch dann zog Produzent Jerry Bruckheimer ihn auf Ende Dezember vor, damit er noch für die Oscar-Nominierungen berücksichtigt werden kann.

Im Dienste des Vaterlands?

Ganz unbeeinflusst von der Politik fielen die Marschbefehle aus Hollywood für die durchaus nicht zur patriotischen Schwärmerei neigenden Filme allerdings nicht. Nach Informationen des Fachblatts "Variety" fragten die Studiobosse in einer nach dem 11. September geschaffenen internen Arbeitsgruppe von Vertretern des Weißen Hauses
und Hollywoods an, was man in Washington dazu sagt. Offenbar waren die Beteiligten der Meinung, dass die Zeiten von Propaganda-Schinken wie Hollywood sie im Zweiten Weltkrieg drehte, vorbei sind. "Wir sind nicht dafür da, so etwas wie Rekrutierungs-Poster herzustellen", sagte Regisseur Scott.