1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Lindner Elfenbeinküste

13. April 2011

Nach der Festnahme von Ex-Präsident Gbagbo hält in der Elfenbeinküste die Gewalt an. Im DW-WORLD.DE-Interview spricht der Afrikabeauftragte des Auswärtigen Amts, Walter Lindner, dennoch von einem Sieg für die Demokratie.

https://p.dw.com/p/10sOC
Walter Lindner (Foto: dpa)
Walter LindnerBild: picture-alliance/dpa

DW.WORLD.DE: Herr Lindner, nun ist Laurent Gbagbo gefangen und steht unter Hausarrest. Alassane Ouattara übernimmt die Macht in der Elfenbeinküste - ist das ein Sieg für die Demokratie?

Walter Lindner: Es ist auf jeden Fall ein Sieg des Volkes und der Demokratie im Lande, dass der Wahlsieger nun tatsächlich in den Präsidentenpalast einziehen kann. Alles andere hätte unabsehbare Konsequenzen gehabt für die mindestens 20 Wahlen, die in diesem Jahr noch in Afrika anstehen. Die Botschaft aus den Wahlen in der Elfenbeinküste wäre ja sonst gewesen: Wenn man die Wahlen verliert, braucht man sich nicht zurückzuziehen, sondern sitzt die Sache einfach im Präsidentenpalast aus - und nichts passiert. Jeder weitere Tag hätte noch mehr Blutvergießen gebracht. Dass Herr Gbagbo im Fernsehen im Unterhemd gezeigt wird, ist dabei sicher unglücklich, aber es ändert nichts am Sieg für die Demokratie.

Was muss jetzt mit Laurent Gbagbo passieren?

Er muss zur Rechenschaft gezogen werden für das, was in den letzten Tagen und Wochen passiert ist. Präsident Ouattara hat ja schon angekündigt, dass er eine Kommission einberufen wird. Eine Kommission, die nicht bloß untersucht, was die Gbagbo-Anhänger getan haben, sondern auch das, was sich Ouattara-Anhänger und Ouattara-Truppen eventuell zuschulden haben kommen lassem. Unabhängig davon muss Herr Gbagbo aber natürlich juristisch zur Rechenschaft gezogen werden für das, was er verursacht hat durch seine Weigerung, das Wahlergebnis anzuerkennen.

Und was muss der neue Präsident, Alassane Ouattara, nun tun, um einer weiteren Spaltung seines Landes vorzubeugen und den Frieden zu fördern?

Erste Priorität ist, dass sämtliche bewaffneten Auseinandersetzungen nicht nur in Abidjan, sondern im ganzen Land eingestellt werden. Noch gibt es viel zu viele Waffen und bewaffneten Widerstand, noch gibt es Heckenschützen oder Banden, die für Gbagbo kämpfen. Hinzu kommen Söldner, die, bevor sie zurückgehen, unter Umständen randalieren, plündern oder Ähnliches. Kurzum: Die Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit ist jetzt das Wichtigste. Und das wird trotz der Appelle von Ouattara und selbst von Laurent Gbagbo einige Zeit dauern. Noch ist die Sicherheitslage sehr volatil. Aber das ist natürlich kein Vergleich zum dem, was das Land und die Bevölkerung noch vor zwei, drei Tagen erlebt haben.

Was wird Deutschland nun tun? Sie waren bereits zweimal in der Elfenbeinküste in den vergangenen Monaten. Planen Sie schon eine neue Reise?

Ich werde in der nächsten Woche auf Wunsch von Außenminister Westerwelle in die Elfenbeinküste reisen. Damit werde ich einer der Ersten sein, die mit Präsident Ouattara sprechen. Es geht einerseits, wie ich bereits sagte, um die Wiederherstellung der Sicherheit. Aber dann geht es auch um die Versorgung der Flüchtlinge und um viele weitere Fragen: Wie wird die strafrechtliche Verfolgung der Menschenrechtsübertretungen von allen Seiten angegangen? Wie kann man eine Spaltung des Landes in Nord und Süd verhindern? Wie belebt man die Wirtschaft? Ein Grund für die Reise in der nächsten Woche wird es sein, dass wir mit der Regierung Ouattara erörtern wollen, wie sie mit den genannten Problemen umgeht. Dann können wir entscheiden, wobei wir Hilfe anbieten können. Aber natürlich sprechen wir auch mit der anderen Seite, mit dem politischen Lager von Herrn Gbagbo. Denn immerhin haben in der Stichwahl 46 Prozent für ihn gestimmt. Man kann dieses politische Lager daher nicht ausschließen. Geplant sind zudem Gespräche mit den UN, der Afrikanischen Union und Wirtschaftsexperten.

Das Gespräch führte Dirke Köpp

Redaktion: Lina Hoffmann