1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Feiertags-Debatte und Politiker-Gezappel

... Jens Thurau5. November 2004

Deutschland lebt über seine Verhältnisse. Deshalb plante die Bundesregierung, den Tag der Deutschen Einheit als Feiertag zu streichen. Doch welch ein Geschrei das gab! Jens Thurau hat hingehört.

https://p.dw.com/p/5ofN

Achtung, festhalten: Im Folgenden fassen wir einige wichtige Politikerstatements der hinter uns liegenden Woche zusammen: Vaterlandsverrat, beschämende Geschichtsvergessenheit, unwürdiges Treiben, Verzweiflungstat, Gossenjargon des Bundeskanzlers. Urheber der vernichtenden Urteile: Günter Nooke, Angela Merkel, noch einmal Angela Merkel, Guido Westerwelle, Markus Söder.

Nooke und Söder muss man vielleicht nicht kennen, also sei erläutert: Nooke ist kulturpolitischer Sprecher der Unions-Fraktion, Söder CSU-Generalsekretär. Und ebenfalls erklärt werden muss, was die Nation so in den Grundfesten erschütterte, dass sogar die Bild-Zeitung auf ihrer Titelseite mitgiftete gegen die Regierung. Also: Die Kassen des Staates sind leer, die Wirtschaft lahmt, jeder Besserungsvorschlag ist hoch willkommen. Schon vor Wochen kamen Wirtschaftsexperten auf die Idee, vielleicht müssten die Deutschen einen Tick mehr arbeiten, weniger Feier- oder Urlaubstage akzeptieren etwa.

Gesagt, getan: Die Regierung wollte den 3. Oktober – den Tag der Deutschen Einheit - als Feiertag abschaffen und die Vereinigung von Ost und West am jeweils ersten Sonntag im Oktober begehen, was den Charme hätte, das da eh die meisten frei haben und der Staat – geschätzt – zwei Milliarden Euro mehr einnimmt.

An dieser Stelle könnte man der Ansicht von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck zuneigen, dass davon die Nation wohl nicht unterginge. Taten aber die wenigsten. Die meisten waren empört wie lange nicht mehr. Der Bundespräsident schaltete sich in die Debatte ein, er ist gegen den Regierungsplan, vielleicht kommt es zum Gipfel Schröder-Köhler in dieser Frage. Vielleicht aber auch nicht.

Klar ist: Der Regierung bließ der Wind ins Gesicht, auch viele Politiker in den eigenen Reihen waren gegen den Verschiebe-Plan. So kam es, wie es kommen musste: Die Idee wurde verworfen.

Noch mal zum Mitschreiben: Auf rund zwei Milliarden Euro schätzt die Regierung das Plus in den Kassen, wenn Deutschland als Ganzes einen Tag im Jahr mehr arbeitet. Man könnte auch den 1. Mai als Feiertag abschaffen – aber das Geheul der Gewerkschaften will niemand hören. Oder die Tarifpartner könnten ein paar Urlaubstage streichen - schlicht nicht vorstellbar. Alle spüren: Hier geht es an die Grundsubstanz der Staates.

Kleiner Themenwechsel: Die Queen war in Deutschland dieser Tage, schick angezogen und ganz majestätisch auch in Berlin. Sie strahlt Ruhe aus und Gelassenheit, und alle waren sich einig: Unsere politische Klasse wirkte dagegen, naja: Vielleicht etwas zappelig, gewollt aufgedreht. Elizabeth rief dazu auf, in der Klimapolitik (einem Thema, dass die Regentin umtreibt) endlich zu handeln, anstatt zu reden.

Ich wage eine Behauptung: Vielleicht wäre die Queen der Vorstellung nicht abgeneigt, dass man der Einheit eines Landes auch an einem normalen Sonntag gedenken kann, wenn es denn eben diesem Lande weiterhilft. Ganz ohne Aufregung. Aber dass dies nicht wirklich geht, weiß auch ...