1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Von den Anfängen bis heute

12. März 2010

Mit einem farbenfrohen Spektakel sind in Vancouver die Paralympics eröffnet worden. Mehr als 500 Athleten aus 44 Ländern gehen bei den der Jubiläumsausgabe der Paralympics an den Start: Es sind die 10. Winterspiele.

https://p.dw.com/p/M8so
Einzug der Sportler bei der Eröffnungsfeier (Foto: AP)
Einzug der Sportler bei der EröffnungsfeierBild: AP

Bereits an diesem Samstag (13.03.2010) starten die ersten Wettkämpfe. 16 der insgesamt 64 Wettbewerbe stehen an diesem Wochenende an. Nach einem Wintereinbruch mit großen Neuschneemengen erwartet das Internationale Paralympische Komitee beste Voraussetzungen für die Wettkämpfe.

Langer Weg bis zur Anerkennung

Auch wenn sich die paralympische Bewegung weltweit etabliert hat - es war ein langer Weg. Einer der Wegbereiter war Ludwig Guttmann. Olympisches Gold hat er nie gewonnen, obwohl er es verdient hätte. Nicht wegen seiner sportlichen, sondern wegen seiner ideologischen Leistung: Guttmann gilt als Vater der Paralympischen Idee. Der aus Deutschland nach England emigrierte Neurologe vertrat damals die in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts progressive Idee, dass sich auch Menschen mit einer Behinderung in sportlichen Wettbewerben miteinander messen können sollten. Es war Guttmanns Verdienst, dass am 28. Juli 1948, am selben Tag, an dem die ersten Olympischen Sommerspiele nach dem Zweiten Weltkrieg in London eröffnet wurden, im nicht weitentfernten Aylesbury 16 querschnittsgelähmte Kriegsveteranen im Bogenschießen gegeneinander antraten - die Stoke Mandeville Games, nach dem Dorf und Krankenhaus benannt, in dem Guttmann lebte und arbeitete, waren ins Leben gerufen.

Seitdem werden die Stoke Mandeville Games bis heute jährlich ausgetragen. "Olympisches Flair erlebten die Sportler mit Behinderung aber erst 1960", erklärt Steffi Klein, Sprecherin beim Internationalen Paralympischen Komitee (IPC). "Wenige Wochen nach den Olympischen Spielen in Rom fanden in derselben Stadt die 'Weltspiele der Gelähmten' statt." 400 Sportler aus 21 Nationen nahmen im Rollstuhl daran teil. Seitdem finden die 'Olympischen Spiele der Behinderten', wie sie zwischenzeitlich genannt wurden, alle vier Jahre statt. 1976 nahmen dann neben gelähmten Athleten auch sehbehinderte Sportler und einige mit Amputationen teil. Zudem fanden im selben Jahr erstmals Paralympische Winterspiele statt. 1980 in Arnheim kamen auch Sportler mit sensomotorischen Störungen hinzu.

Rückschläge

Die Versehrten-Olympiade in Toronto, Kanada, ging am Mittwoch, den 11.08.1976, mit einem überragenden Erfolg für die Bundesrepublik Deutschland zu Ende gegangen. In der achttägigen Olympiade holten die deutschen Versehrten-Sportler 35 Gold-, 33 Silber- und 26 Bronzemedaillen. Hier das Team der Bundesrepublik während der Abschlussparade. Foto: dpa
Das deutsche Team bei den Paralympischen Sommerspielen in Toronto 1976.Bild: picture alliance / dpa

"Die Anfänge waren natürlich holprig", weiß Steffi Klein zu berichten. "Vor allem bei der Finanzierung gab es Schwierigkeiten, weil es nur ein ganz kleines Organiationskomitee gab." So wurden beispielsweise 1984 die Sportler mit Behinderung kurzfristig aus Long Island, USA, wieder ausgeladen. Die Einrichtungen am Veranstaltungsort seien nicht rollstuhlgerecht, so die offizielle Erklärung. Deshalb fand das Sportereignis kurzfristig an der Geburtsstätte der Spiele, in Stoke Mandeville statt. Die Winterspiele im selben Jahr hatten mit einem ähnlichen Problem zu kämpfen: Die Stadt Sarajewo sah sich außerstande, die Winterspiele für die paralympischen Sportler auszurichten. Innsbruck sprang ein, das auch schon vier Jahre zuvor die Spiele ausgerichtet hatte.

Doch woher kommt der Begriff 'Paralympische Spiele' eigentlich? Erstmals wurde er bei den Spielen 1988 in Seoul verwendet. "Zunächst wurde der Name aus den beiden englischen Wörtern paraplegic für querschnittsgelähmt und Olympic zusammengesetzt", so Steffi Klein. "Um aber die Zugehörigkeit von Menschen mit anderen Behinderungen zu repräsentieren, wurde der Begriff neu definiert." So setzt er sich heute aus dem griechischen Wort para (neben) und Olympics zusammen, um die Nähe zur olympischen Bewegung auszudrücken.

Die drei Agitos

Das Logo des International Paralympic Committee (IPC) Foto: Alina Novopashina dpa +++(c) dpa - Report+++
Logo des IPCBild: picture alliance / dpa

Dem ehemaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranchs passte diese Nähe nicht so recht. Er forderte, dass der "Missbrauch", den Sportler mit Behinderung mit olympischen Begriffen, Bezeichnungen und Symbolen betreiben, gestoppt werden solle. 1988 wurde das Logo des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) leicht abgeändert, aus den fünf Ringen wurden fünf Tränen, bzw. Tropfen. Als die Ähnlichkeit immer noch zu groß war, wurden 1994 aus den fünf drei Tropfen. Seit 2004 besteht das Logo aus drei schmalen gebogenen Haken, die sich bildlich um ein Zentrum bewegen, den drei 'agitos' (aus dem Lateinischen für ’Ich bewege’). Steffi Klein: "Damit soll deutlich gemacht werden, dass bei den Paralympischen Spielen Athleten aus aller Welt zusammen kommen, um sich sportlich miteinander zu messen."

Während in den Anfängen der Paralympischen Spiele rund ein Dutzend Länder teilnahm, hat sich die paralympische Bewegung mittlerweile weltweit etabliert. Bei den Paralympischen Sommerspielen 2008 in Peking haben rund 4130 Athleten aus 148 Ländern teilgenommen, in Vancouver werden rund 550 Sportler aus 45 Nationen erwartet - 20 darunter aus Deutschland. Auch das Medieninteresse hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Darüber freut sich Steffi Klein besonders. Denn so könne die Botschaft der Paralympischen Spiele besser verbreitet werden:

Olympia-Debüt

Der deutsche Biathlet Josef Giesen ist am bei den Paralympischen Winterspielen von Turin 2006 im Biathlonrennen in Pragelato am Schießstand. Er wird Achter. Foto: Gian Mattia D'Alberto
Biathlet am SchießstandBild: picture-alliance/ dpa

"Dem Zuschauer und der ganzen Welt zeigen, welche Höchstleistungen behinderte Menschen leisten können. Dass sie nicht mitleidsbedürftig sind, sondern nur an ihren sportlichen Leistungen gemessen werden wollen." Erstmals bei den Paralympischen Spielen dabei sind Sportler aus Argentinien, Bosnien-Herzegowina, Rumänien und Serbien. Dabei messen sich die Athleten, wie auch schon 2006 in Turin, in fünf Sportarten: Ski-Alpin, Langlauf und Biathlon, Sledge-Eishockey und Rollstuhl-Curling.

Beim Ski-Alpin bewältigen die sehbehinderten Athleten den Kurs mit Hilfe eines Begleitläufers, der durch akustische Signale die Laufrichtung vorgibt. Unterschenkelamputierte Rennfahrer nutzen in der Regel eine Prothese und fahren auf zwei Skiern, wohingegen oberschenkelamputierte Sportler auf einem Ski fahren. Querschnittsgelähmte und doppeloberschenkelamputierte Rennläufer nutzen einen Sitz oder Mono-Ski. Armbehinderte Athleten laufen mit nur einem oder gar keinem Stock.

Akustisches Signal

Korea gegen Norwegen im Finale der Internationalen Rollstuh-Curling Meisterschaft im Februar 2008. EPA/SIGI TISCHLER
Rollstuhl-Curler im EinsatzBild: picture-alliance/ dpa

Sehbehinderte und blinde Athleten schießen beim Biathlon mittels einer akustischen Lasereinrichtung, bei der die Höhe der auf einen Kopfhörer übertragenen Töne die Nähe zum Zielpunkt angibt. Beim Laufen müssen sich die sehbehinderten und blinden Sportler auf ihren Begleitläufer verlassen. Die Strecken legen sehbehinderte und amputierte Athleten im Laufen zurück, während sich gelähmte Athleten in einem Skischlitten nur mittels ihrer Armkraft vorwärtsbewegen.

Beim Sledge-Eishockey nutzen die Spieler kleine Schlitten, unter denen Kufen angebracht sind. Zwei Stöcke in jeder Hand dienen dabei nicht nur als Schläger, sondern auch als Mittel der Fortbewegung. Beim Rollstuhl-Curling wird der Stein im Gegensatz zum Fußgängersport von einem festen Standort abgegeben. Zudem darf nicht gewischt werden, d.h., der Lauf des Steins kann nach der Abgabe nicht mehr korrigiert und beeinflusst werden. Die Besonderheit an diesem Teamsport ist, dass nur gemischte Mannschaften wettkampfberechtigt sind.

Autorin: Sarah Faupel
Redaktion: Wolfgang van Kann/Frank Wörner