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FDP macht sich selber Mut

Marcel Fürstenau7. September 2012

Auf ihrer Fraktionsklausur in Mainz geben sich die Liberalen betont optimistisch. Dabei sind die Umfragewerte weiterhin im Keller und auch andere Probleme sind nach wie vor ungelöst.

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Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle, gestikuliert während der Pressekonferenz zum Abschluss der Fraktionsklausur am 7. September 2012 in Mainz.
Bild: dapd

Eigentlich hätte Rainer Brüderle (im Bild) allen Grund gehabt, zum Abschluss der FDP-Herbstklausur in Mainz schlecht gelaunt zu sein. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) hatte tags zuvor das getan, was der Bundestagsfraktionsvorsitzende der Liberalen als "grenzwertig" kommentierte. Mit ihrer Entscheidung, zur Bekämpfung der europäischen Staatsschuldenkrise unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, läuft die EZB aus Brüderles Sicht "zunehmend Gefahr, Finanzpolitik zu betreiben". Dabei sei ihre Kernaufgabe, für Geldstabilität zu sorgen, monierte der ehemalige Bundeswirtschaftsminister.

Dass er und die ganze FDP-Fraktion trotzdem drei Tage "in bester Stimmung" verbracht hätten, erklärte sich der geborene Berliner, aber im rheinland-pfälzischen Mainz politisch groß gewordene Brüderle mit der Pfälzer Mentalität, die angeblich auch auf Gäste dieses Landstrichs abfärbe. Gelassenheit gehört demnach zu den charakteristischen Eigenschaften der Menschen zwischen Rhein und Mosel. Nicht zu vergessen sind die herrlichen Weinberge und die Nähe zu Frankreich.

Die schönen landschaftlichen Aussichten im Südwesten Deutschlands stehen allerdings im krassen Gegensatz zu den politischen Aussichten der Liberalen.

Bundestagseinzug wird zur Zitterpartei

Obwohl die FDP im Umfragen weiterhin bei fünf Prozent auf der Stelle tritt und also bei Bundestagwahl im Herbst kommenden Jahres den Einzug in den Bundestag verpassen könnte, glaubt Brüderle fest an eine Fortsetzung der Koalition mit den Konservativen (CDU/CSU). Seine Zuversicht hat allerdings einen kleinen Schönheitsfehler: Die auf Umfragen basierende rechnerische Mehrheit von Schwarz-Gelb ist nämlich einzig den hohen Sympathiewerten von Bundeskanzlerin Angela Merkel geschuldet, von der die Unionsparteien insgesamt profitieren.

Noch ein Jahr bleibt der FDP, sich programmatisch und personell für die Bundestagswahl 2013 in Stellung zu bringen. An den Themenschwerpunkten wird sich nichts ändern. Als Blaupause soll das auf der Fraktionsklausur in Mainz verabschiedete Zwölf-Punkte-Papier mit dem Titel "Garantie-Erklärung für die Freiheit" dienen.

Zu den wichtigsten Zielen zählen demzufolge ein Bundeshaushalt 2014 ohne neue Schulden, weniger Subventionen für erneuerbare Energien und die Stärkung der Bürgerrechte. Die Liberalen wollen zudem weiter dafür kämpfen, dass die Länder der Euro-Zone nicht für die Schulden anderer Staaten aufkommen müssen. Auch einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, wie ihn sich inzwischen auch Merkels CDU halbwegs vorstellen kann, will die Mittelstandspartei FDP unbedingt verhindern.

Personaldiskussion geht weiter

Mit dieser Strategie will Brüderle im Bundestagswahlkampf punkten. Welche Rolle der Bundestagsfraktionschef 2013 dabei spielen will, darüber wird weiterhin trefflich spekuliert. Zwar wagte in Mainz niemand offen, den angeschlagenen FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler infrage zu stellen. Insgeheim aber hoffen viele, dass es einen Wechsel an der Parteispitze geben wird. Als möglicher Nachfolger wird der frühere Generalsekretär Christian Lindner gehandelt, der die Liberalen dieses Jahr bei der vorgezogenen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen unerwartet auf über acht Prozent geführt hat.

Viele in der FDP könnten sich auch Rainer Brüderle als Rösler-Nachfolger vorstellen. Der heimlich Umworbene betont allerdings bei jeder Gelegenheit, hinter dem amtierenden FDP-Vorsitzenden zu stehen. Das könnte sich schon im Januar ändern, sollten die Liberalen bei der Landtagswahl in Niedersachsen scheitern. In dem nördlichen Bundesland begann einst der politische Aufstieg Philipp Röslers.