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Fashion-Weblogs: Bonbons für die Augen

Marcus Bösch10. März 2012

Früher kaufte man sich einfach das Magazin "Vogue" - und dann wußte man Bescheid über die jüngsten Trends. Seit einiger Zeit reicht jedoch auch ein Blick ins Internet.

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A model shows a creation part of the Jil Sander women's Fall-Winter 2012-13 fashion collection, presented in Milan, Italy, Saturday, Feb. 25, 2012. (AP Photo/Giuseppe Aresu)
Modenschau Jil Sander Raf Simons Herbst Winter 2012 2013Bild: AP

Jessie trägt ihren Ponny schief, hat einen elend langen Schal um den Hals gewickelt und guckt bei Jungs immer zuerst auf die Schuhe. Jessie interessiert sich für Mode und ist seit einer guten Woche 22. Der Unterschied zu den anderen 22-jährigen jungen Damen die sich für Mode interessieren? Zusammen mit ihrer Freundin Julia betreibt Jessie den Fashion-Blog LesMads.

Kamera, Computer, fertig

"Wir schreiben täglich über alle News die es in der Modewelt gibt: Fotografie, Modenschauen, Kollektionen, Designer, Models, alles was da so anfällt", sagt sie. Julia und Jessie haben sich vor gut einem Jahr kennengelernt. Sie haben beim ersten Treffen sechs Stunden lang nur geredet, dann beschlossen was zusammen zu machen. Und am nächsten Tag haben Sie LesMads – ihren eigenen Mode-Blog – gestartet.

Fashionblogs
Der so genannte Streetstyle - Irgendwo sich selbst oder Freunde fotografieren.Bild: Katharina Poblotzki

Vor etwa zwei Jahren ist die Mode so richtig ins so genannte Web 2.0 gewandert. Denn nach den Technikfreaks und Computernerds kamen die Musik- und Modebegeisterten. Einen Blog einzurichten wurde immer trivialer. Und außer einem Computer mit Internet brauchte und braucht man eigentlich nur noch eine Digitalkamera und ein bisschen Zeit um die gesammelten Produktionsbedingungen selbst in die Hand zu nehmen.

Top 100

Seit dem gibt es immer mehr: Mehr Fashion-Blogger und vor allem auch immer mehr Nutzer von Mode-Blogs. Denn vor dem Bildschirm nivellieren sich Entfernung, Kulturkreis , Tages- und Nachtzeit. Fotografiert, geschrieben und ins Internet gestellt wird immer irgendwie und irgendwo. Angeschaut auch. Die beiden ungekrönten Könige der Fashionblogger – Sartorialist und Facehunter – werden am Tag rund 25.000 mal angeklickt. Sie beide können inzwischen vom Mode-Bloggen leben.

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Heute abend in Stockholm, morgen dann vielleicht auf dem Computerbildschirm in Paris.Bild: Katharina Poblotzki

Kleine Erfolgsgeschichten mit einer bestechend simplen Idee: "Sharing pictures and comments on men´s and women´s fashion" – Bilder und Kommentare aus der Welt der Männer- und Frauenmode zeigen und teilen. So das Motto von Scott Schuman, dem Mann hinter dem Blog Sartorialist. Schuhman, der jahrelang in der Modeindustrie gearbeitet hat, hat irgendwann aus Lust und Laune mit dem Fotografieren angefangen. Inzwischen gehört er, laut Times Magazine, zu den 100 wichtigsten Einflüssen auf Designer weltweit.

High-End-Couture

Zu sehen gibt es beim Sartorialist Menschen die etwas mehr Wert auf ihre Kleidung legen als Gaby-Normalverbraucher. Akkurateste Herrenabzüge aus anderen Zeiten, High-End-Couture oder einfach schlichte Eleganz – getragen von Menschen, die Schuhmann auf seinen Geschäftsreisen trifft und spontan ablichtet. So kann, wer will, von fast egal wo, mal kurz im Internet Inspiration finden und – vor dem Spiegel zuhause heimlich oder in der Fußgängerzone ganz offiziell – nachahmen.

Ernst genommen werden die digitalen Fashionistas inzwischen von allen wichtigen und unwichtigen Moderedaktionen. "Auf jeden Fall, auch wenn sie nicht so viel Lust darauf haben – früher oder später – greifen sie darauf zurück", erzählt Jessie. Das einstige Info-Monopol altehrwürdiger Stil-Bibeln wie der Vogue oder Elle ist abhanden gekommen. Wer wissen will was weltweit gerade in Sachen Mode passiert, der kommt an den Fashion-Blogs nicht vorbei.

Haptik forever

Komisch nur, dass sich bei Jessie trotzdem Gazetten, Magazine und Heftchen aus aller Welt stapeln. Aber auf den Genuß raschelndes Papier umzublättern – auf den wollen selbst die Blogger offenbar noch nicht verzichten.