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Faktencheck: Deutsche Regierung verkuppelt keine Migranten

Silja Thoms
22. Dezember 2023

Ein Post auf X mit Fotos von einem angeblichen Treffen von Migranten und minderjährigen Mädchen in Deutschland geht viral. Doch die Bilder aus dem Beitrag sind älter - und stammen gar nicht aus Deutschland.

https://p.dw.com/p/4aULc
Ein Screenshot zeigt einen X-Beitrag, in dem der Nutzer mehrere Fotos von Männern mit jungen Mädchen teilt.
Dieser Beitrag soll angeblich zeigen, wie die deutsche Regierung Migranten mit Minderjährigen "bekannt macht". Die Fotos stammen allerdings aus Polen im Jahr 2018 und stehen in keiner Verbindung zur deutschen Regierung. Bild: X

Immer wieder tauchen in den Sozialen Medien oder einschlägigen Medien falsche Behauptungen auf. Hinzu kommen oft Bilder, die alt sein können oder aus dem Kontext gerissen wurden. Auch dieses Beispiel zeigt Fotos, die nicht im Zusammenhang mit der Behauptung des Nutzers stehen. 

Behauptung: Die deutsche Regierung (und andere europäische Regierungen) sollen aktiv daran beteiligt sein, dass erwachsene Migranten mit jungen deutschen Mädchen in Schulen zusammenkommen, um sich "kennenzulernen". Dieser Nutzer (archiviert) behauptet auf der Plattform X, dass die deutsche Regierung Geflüchtete "importiere", um ihnen dann "absichtlich ihre Töchter zu geben." Belegen sollen das Fotos, die angeblich ein solches Treffen zeigen. Der Beitrag wurde über eine Millionen Mal angesehen. 

DW Faktencheck: Falsch.

Diese Fotos, die der Nutzer auf X zusammen mit seiner Behauptung teilt, sind weder aktuell noch wurden sie in Deutschland aufgenommen. Sie sind bereits mehrere Jahre alt und stammen aus Polen. Das lässt sich mithilfe einer einfachen Bilderrückwärtssuche, etwa über die Suchmaschinen Google oder Yandex, herausfinden. 

Die Rückwärtssuche mit den Screenshots der einzelnen Bilder aus dem Post führt zu diversen alten Medienberichten oder anderen Posts in den Sozialen Medien, die bereits vor etwa fünf Jahren veröffentlicht wurden. So stammt zum Beispiel dieser Tweet (archiviert) aus dem Jahr 2018. Der Verfasser heißt Dariusz Matecki und ist Vorsitzender der rechten polnischen Partei "Souveränes Polen" . Er schreibt in seinem Beitrag von einem "Multikulti-Indoktrinationslager in Polen". Dieselbe Collage an Bildern taucht ebenfalls in diesem bereits 2018 veröffentlichten polnischen Medienbericht(archiviert) auf. 

Fotos stehen nicht in Verbindung zu deutscher Regierung

Auch die anderen drei Bilder aus dem Beitrag bei X stammen aus demselben Jahr. Alle Fotos wurden auf diversen polnischen Seiten gefunden, die zurück auf das Jahr 2018 datieren. Die Originalbilder sind auf den Accounts, die in den Medienberichten angegeben sind, nicht mehr zu finden. Teilweise existieren die Profile nicht oder die Bilder sind nicht auf den jeweiligen Accounts zu finden. 

Berichte und Hashtags deuten außerdem darauf hin, dass die Bilder bei der "Euroweek 2018" in Polen aufgenommen wurden. Laut der Internetseite ist die Euroweek ein "Bildungsprogramm" für Schüler und Studierende aller Altersgruppen sowie für junge Erwachsene. Dabei sollen diverse Workshops und ein interkultureller Austausch stattfinden. Laut dem Vorwurf der zu den Bildern veröffentlichten Beiträge soll dort sexueller Missbrauch an minderjährigen Mädchen stattgefunden haben. Nach den Untersuchungen der polnischen Schulaufsichtsbehörde "Kuratorium Oswiaty in Wroclaw" , die sich dem Fall 2018 angenommen hat, ließen sich die Vorwürfe gegen die freiwilligen Betreuer von Euroweek nicht bestätigen. Auf eine schriftliche Anfrage der DW bezüglich der Bilder reagierten die Veranstalter bis zur Veröffentlichung dieses Artikels nicht. 

Wie genau die Bilder entstanden sind, ist nicht gänzlich geklärt. Klar ist aber: Die Fotos stammen aus Polen aus dem Jahr 2018 und haben keine Verbindung zur deutschen Regierung. Das Bundesinnenministerium wollte sich auf eine Anfrage der DW zu dem konkreten Fall nicht äußern. 

Migranten auf einem Schiff (vor den Kanaren)
Zum Thema Migration werden immer wieder falsche Behauptungen in den Sozialen Medien geteiltBild: IMAGO/ABACAPRESS

Migration oft im Zentrum von Falschbehauptungen 

Kriminell, gewaltbereit, parasitär - so werden Migranten häufig in den Sozialen Medien dargestellt. Laut einem Bericht des European Digital Media Observatory (EDMO) gehören diese Narrative zu den am häufigsten verbreiteten in den Sozialen Medien oder in einschlägigen Medien. Das Thema Migration gehört laut EDMO oft zu jenen Themen, zu denen regelmäßig besonders viele Falschnachrichten, Fakes oder aus dem Kontext gerissene Bilder kursieren. 

Nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine stiegen so etwa die Falschmeldungen über ukrainische Geflüchtete, aber auch über Geflüchtete, die über das Mittelmeer kommen, gab es in den vergangenen Jahren häufig irreführende oder falsche Behauptungen. Solche Behauptungen haben alle offenbar ein gemeinsames Ziel: Geflüchtete zu diffamieren. 

Um solche Aussagen oder falsche Bilder zu erkennen, kann zunächst eine einfache Bilder-Rückwärtssuche gemacht werden. Mit dieser Methode gibt es oft schon einen ersten Hinweis, ob es sich um ein gefälschtes Bild handeln könnte. Und wer sich dann immer noch unsicher ist, kann zusätzlich weitere vertrauenswürdige Quellen heranziehen. Weitere Tipps, wie manipulierte Bilder erkannt werden können und welche Tools es gibt, zeigt etwa dieser Faktencheck der DW

Mitarbeit: Kathrin Wesolowski

Faktencheck: Wie erkenne ich Fake News?