1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Faktencheck: Energiewaffen sind nicht Brandursache in Maui

18. August 2023

US-Präsident Biden besucht die Insel Maui, um sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Mit dramatischen Bildern von den Waldbränden hatten sich im Netz auch Verschwörungstheorien zur Ursache verbreitet. Was stimmt?

https://p.dw.com/p/4VGtb
USA, Californien | SpaceX  Falcon 9-Raketenstart (2018)
Dieses Bild wurde am 22. Mai 2018 aufgenommen und zeigt den Start der Weltraumrakete SpaceX Falcon 9 auf der US-Air-Force-Base in Vandenberg in Kalifornien und nicht den Angriff mit einer Energiewaffe auf Hawaii, wie fälschlicherweise behauptet Bild: SpaceX/ZUMA/picture alliance

Nach der Brandkatastrophe auf Hawaii mit mindestens 111 Toten reist US-Präsident Joe Biden am Montag auf die besonders hart getroffene Insel Maui. Der Präsident und seine Ehefrau Jill werden dort Betroffene, Rettungskräfte und Behördenvertreter treffen, wie Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre mitteilte. Sie wollten sich "aus erster Hand" ein Bild von den Verwüstungen machen und über nächste Schritte für einen Wiederaufbau sprechen.

Das Feuer hatte die historische Altstadt von Lahaina und Teile der Hawaii-Insel Maui zerstört. Durch Hitze, Wind und Trockenheit wurden die Brände zusätzlich angeheizt.

Gleichzeitig kursieren in den sozialen Medien Fotos und Videos von Trümmerlandschaften. Doch nicht alles Gezeigte ist korrekt. Wie immer bei Naturkatastrophen oder anderen drastischen Ereignissen werden auch Bilder veröffentlicht, die mit den Ereignissen nichts zu tun haben, sondern Verschwörungsmythen verbreiten. Dazu gehört auch die Behauptung, dass die Waldbrände keine natürliche Ursache haben.

Waldbrände auf Hawaii | Lahaina
Die Waldbrände in Maui haben schätzungsweise 80 Prozent der historischen Altstadt von Lahaina zerstörtBild: Matthew Thayer/Maui News/AP/picture alliance

Behauptung: Die Waldbrände in Maui sind durch Strahlenwaffen ausgelöst worden

DW-Faktencheck: Falsch

Diese Aufnahme ist im Netz verbreitet worden. Sie zeigt einen Lichtstrahl, der Himmel und Erde miteinander verbindet, mit Rauch am unteren Ende. Man sieht eine hügelige, grüne Landschaft vor einem Meeresstrand, die auf Hawaii gelegen sein könnte. Die Bildunterschrift ist mit einer Frage versehen: "Dieses Fotos zirkuliert auf Social Media. Anscheinend ist der Lichtstrahl vor dem Ausbruch der Brände auf Hawaii aufgenommen worden. Kann jemand das bestätigen?".

Ein anderes Bild, das ebenfalls einen Lichtstrahl zeigt, der Himmel und Erde miteinander verbindet, wird auf Social Media mit der Behauptung verbreitet, dass die "Frage, ob Schäden der Waldbrände auf Hawaii durch Strahlenwaffen verursacht wurden oder nicht, offen geblieben ist".

Beide Bilder werden dazu benutzt, die falsche Behauptung zu verbreiten, die jüngsten Waldbrände auf Hawaii seien durch Strahlen- oder Energiewaffen (Englisch: directed-energy-weapons, DEW) ausgelöst worden seien. Dabei handelt es sich um eine neue Generation von Waffensystemen mit Laserstrahl, die mit gebündelter Energie militärische Ziele außer Funktion setzen, schädigen oder vernichten können.

Feuerspur beim Raketenstart

Beide Aufnahmen stehen in keinerlei Zusammenhang mit den Waldbränden, sondern beziehen sich auf Ereignisse aus dem Jahr 2018. Die erste Aufnahme zeigt den Start der SpaceX-Rakete Falcon 9 am 22. Mai 2018 in Kalifornien auf der damaligen US-Air Force Base Vandenberg. Es kann mit Hilfe einer umgekehrten Bildersuche zurückverfolgt werden. Das Foto wurde ursprünglich auf dem Instagram-Account von SpaceX gepostet. 

Auch das zweite Bild hat nichts mit den Waldbränden auf Maui zu tun. Es kann ebenfalls mithilfe einer umgekehrten Bildersuche zurückverfolgt werden und zeigt einen kontrollierten Brand in einer Ölraffinerie in Ohio am 16. Januar 2018. Das Foto geht auf einen Facebook-Kommentar zu einem Beitrag der Lokalzeitung The Canton Repository zurück, in dem die Einwohner aufgefordert wurden, Bilder des Brandes in der Raffinerie zu teilen. Das Bild wurde dann von einem Nutzer namens Travis Secrest hochgeladen.

"Ur-Narrativ von Verschwörungstheorien"

"Krisenzeiten sind immer eine Blütezeit von Desinformation, Fehlinformationen und Verschwörungsmythen. Das hat einfach damit zu tun, dass die Informationslage selbst sehr unsicher ist", sagt Lena Frischlich, Medienpsychologin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und Expertin für Verschwörungstheorien im DW-Gespräch.

Aber warum wird behauptet, das Feuer sei absichtlich gelegt worden und habe keine natürliche Ursache? "Es ist ein Ur-Narrativ von Verschwörungstheorien, dass hinter großen, bedrohlichen und schlimmen Ereignissen das Handeln Einzelner oder auch einer kleinen Gruppe von Verschwörern steht, die damit ihr eigenes Wohl in den Vordergrund stellen und dafür auch bereit sind, den Schaden der Allgemeinheit in Kauf zu nehmen", erklärt Frischlich.

"Die Brandschäden auf Hawaii lassen die Frage offen, ob das Feuer vorsätzlich verursacht wurde. Mit anderen Worten: War die Ursache eine Energiewaffe?", heißt es in einem Beitrag auf X, früher bekannt als Twitter. Der User, der das Bild aus Ohio teilte, stellt die Behauptung auf, die Waldbrände auf Maui seien das Ergebnis eines DEW-Angriffs. Das angehängte Video wurde jedoch 2018 in Paradise, Kalifornien, aufgenommen und nicht in Maui auf Hawaii. Ab 0:40 kann das Video hier geolokalisiert werden.

Behauptung: Videos und Bilder aus Maui zeigen, dass absichtlich ein Angriff mit Energiewaffen geplant wurde, um sogenannte "Smart Island-Pläne" umsetzen zu können.

DW Faktenscheck: Falsch

In vielen sozialen Medien wird behauptet, ein absichtlicher Angriff mit Energiewaffen solle den Weg für Neubauprojekte auf Maui freimachen. In diesem Video behauptet der Nutzer, dass er eine Verbindung zwischen den Waldbränden und einer "Smart-City-Konferenz" sieht, die im Januar 2023 stattgefunden hat. Dem Nutzer zufolge bestand das Ziel der Konferenz darin, Maui in eine komplett "intelligente Insel" zu verwandeln. Er behauptet, es sei "fast so, als würden sie zerstören, um etwas neu aufzubauen" für den Hawaii Digital Government Summit im September 2023.

Eine andere Nutzerin, die sich als Einwohnerin von Hawaii ausgibt, behauptet in ihrem viralen Video, dass die Regierung von Hawaii Maui zur ersten "intelligenten Insel" machen will und die gesamte Insel von KI gesteuert werden soll. Sie fügt hinzu, dass die Pläne der Stadt auch "den Bau eines Hochhauskomplexes mit Eigentumswohnungen und Geschäften in Lahaina vorsehen, einer historischen Stadt, die keine neuen Entwicklungen im Stadtgebiet zulässt. Aber jetzt wird abgerissen, also müssen sie es wohl wieder aufbauen."

USA Hawaii | Waldbrandverwüstung Maui
Viele Beiträge in sozialen Medien suggerieren, dass die Waldbrände absichtlich gelegt worden seien, um Platz für den Aufbau sogenannter "intelligenter Städte" zu machen Bild: Matthew A. Foster/U.S. Army National Guard/UPI Photo/Newscom/picture alliance

Auf der Suche nach Sinn

"Die Idee, dass so etwas Triviales wie ein kleiner Brand zufällig und durch die Verkettung ungünstiger Umstände einen solchen Schaden anrichten kann, ist erst einmal ein gruseliger und bedrohlicher Gedanke", erklärt Medienpsychologin Frischlich. "Verschwörungstheorien geben dem Ganzen eine Art Sinn. Denn wenn einzelne Menschen daran schuld sind, dann würde es ja reichen, diese Person zur Rechenschaft zu ziehen und dann können solche schrecklichen Dinge nicht mehr passieren."

Fazit: Alle Bilder und Videos, die als Beweis dafür präsentiert werden, dass die Waldbrände in Maui vom August 2023 durch Energiewaffenverursacht wurden, sind falsch. Sie sind nicht von Maui, sondern stammen aus dem Jahr 2018 und zeigen auch keine DEW-Angriffe.

Noch ist nicht offiziell bekannt, welche Ursache - oder welche Verkettung von Ursachen - zu den Waldbränden auf Maui im Jahr 2023 geführt hat. Doch laut offiziellen Quellen spielten sicherlich extreme Wetterbedingungen eine Rolle: die Kombination aus hohen Temperaturen, starken Winden und extremer Dürre seit Mai.

Unter Mitarbeit von Astrid Prange de Oliveira.

Rachel_Baig_Bonn_9493_2023_02_15
Rachel Baig Redakteurin und Moderatorin im DW-Faktencheck-Team, Medientrainerinrachel_baig