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Politik

Faktencheck: Bomben in Ludwigshafen

Maximiliane Koschyk
16. Dezember 2016

Eine Meldung, die gerade in Deutschland Schlagzeilen macht: In Ludwigshafen soll ein 12-Jähriger eine Nagelbombe auf einem Weihnachtsmarkt platziert haben. Eine transparente DW-Recherche.

https://p.dw.com/p/2UNHE
Deutschland Ludwigshafen Weihnachtsmarkt
Bild: picture-alliance/dpa/Uwe Anspach

Überblick - Das wissen wir:

  • Die Generalbundesanwaltschaft hat der Deutschen Welle bestätigt, dass sie die Ermittlungen aufgenommen hat.
  • Die zuständige Staatsanwaltschaft Frankenthal hat der Deutschen Welle bestätigt, dass ein 12-Jähriger ein Glas mit entzündlichem Material am Ludwigshafener Weihnachtsmarkt deponiert hatte.
  • Zuvor hatte die Polizei Ludwigshafen bestätigt, dass gegen einen 12-jährigen Jungen ermittelte wurde, der dasselbe Glas in der Nähe des Ludwigshafener Rathauscenters (Archivbild, siehe oben) deponiert hatte.
  • Die Frankenthaler Staatsanwaltschaft hatte die Generalbundesanwaltschaft in Kenntnis gesetzt.

Die Fakten im Detail:

Es gibt zwei Vorfälle, die im Zusammenhang mit dem 12jährigen Jungen stehen. Die Polizei Ludwigshafen und die Staatsanwaltschaft Frankenthal, sowie die Generalbundesanwaltschaft haben die Meldung, dass ein 12-Jähriger eine Nagelbombe auf einem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen deponiert haben soll, in Teilen bestätigt.

Die Bundesanwaltschaft habe Ermittlungen wegen des Fundes einer Nagelbombe in Ludwigshafen aufgenommen, teilte der Pressesprecher der Bundesanwaltschaft, Stefan Biehl, der Deutschen Welle schriftlich mit. "Weitere Einzelheiten können aus ermittlungstaktischen Gründen nicht genannt werden", hieß es in der Nachricht.  

Der leitende Oberstaatsanwalt in Frankenthal, Hubert Ströber, bestätigte der Deutschen Welle, dass ein 12-Jähriger ein Schraubglas unter anderem gefüllt mit Material aus Wunderkerzen und Feuerwerkskörpern auf einem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen Ende November deponiert hat. "Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen abgelehnt", erklärte Ströber der Deutschen Welle, weil der Junge noch keine 14 Jahre alt und somit nicht strafmündig sei, "eine zwingend gesetzliche Folge" der ersten polizeilichen Ermittlungen.

"Ich habe dafür Sorge getragen, dass die Generalbundesanwaltschaft von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt", sagte Ströber der Deutschen Welle. Weitere Aussagen zu dem Fall wolle er aufgrund möglicher - aber nicht bestätigter - Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft nicht machen.

In einem bereits von der Polizei öffentlich gemachten Fall soll derselbe 12jährige Junge das gleiche Glas Anfang Dezember in der Nähe des Ludwigshafener Rathauscenters abgestellt haben. Dieser Fall wurde von der Polizei Ludwigshafen der Deutschen Welle bestätigt. Der Deutschen Welle liegen die Pressemitteilungen der Polizei zu diesem Fall vor.

Hier eine Zusammenfassung der Pressemitteilungen der Polizei:

Ein 12-jähriger Junge mit deutsch-irakischen Wurzeln hatte ein Glas mit einem Gemisch aus Feuerwerkskörpern und Wunderkerzen gefüllt. Die Polizei hatte das Glas getestet: Es sei "zwar brennbar, aber nicht explosionsfähig" gewesen. Weil man mit einem Alter von zwölf Jahren in Deutschland noch nicht strafmündig ist, wurde der Junge mit dem Einverständnis der Eltern dem Jugendamt übergeben. Die Polizei Ludwigshafen hatte die örtliche Staatsanwaltschaft informiert.

Die abschließende Pressemitteilung der Polizei Ludwigshafen zu dem Fall am Rathauscenter in voller Länge: 

          

Polizei Screenshot Pressemeldung Ludwigshafen
Bild: Polizeipräsidium Rheinpfalz

Die Medienberichte zu dem ersten mutmaßlichen Fall könne man nicht kommentieren, sagte ein Pressesprecher des Polizeipräsidiums Rheinland-Pfalz der Deutschen Welle. "Die Ermittlungen liegen derzeit bei der Generalbundesanwaltschaft." Das wurde der Deutschen Welle auch am Nachmittag von der Generalbundesanwaltschaft bestätigt. Eine Pressemitteilung oder -konferenz sei bislang nicht geplant, teilte eine Sprecherin der Deutschen Welle mit.

Die Medien

Wer hat diese Meldung in Umlauf gebracht? Zuerst meldete das wöchentliche Magazin "Focus" am Freitag (16.12.) gegen sechs Uhr morgens, dass die Generalbundesanwaltschaft gegen einen 12-Jährigen ermittle, der eine Nagelbombe auf einem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen deponiert haben soll. Der "Focus" beruft sich in seinem Bericht auf Justiz- und Sicherheitsbehörden.

Die deutsche Nachrichtenagentur dpa meldete dementsprechend den Fall unter Berufung auf den "Focus" um 7.24 Uhr. Um 8.45 Uhr meldete auch die französische Nachrichtenagentur AFP den Vorfall unter Berufung auf den "Focus". Die amerikanische Agentur Reuters legte um 8.57 Uhr mit einer englischen Meldung nach, auch sie zitierte hauptsächlich den "Focus".

Zu diesem Zeitpunkt berichten bereits weitere deutsche Medien von dem Vorfall: Auf der Internetseite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ.net) wird die dpa-Meldung veröffentlicht. Um 9.01 Uhr berichtet der SWR-Korrespondent und ARD-Terrorexperte Holger Schmidt auf der Internetseite der "Tagesschau" von "zwei Anschlägen, unter anderem auf einem Weihnachtsmarkt." Woher der SWR diese Informationen hat, geht aus dem Bericht zu diesem Zeitpunkt nicht hervor. SWR-Recherchen zufolge, schreibt Schmidt, sei der Junge über den Messengerdienst Telegram zu beiden Taten angeleitet worden. "Die Spur führt in Richtung des 'Islamischen Staates'", schreibt Schmidt weiter. 

Bisher nicht bestätigt hat die Polizei Ludwigshafen, die Staatsanwaltschaft Frankenthal oder der Generalbundesanwaltschaft die Berichterstattung des "Focus" und des SWR, dass der Junge "stark religiös radikalisiert" sei und in Zusammenhang mit dem "Islamischen Staat" stehe.

(Stand: 16:42 Uhr MEZ)

Sobald uns neue Informationen zu dem Fall vorliegen, werden wir diesen Text aktualisieren.