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Deutscher Umweltpreis für Fairphone-Gründer

Charlotta Lomas
28. Oktober 2016

Fairphone-Gründer Bas van Abel bekommt den Deutschen Umweltpreis 2016. Der niederländische Unternehmer erklärt, was sein Smartphone so umweltfreundlich macht.

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Fairphone
Bild: Fairphone

Deutsche Welle: Wie fühlt man sich als Gewinner des Deutschen Umweltpreis 2016?

Bas van Abel: Fantastisch, ich bin in meinem Raum vor Freude herumgerannt und gehüpft. Es ist wirklich eine Anerkennung für all die Menschen, die es möglich gemacht haben.

Wie sind sie auf die Idee mit dem Fairphone gekommen?

Es hat sich eigentlich aus einer Kampagne heraus entwickelt. Wir haben uns gefragt, wie wir das Thema um Konflikt-Mineralien besser an den Verbraucher tragen können. Das war schwierig. Wir hätten eine Kampagne mit einer Petition starten können, oder wir hätten Aufklärungsarbeit machen können. Aber wie löst man das Problem? Was können wir dem Verbraucher sagen, was er selbst tun kann?

Ich komme aus dem Designbereich und ich glaube daran, dass man Dinge machen kann, die das System verändern. Deshalb dachte ich: 'Warum bauen wir nicht einfach selbst ein Smartphone - und erforschen dabei den Zusammenhang zwischen den Minen und den Produktteilen, die wir verwenden. Währenddessen gehen wir die ganze Lieferkette ab. Wir sehen es als Service für die Lieferkette selbst. Und den Käufern legen wir gleichzeitig offen, was wir tun. Wir fragen uns selbst immer was wir anders machen können, was wir verbessern können. So kreieren wir vielleicht Schritt für Schritt ein gerechteres Smartphone.'

Fairphone CEO Bas van Abel
Designer Bas van Abel hat ein Produkt entworfen, das besser für alle ist - Erzeuger und Nutzer. Bild: Fairphone

Was macht das Fairphone 2 umweltfreundlicher als andere Smartphones?

Wir legen Wert auf die Frage, wie wir es mit dem Design des Handys schaffen können, dass der Verbraucher das Gerät lange nutzt. Denn die größte Umweltbelastung entsteht bei der Produktion.

Wenn wir also Menschen dazu bringen, ihr Handy doppelt so lange zu nutzen wie vorher, dann müssten wir nur die Hälfte an Smartphones produzieren. Der Effekt wäre riesig. Deshalb setzen wir alles daran, die Lebenszeit der Geräte zu verlängern.

Wir haben zudem das Smartphone so robust gebaut, dass es nicht gleich kaputt geht, wenn es auf den Boden fällt. Sollte es doch nach zwei oder drei Jahren nicht mehr funktionieren, kann der Verbraucher [kaputte Komponenten] selbst ersetzen. Wir haben das Fairphone also auch reparierbar gemacht.

Das ist auch der dritte Aspekt der uns wichtig ist: Die Beziehung zwischen dem Nutzer und dem Gerät. Man kann es aufmachen und reparieren. Wenn die Nutzer das Produkt besser verstehen und wissen, wo es herkommt, tendieren sie dazu, es auch länger zu behalten.

Neben der Haltbarkeit ist es auch wichtig, woher die Materialien kommen. Wie garantieren Sie die nachhaltige Beschaffung der Handy-Komponenten?

Ein Smartphone ist keine Banane, sondern ein sehr komplexes Produkt. In das Fairphone fließen mehr als 1200 Komponenten ein, hergestellt in Fabriken auf der ganzen Welt. Dazu kommen mehr als 40 Mineralien. Wir sprechen hier von abertausenden Akteuren. Man hat praktisch die ganze Welt in der Tasche.

Wir müssen uns deshalb auf bestimmte Bereiche konzentrieren. Dort, wo Verbesserung am wichtigsten ist. Für uns sind das Konflikt-Mineralien die etwa im Osten [der Demokratischen Republik] Kongo angebaut wurden. Dort starben Millionen Menschen dabei, die Mineralien abzubauen, die wir in unseren Handys brauchen. Wir arbeiten etwa im Ost-Kongo nur mit Minen, die konfliktfreien Zinn-Abbau garantieren. Gleiches gilt für Wolfram aus Ruanda. Aber wir beziehen auch Fair-Trade-Gold aus Peru.

Darüber hinaus muss man wirklich sicherstellen, dass die Minen die Umwelt beim Abbau mit einbeziehen. Wir arbeiten dabei zusammen mit Fair-Trade- und Fair-Mining-Initiativen.

Module des Fairphone 2
Echte Nachhaltigkeit: Der Nutzer kann das Fairphone selbst zerlegen und reparieren. Bild: Fairphone

Wie ermutigen sie die Verbraucher zum Recycling und zur Wiederbenutzung des Fairphones und seiner Teile?

Die Idee dabei ist: Die Nutzer sollen ihre Einzelteile zurücksenden. Wenn beispielsweise dein Bildschirm kaputt ist, kannst du einen neuen bei uns bestellen. Den neuen Bildschirm kannst Du selbst einsetzen und den alten an uns zurückschicken.

Wie lange hält das Fairphone 2?

Das Ziel ist fünf Jahre - einschließlich möglicher Reparaturen. Klar können wir das nicht garantieren. So lange ist es noch nicht auf dem Markt. Wir konzentrieren uns auf die Einzelteile, aber auch auf die Software. Wir arbeiten mit einer Open-Source-Software, die Aktualisierungen des Betriebssystems erlaubt.

In das Fairphone 2 haben wir hochwertigere und technisch bessere Komponenten eingebaut, so dass der Rechner nicht schon nach einem Jahr zu langsam wird, um bestimmte Apps zu bedienen. Wir haben das Fairphone zu einem hochwertigen und langlebigen Gerät weiterentwickelt.

Kritiker bemängeln, dass Fairphones mitunter in China gefertigt werden. Wie stehen Sie dazu?

Das ist unvermeidlich, weil viele Stellen in der Lieferkette in China liegen. Wir wollen hier den Kern des Systems verändern, dem auf den Grund gehen, eine Leistung erbringen und dabei Lösungen suchen, die von innen wirken. Dann - Schritt für Schritt - können wir versuchen, Lösungen zu bieten.

Zum Beispiel arbeiten wir auch in China mit Fair-Trade-Initiativen. Wir zahlen Prämien für die Smartphones, die aus Fabriken stammen, in denen es demokratische [Betriebsrats-]Wahlen gibt.

Ihre Firma hat sich hauptsächlich auf Crowd-Funding gestützt. Wie erfolgreich ist ihr Geschäftsmodell?

Ich würde sagen: ziemlich erfolgreich. Unsere Crowd-Funding-Kampagnen zeigen nicht nur ein funktionierendes Geschäftsmodell, sondern auch, dass die Nachfrage da ist und dass es Menschen braucht, die den nötigen Wandel in der Kommunikationstechnologie-Branche anstoßen. Ich glaube, das ist wirklich eine starke Botschaft für die ganze Industrie.

Bas van Abel ist Fairphone-Geschäftsführer und diesjähriger Preisträger des Deutschen Umweltpreis 2016 der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Das Interview führte Charlotta Lomas.