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Für und Wider von Pornofiltern im Netz

Jennifer Fraczek11. August 2013

In Großbritannien sollen pornografische Webseiten künftig von den Internetanbietern geblockt werden. Auch in Deutschland wird diese Idee diskutiert. Doch Experten bezweifeln den Sinn einer solchen Sperre.

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Ein elfjähriger Junge sitzt seinem Laptop auf dem Bett (Foto: pa/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der britische Premierminister David Cameron will den Zugang zu Porno-Webseiten für Kinder und Jugendliche schwerer bis unmöglich machen. Er kündigte an, alle Internetanbieter im Land dazu verpflichten zu wollen, einen Pornofilter einzurichten. In Deutschland hat nun der Bundestagsabgeordnete Norbert Geis (CSU) den Vorschlag aufgegriffen.

"Ich stelle mir vor, dass der Internetanbieter auf Wunsch des Nutzers einen Computer - oder welches internetfähige Gerät auch immer - für solche Inhalte sperren lassen kann", so Geis im DW-Gespräch. Eine solche Vereinbarung zwischen Anbieter und Nutzer wäre für ihn ein erster Schritt. Besser fände er es allerdings, wenn die Anbieter - wie von Cameron vorgeschlagen - dafür sorgten, dass pornografische Seiten grundsätzlich geblockt werden.

Psychische Schäden durch Pornos?

Es sei erwiesen, dass die Psyche von Kindern und Jugendlichen Schaden nehmen könne, wenn sie sich Pornos im Internet ansähen. "Es gibt viele Studien, die besagen, dass das Verhältnis von Kindern und Jugendlichen zu ihrer eigenen Sexualität durch solche Bilder gestört wird. Da können Fehlentwicklungen und Brutalisierungen passieren", warnt der 74-jährige CSU-Politiker.

Norbert Geis (Foto: Pressebild)
Norbert Geis fordert einen Pornofilter nach britischem VorbildBild: Pressebild

Kristin Langer von der medienpädagogischen Initiative "Schau hin!" formuliert es etwas zurückhaltender: "Kindern und Jugendlichen wird dort ein fragwürdiges Bild von Sexualität vermittelt. Man muss davon ausgehen, dass pornografische Fotos oder Filme auf sie eine sehr intensive Wirkung haben." Kleine Kinder könnten verängstigt und verunsichert werden, bei Jugendlichen bestehe die Gefahr, dass sie falschen Vorbildern nacheiferten.

Kein Ersatz für Erziehung

Wie sinnvoll Camerons Vorschlag ist, lässt sich aus Langers Sicht noch nicht abschließend beurteilen. Dazu sei zu wenig über die konkrete Umsetzung bekannt. Sie weist aber darauf hin, dass Gesetzgebung ihre Grenzen hat und Erziehung nicht ersetzen kann. Eltern sollten sich mit dem Thema auseinandersetzen - und bereits vorhandene technische Möglichkeiten nutzen. Details dazu sind auf der Webseite von " "Schau hin!" zu finden.

Es gibt zum Beispiel Suchmaschinen speziell für Kinder, wie etwa Fragfinn.de, die redaktionell gepflegt werden. Außerdem stehen bereits Schutzfilter zur Verfügung, die Seiten blockieren, die für Kinder nicht geeignet sind. Sie funktionieren aber nur, wenn der Seitenbetreiber Alterskennzeichnungen, wie man sie von Kinofilmen oder Computerspielen kennt, einfügt. Das ist in Deutschland nicht verpflichtend.

Jugendgefährdende Seiten können zudem von staatlicher Stelle indiziert werden. "Wir haben eigentlich ein umfangreiches, auch gesetzlich abgesichertes System. Zusätzlich müssen die Eltern aber trotzdem ihre Kinder bei der Internetnutzung begleiten", sagt Langer.

Filter versus Informationsfreiheit

Eine ähnliche Auffassung vertritt der IT-Experte Alvar Freude, der Mitglied der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" des Bundestages ist. Er findet, dass es vorrangig Aufgabe der Eltern ist, Kinder vor dem Zugang zu solchen Seiten zu schützen und sie dann - wenn sie älter sind - darüber aufzuklären.

Der IT-Berater und Software-Entwickler Alvar Freude (Foto: Flickr/Henry Morgan)
Alvar Freude: Sperren können umgangen werdenBild: Flickr/Henry Morgan

Filtersysteme sind aus seiner Sicht grundsätzlich keine zufriedenstellende Lösung. Vor allem, weil sie kaum zielgerichtet eingestellt werden können. "Die Filtersysteme versuchen automatisch zu erkennen, welchen Inhalt eine Seite hat", erklärt Freude. Dabei würden häufig auch Webseiten herausgefiltert und blockiert, die gar nicht jugendgefährdend seien.

Das berührt dann eine Frage, die im Zusammenhang mit Internetsperren immer wieder auftaucht: Nämlich die, inwiefern dabei Inhalte zensiert werden. Der Pornofilter, wie er von Cameron vorgeschlagen wurde, stehe im Widerspruch zur Informationsfreiheit im Grundgesetz, sagt Freude. Und Informationsfreiheit bedeute nunmal, "dass der Staat nicht verhindern darf, dass der Bürger auf Inhalte zugreifen darf."

Eine Pornosperre sei sinnlos - User würden auch auf Umwegen fündig. "Interessierte Jugendliche werden entsprechende Umgehungswerkzeuge nutzen", prognostiziert Freude. Solange das Netz in einem Land nicht vom weltweiten Internet abgeschnitten werde, werde es solche Möglichkeiten immer geben.