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Für Albanien beginnt jetzt die Arbeit

14. Juni 2006

Nach Unterzeichnung des Assoziierungsabkommen mit der EU feierten die Menschen auf den Straßen Tiranas bis in den frühen Morgen. Der Vertrag ist ein Grund zur Freude, aber noch nicht zum Feiern, meint Fabian Schmidt.

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Fünfzehn Jahre nach Ende der kommunistischen Diktatur hat Albanien einen Meilenstein auf dem Weg zur Europäischen Integration erreicht. Mit der Unterzeichnung eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens haben sich die EU Mitgliedsstaaten und Albanien auf einen Prozess verständigt, der letztlich in die Mitgliedschaft Albaniens münden wird. Zwar ist noch völlig offen, wie lange dieser Weg dauern wird, klar ist aber schon jetzt, dass er an konkreten Fortschritten Albaniens gemessen werden wird. Für die Albaner ist das zwar Grund zur Freude, aber noch kein Grund zum Feiern, denn jetzt beginnt die Arbeit erst richtig. Nachdem Freudenrausch wird der Kater folgen, denn nun muss Albanien die europäische Gemeinschaftsgesetzgebung, nicht nur in die eigene Gesetzgebung übernehmen, sondern auch in der Praxis anwenden.

Große Fortschritte

Zugegebenermaßen hat Albanien in den letzten fünfzehn Jahren große Fortschritte gemacht. Es konnte 1991 gerade mal auf fünf Monate demokratischer Erfahrung unter der Regierung des Bischofs Fan Noli im Jahre 1924 zurückblicken. Die junge Demokratie erlitt somit Anfang der 90er Jahre im Schnelldurchlauf alle nur denkbaren Kinderkrankheiten. Die Bürger erlebten in dieser Zeit viele Enttäuschungen und machten schmerzhafte Erfahrungen. Aber daraus ist Albaniens Politik auch gegen Extremismus und Radikalität immunisiert worden. Die demokratischen Institutionen des Landes haben aus den Fehlern der ersten Jahre gelernt. Alle Parteien haben sich die europäische Integration und Westbindung auf ihre Fahnen geschrieben. Religiöse Toleranz ist in Albanien die Regel.

Rivalitäten überwinden

Aber das Land ist noch immer geplagt durch den steten politischen Kampf der beiden großen rivalisierenden Parteien und durch Korruption. In der Tagespolitik wird das institutionelle oft personalisiert. Persönlicher Trotz scheint das parlamentarische Leben zu bestimmen. Zwar sind sich im Prinzip alle Streithähne über das Ziel der EU Integration einig, aber das bedeutet viel Arbeit an dem gemeinsamen Projekt, auch über Parteigrenzen hinweg.

Mit den jetzt bevorstehenden Aufgaben wächst auch die Hoffnung, dass alle Kräfte nun gemeinsam mit Teamgeist an diesem Ziel arbeiten und die politischen Grabenkämpfe ruhen lassen. Nur so wird Albanien es schaffen, die Bedingungen für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen in einem überschaubaren Zeitrahmen zu erfüllen. Nur so wird es gelingen, dass der Traum von Europa nicht zu einem unendlichen Alptraum wird.

Fabian Schmidt
DW-RADIO/Albanisch, 13.6.2006, Fokus Ost-Südost