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Fünf Buchstaben voller Brisanz

25. Juni 2009

KRIEG: Die Frage, ob es sich beim Auslands-Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan de facto um einen Krieg handelt, beschäftigt am Donnerstag (25.06.2009) auch die Kommentatoren der deutschsprachigen Tageszeitungen.

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Die Frankfurter Rundschau beispielsweise nennt die Mission einen "verleugneten Krieg":

"Auf die Bundeswehrsoldaten in Kundus, Faisabad oder Masar-i-Sharif muss die aktuelle Debatte in Deutschland seltsam wirken. Da streitet der Verteidigungsminister mit dem Wehrbeauftragten, ob sich die Soldaten in Afghanistan nun in einem Krieg befänden oder nicht. Wortklauberei. Es ist doch völlig unerheblich, ob die rechtlichen Voraussetzungen für einen Krieg gegeben sind – sie sind es nicht. Für die Soldaten, die sich oft stundenlange Gefechte mit den Aufständischen liefern, fühlt es sich verdammt noch mal nach einem Krieg an."

Und weiter schreibt die FR:

"Wenn Franz Josef Jung nun neuerdings von "Gefallenen" redet, wenn Bundeswehrsoldaten getötet werden, ist der Schritt zum "Krieg" nicht mehr weit. Schluss also mit dieser unsinnigen Debatte."

Für die Zeitung Die Welt fällt die Einordnung des Afghanistan-Einsatzes insgesamt schwer. Das wird schon in der Überschrift deutlich: "Krieg – und doch kein Krieg", so titelt das Blatt. Und macht gleich deutlich, dass diese Frage nicht eindeutig zu beantworten ist:

"Zweifellos ist die Bundeswehr in Afghanistan mittlerweile in offene Kriegshandlungen verwickelt – mit allen furchtbaren Konsequenzen, die dies für die kämpfenden Soldaten haben kann. Die jahrelange offizielle Beschönigung ihres Einsatzes als reines Friedens- und Aufbauwerk hat es in jeder Hinsicht erschwert, sich realistisch auf diese Lage einzustellen. Da die Taliban nun auch im Norden in die Offensive gehen, kann Deutschland nicht mehr vorspiegeln, der kriegerische Konflikt sei eigentlich nur ein Problem der Amerikaner."

Abschließend weist Die Welt auf die Gefahr hin, dass der NATO-Einsatz durch die eskalierende Situation zunehmend in Frage gestellt wird. Das aber sei genau der falsche Ansatz:

"Nicht Davonlaufen kann die Antwort sein, sondern die massive Verstärkung nicht nur der militärischen, sonder gerade auch der zivilen Kräfte und Anstrengungen. Denn die waren entgegen der Legende gerade auch von deutscher Seite bisher allenfalls halbherzig."

Die Süddeutsche Zeitung schließlich kommt zu dem Schluss, dass es sich bei der derzeitigen Debatte um die richtige Definition für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr eigentlich um einen "Krieg der Wörter" handelt. Und auch die Mission an sich fällt für die SZ unter die Kategorie Krieg:

"Zwar waren deutsche Soldaten auch in Bosnien und Somalia, im Kosovo und im Kongo. Im Vergleich zum Kasernen- und Manöverdasein der Jahrzehnte davor waren auch diese Stabilisierungs- oder Friedenserzwingungseinsätze gefährlich. Afghanistan aber ist der erste Kriegseinsatz der Bundeswehr. Grenadiere und Fallschirmjäger schießen, wenn auch in Selbstverteidigung, um zu verletzen oder zu töten."

Autorin: Esther Broders
Redaktion: Nicola Reyk