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Führungsstreit bei Traditionsverlag

6. Dezember 2003

Der Suhrkamp-Verlag kommt nicht zur Ruhe: Mehr als ein Jahr nach dem Tod der Verleger-Legende Siegfried Unseld wird noch immer um die Führung des international bekanntesten deutschen Verlags gerungen.

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Keine leichte Aufgabe: Nachfolge von Suhrkamp-Chef UnseldBild: AP

Die Querelen um die Leitung des Frankfurter Suhrkamp-Verlags gehen weiter. Der aus Jürgen Habermas, Hans Magnus Enzensberger, Alexander Kluge, Adolf Muschg und Wolf Singer bestehende Stiftungsrat reichte seinen Rücktritt ein: Die fünf Mitglieder wollen nur noch bis zur Regelung der Nachfolge, höchstens aber bis Ende Februar 2004 im Amt bleiben.

Als Grund für ihren Rückzug gaben sie den zu geringen Einfluss auf Entscheidungen über die Leitungsstruktur des Traditionsverlags an. Für die Folgen "einer Entwicklung, auf die wir im Rahmen der eng beschränkten Befugnisse des Stiftungsrates keinen Einfluss haben, können wir keine Verantwortung übernehmen", hieß es in der gemeinsam veröffentlichten Erklärung des Gremiums.

Der Stiftungsrat ist das geschäftsführende Organ der im April
2002 noch von Verleger Unseld gegründeten Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung. Seine Aufgabe ist laut Satzung, "Kontinuität, Ruf und literarischen Anspruch der Suhrkamp/Insel-Gruppe zu wahren, zu fördern und ungeschmälert zu erhalten".

Missverständnis und Bedauern

Ulla Unseld-Berkéwicz, die neue Verlegerin des Suhrkamp-Verlags bedauerte das Ausscheiden der übrigen Mitglieder des Stiftungsrates. Ursache sei ein Missverständnis über die Rolle des Gremiums, erklärte die Witwe des im Oktober 2002 gestorbenen Verlegers Siegfried Unseld. Zwar habe der Rat ein "Wächteramt" über die Verwaltung und den Einsatz des Vermögens der Familienstiftung. Die Stiftung verkörpere jedoch nicht den Verlag, betonte die Suhrkamp-Chefin in einer Mitteilung. Die fünf prominenten Autoren seien "dem Verlag als hervorragende Autoren verbunden" und verkörperten "ein außerordentliches Potenzial an literarischem und wissenschaftlichem Sachverstand", ergänzte Unseld-Berkéwicz.

Der Rückzug des Stiftungsrates kommt nur wenige Tage nach dem Rücktritt des bisherigen Verlagsleiter Günter Berg. Er hatte Suhrkamp wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Aufgabenverteilung in der Führungspitze des Verlags verlassen.

Schweres Erbe

Über die Ausrichtung und Fortführung des Verlags wird seit dem Tod von Siegfried Unseld gestritten. Er gilt als bedeutendster deutscher Verleger der Nachkriegszeit und übernahm die Geschäftsführung des Suhrkamp-Verlags im Jahr 1952. Unseld entdeckte und förderte unter anderem auch international bekannte deutschsprachige Autoren wie Peter Handke und Uwe Johnson. (mik)